Stöbern, auswählen, zur Kasse gehen - und das gemütlich vom Sessel aus. Online einzukaufen ist einfach und bequem. Mit ein paar Klicks ist der Kauf abgeschlossen, ein paar Tage später kommt die Ware direkt ins Haus. Hat der stationäre Handel da überhaupt noch eine Zukunft? Und wenn ja, wie kann er sich gegen die zunehmende Konkurrenz aus dem Internet wappnen? Antworten auf diese Fragen lieferte im Palais Hirsch der Impulsvortrag "Onlinehandel - Gefahr für die Innenstadt" , zu dem die Stadt und das Stadtmarketing eingeladen hatten.
Die Brisanz des Themas, das Professor Dr. Jörg Funder und Rene Sehi von der Hochschule Worms und dem angegliederten Institut für Internationales Handels- und Distributionsmanagement näher unter die Lupe genommen haben, ließ sich an der Besucherzahl ablesen: Mehr als 30 Menschen waren gekommen - größtenteils Einzelhändler, die bereits zu spüren bekommen haben, dass sie durch die Konkurrenz aus dem Internet erheblich mehr Einsatz zeigen müssen, um die gleichen Ergebnisse wie noch vor ein paar Jahren erzielen zu können.
Diebstahl von Beratung
Dieser Einsatz wird sich in Zukunft noch verstärken müssen, verzeichnete der stationäre Handel von 2008 bis 2012 ein Wachstum von 0,8 Prozent, E-Commerce (elektronischer Handel) dagegen 17,4 Prozent. Wobei Rene Sehi prognostizierte, dass langfristig gesehen etwa 75 bis 80 Prozent aller Waren im stationären Handel, 15 bis 20 Prozent im Internet eingekauft werden. Grund zum Aufatmen ist das nicht unbedingt. Schließlich fallen auch Lebensmittel in den Bereich des stationären Handels. "Und die werden in Deutschland auch in Zukunft weitestgehend im Supermarkt gekauft", führte Sehi aus. Bei Büchern, Unterhaltungselektronik und Textilien mache sich die Konkurrenz durch den E-Commerce stärker bemerkbar. "Gerade Showrooming, also Beratungsdiebstahl, ist ein ernstzunehmendes Phänomen", ging Sehi auf die Tatsache ein, dass sich viele Kunden gerne vor Ort im Laden beraten lassen, um dann mit diesem Wissen dasselbe Produkt online etwas günstiger einzukaufen: "21 Prozent der Kunden, die im stationären Handel waren, kaufen online."
Sich auf einen Preiskampf mit den Internetanbietern einzulassen, davon rät der Experte ab. Langfristig sei das gar nicht möglich "wegen struktureller Kostendefizite." Stattdessen empfahl er den Einzelhändlern, sich durch eigene Stärken und Werte zu definieren. "Beratung und Service werden mehr als bisher in den Fokus rücken", sagte er. Know-how, Ideen und Problemlösungskompetenz seien das, wovon der stationäre Handel profitiere.
Den Kunden ein Einkaufserlebnis bieten, sie Produkte in neuen Wegen sehen, schmecken und fühlen lassen, war ein weiterer Tipp des Experten - beispielsweise durch den Einsatz technischer Möglichkeiten wie Displays an Regalen mit Produktinformationen und Preisen.
"Der Schlüssel liegt aber im Kanalmix", leitete Rene Sehi zum Cross-Channel, dem Nutzen verschiedener Vertriebswege, über. Filialen blieben zwar die Herzstücke des Handels. Dennoch legte er den Einzelhändlern neben einer Internetpräsenz den Aufbau eines Online-Shops nahe, um nicht nur lokal, sondern global agieren zu können. "Cross-Channel bietet die größte Wachstumschance, auch wenn sich Händler damit schwer tun."
Synergien schaffen und nutzen
Herausforderungen gemeinsam meistern, ein Zusammenspiel von Einzelhandel, Gastronomie und Stadtmarketing schaffen - damit könnte auch Schwetzingen im Wettbewerb mit dem Internet punkten, sagte der Referent. Als Beispiele fügte er Shopping-Events wie das "Feuer und Eis Latenight-Shopping" in Darmstadt oder kulturell-soziale Angebote wie die Kombination aus Erlebnisausstellung und Shopping-Vergnügen in Köln an. "Sie müssen in erster Linie ein Einkaufserlebnis verkaufen."
Welche Maßnahmen die Einzelhändler auf die Schnelle ergreifen können, um sowohl im Internet als auch vor Ort gefunden zu werden, darauf ging Jörg Funder im Anschluss ein: "Ändern Sie ihren Qype-Eintrag im Internet und bauen Sie auf ihre Webseite einen Geo-Code ein." Konkreter wurden die Vorschläge allerdings kaum: Zeigten die Besucher in der Diskussionsrunde zwar großes Interesse, so konnte das Referententeam wenig zufriedenstellende Antworten auf Schwetzingen spezifische Fragen geben.
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