Schlösser und Gärten

Erinnerungen an den Betsaal im Schloss Schwetzingen

1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland – zwei Jubiläumsjahre

Von 
Marcus Oehler
Lesedauer: 
Das ist das einzige existierende Bild vom Betsaal im Schloss. © Hellen Schloss

Schwetzingen. Deutschlandweit wurde jetzt mit einem großen Jubiläumsprogramm an „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ erinnert. Die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg haben das Thema aufgegriffen und sich auf Spurensuche in den Monumenten gemacht. Recherchen brachten bisher unbekannte und oftmals erschütternde Details zutage. Die Veranstaltungen der Staatlichen Schlössern und Gärten wurden sehr gut angenommen.

Der offizielle Start ins Jubiläumsjahr erfolgte mit einem Festakt. Junge Jüdinnen und Juden erzählten von ihren Perspektiven, von ihrem Blick auf die Vergangenheit und von ihren Erwartungen in die Zukunft. Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens betonten die Bedeutung einer gemeinsamen Zukunft – gerade in Zeiten wachsender Anfeindungen.

Jüdisches Leben zu würdigen und sichtbar und erlebbar zu machen, das sehen die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg laut ihrer neuesten Pressemitteilung als ihre Aufgabe an. Die 1700-jährige Geschichte der Juden in Deutschland ist geprägt von Phasen der Ausgrenzung und der Ausweisung bis zum Holocaust in der Zeit des nationalsozialistischen Unrechtsregimes.

Mehr zum Thema

Energiekrise

Lichter aus an den Schlössern?

Veröffentlicht
Mehr erfahren
SchUM-Kulturtage

Facetten jüdischer Kultur aufzeigen

Veröffentlicht
Mehr erfahren

Zahlreiche Veranstaltungen beleuchteten die wechselvolle Geschichte. Ins Zentrum stellte die baden-württembergische Landesregierung die Vermittlung und die positive Akzentuierung von vielfältigem jüdischem Leben heute sowie der 1700-jährigen jüdischen Geschichte und Kultur auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands. Zugleich sei es wichtig, dem wiederauflebenden Antisemitismus in Europa entgegenzuwirken. Die Staatlichen Schlösser und Gärten machten sich auf eine Spurensuche in den Monumenten.

Der Europäische Tag der Jüdischen Kultur, der jährlich am 5. September in rund 30 Ländern stattfindet, ist Anlass, an die Beiträge und Leistungen des Judentums in Vergangenheit und Gegenwart zu erinnern. Die Staatlichen Schlösser und Gärten beteiligten sich mit der Sonderführung „Vom Leben und Schicksal jüdischer Familien“ in Mergentheim. Ausgehend vom Residenzschloss des Deutschen Ordens wurden wichtige Orte jüdischer Geschichte in der Altstadt besucht. Der Erfolg der Führung zeigte sich in der großen Nachfrage: Für den unerwarteten Zuspruch arrangierten die Staatlichen Schlösser und Gärten einen zweiten Termin.

Synagoge im Zirkelbau

Einen Platz in der Gesellschaft zu haben, war und ist ein Anliegen vieler Jüdinnen und Juden in Deutschland. Die jüdischen Gläubigen benötigen einen Raum, um Riten ihrer Religion ausüben zu können. Einer dieser Orte ist die Synagoge. Dieses Gotteshaus ist ein zentraler Raum der jüdischen Kultur. Hier wird gefeiert, gelernt und gelehrt, diskutiert und gebetet. Die Errichtung eines solchen Gebäudes war in den letzten 1700 Jahren abhängig von der Erlaubnis der Regierenden.

Ein Blick nach Schwetzingen zeigt, dass die dortige jüdische Gemeinde einen besonderen Raum erhielt, den sie am 22. Januar 1898 bezogen hat. Dieser Betsaal war im nördlichen Zirkelbau der ehemaligen kurfürstlichen Sommerresidenz. Zunächst war der Umzug als Provisorium gedacht, um die Zeit bis zum Bau einer Synagoge zu überbrücken. Letztendlich konnte die jüdische Gemeinde Räume im Schloss mit einer kurzen Unterbrechung im Ersten Weltkrieg dann noch bis 1933 nutzen. Dann nahmen die Nationalsozialisten den jüdischen Bürgern alle Rechte, die sie seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts zugesprochen bekommen hatten. Die Gemeinde verlor ihren Betsaal im Schloss. Inzwischen gibt es wieder Synagogen in Baden-Württemberg – zum Beispiel in Stuttgart, Baden-Baden, Mannheim, Heidelberg, Karlsruhe, Lörrach, Freiburg im Breisgau, Pforzheim, Emmendingen, Ulm und Konstanz.

Das jüdische Leben soll nach dem Festjahr 2021/2022 einen festen Platz in den Veranstaltungen der Monumente haben, die von den Staatlichen Schlössern und Gärten betreut werden. Das Programm lädt die Gäste ein, weiterhin nach Spuren zu suchen. Das Festjahr richtet den Blick auf die bisherige gemeinsame Geschichte und vor allem auf das Gute, das gemeinsam erreicht werden kann: Ein friedvolles Miteinander, ehrliche Versöhnung, gegenseitige Achtung und wertvolle Unterstützung. zg

Autor

Copyright © 2025 Schwetzinger Zeitung