Brühl. Kaum ein Thema hat die gesellschaftliche Debatte in Deutschland in den vergangenen Jahren so aufgewühlt wie die Reform des Gebäudeenergiegesetzes (GEG). Das Heizungsgesetz wurde zum Kampfbegriff für eine scheinbar realitätsferne und finanziell untragbare Klimapolitik. Zu hoch seien die Kosten der Umbaumaßnahmen und die Anschaffungskosten für die erforderlichen Wärmepumpen. Dass Wärmepumpen und die Erfüllung der Richtlinien des GEG gar nicht so teuer sein müssen, darüber sprach der selbst ernannte „Energiesparkommissar“ und Bestsellerautor Carsten Herbert bei seinem Vortrag in der Brühler Festhalle.
Rund 300 Gäste sind zur Veranstaltung angereist, die von der ehrenamtlichen Brühler Arbeitsgemeinschaft „AG Erneuerbare Energien“ organisiert worden war. Im Foyer der Festhalle informierten bei der Energieausstellung verschiedene Unternehmen und Initiativen über nachhaltige Technologien und klimafreundliche Gebäudesanierung. Darunter das Wohnquartier „Grüne Mitte Brühl“, das Photovoltaik Netzwerk Rhein-Neckar und die Firma „Climap“, die thermographische Aufnahmen von Wohnhäusern bereitstellt, um Einsparpotenziale aufzuzeigen.
Mit Chaos beim Gebäudeenergiegesetz aufräumen
Die Debatte um das GEG war auch das Einstiegsthema für Carsten Herbert. Die Presse habe damals Zahlen transportiert, „die haben Menschen Angst gemacht und in den Köpfen von uns allen Verunsicherung ausgelöst“. Sein Ziel sei es, „mit dem Chaos aufzuräumen“ und die Menschen dazu zu befähigen, eigene Entscheidungen für ihre Häuser zu treffen.
Die Wärmepumpe nehme dabei laut Herbert einen zentralen Bestandteil im klimafreundlichen Umbau von Gebäuden ein. Fernwärme und Biomasse seien zwar in manchen Bereichen sinnvoll und bereits erfolgreich im Einsatz. Aber die infrastrukturellen Gegebenheiten, gerade im ländlichen Raum, werden einen flächendeckenden Einsatz dieser Heizanlagen nicht gewährleisten können. Die Wärmepumpe sei die einzige universell anwendbare Lösung für klimafreundliches Heizen und „das Heizsystem, um das wir nicht herumkommen.“
Wärmepumpen im Altbau nachrüsten?
Nach einer kurzen Einführung über unterschiedliche Wärmepumpen beginnt Herbert dann konkret zu werden. Da Wärmepumpen im Neubau bereits seit Jahren verbaut werden, gehe es für ihn vor allem darum zu erklären, wie und ob Wärmepumpen im Altbau installiert werden können. Denn ob der Einbau einer Wärmepumpe überall sinnvoll und möglich ist, sei für den Energiesparkommissar „ein klares Jein“.
Dem Umbau der Heizungsanlage gehen laut Herbert nämlich ganz andere Themen voraus. „Es reicht nicht, dass wir uns nur mit der Anlage beschäftigen.“ Mindestens genauso wichtig sei die Energieeffizienz der Gebäude selbst, und diese hängt maßgeblich mit den unterschiedlichen Baualtersklassen der Gebäude zusammen. Gebäude, welche nach 1995 gebaut wurden, stellen laut Herbert gar kein Problem dar. Da laute die Antwort auf die Frage nach einer Wärmepumpe immer ja.
Energieeffizienz der Gebäude beachten
In diesen Gebäuden bedarf es lediglich einer Heizlastberechnung in jedem Raum, um zu überprüfen, ob die Heizungen groß genug sind, damit die Räume effizient beheizt werden. Schwieriger gestalte sich da schon der Umbau von Gebäuden aus den Jahren 1978 bis 1995. Dabei müssen zunächst die Fenster überprüft und in den meisten Fällen durch isolierte Doppelverglasungen ausgetauscht werden.
Ebenso sei die Luftdichtheit des Dachs entscheidend, damit keine warme Luft durchs Dach nach draußen strömt. Wirklich problematisch seien jedoch die Gebäude vor 1978. Bei ihnen sei der Umbau sehr teuer und die Wirtschaftlichkeit des Umbaus stehe in Frage. Oft müsste die Fassade aufgebrochen werden und die Isolierung in den Wänden und Dächern ausgetauscht werden. Solche Maßnahmen empfehle er nur bei einem akuten Instandsetzungsbedarf.
Energiespartipps fürs Brühler Publikum
Zum Schluss seines Vortrags teilt Claus Herbert dann noch einige kostengünstige Energiespartipps aus seinem reichhaltigen Repertoire mit der Hufeisengemeinde. Eine „Null-Euro-Maßnahme“ sei die Optimierung der Heizungssteuerung, da diese immer auf Werkseinstellungen installiert werde. Das produziere unnötig viel Wärme, die anschließend durch das Thermostat in Heizkörper runtergeregelt und somit verloren geht.
Eine Zehn-Euro-Maßnahme sei der Einsatz einer Sparbrause in der Dusche und für rund 100 Euro könnte man bereits den Zugang zum Dachboden dämmen und abdichten. Mit 1.000 bis 5.000 Euro ließen sich auch bereits Schrägdächer mit Spitzboden durch sogenannte „Einblasdämmungen“ abdichten.
Hybridheizung als Alternative für Altbauten
Interessant wurde dann noch ein Beispiel aus der Praxis. Ein sehr altes Haus, bei dem der Einbau einer Wärmepumpe nicht wirtschaftlich gewesen wäre. Da konnte für 5.000 Euro eine Klimaanlage installiert werden, die als sogenannte Luft-Luft-Wärmepumpe auch als klimaneutrale Heizung klassifiziert ist. Mit solch einer Hybridheizung lasse sich über das Jahr gerechnet bereits die Vorgabe des GEG mit 65 Prozent Heizleistung erreichen, da die fossilen Heizungen nur bei langanhaltenden Minusgraden notwendig seien.
Deshalb müsse für Claus Herbert die eigentliche Schlagzeile für das Heizungsgesetz lauten: „Es gibt für jedes Haus eine Lösung.“ Und auch wenn diese Maßnahmen immer sehr kontrovers diskutiert werden, stellt Herbert klar: „Egal welche politische Kappe man aufhat, der nachhaltige Schutz unseres Klimas muss doch der kleinste gemeinsame Nenner sein.“
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