Tierschutz

Extremfall Rox: Wie ein kranker Kater dank Tierschützern überlebt hat

Rox ist schon als Baby ein medizinischer Extremfall, der eigentlich eingeschläfert werden sollte. Nur dank des ehrenamtlichen Engagements vom Tierschutzverein Schwetzingen lebt er heute noch.

Von 
Noah Eschwey
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Rox sucht ein Übergangs- oder Für-Immer-Zuhause. © Anja Hecker

Schwetzingen. „Es hört sich skurril an“, findet Anja Hecker und schluckt, bevor sie fortsetzt: „Aber die Familie konnte das Katzenbaby nicht mehr leiden sehen, hatte kein Geld für den Tierarzt und haben deswegen rumgefragt, ob jemand ein Mittel hat, um den kleinen Rox zu erlösen.“

Mittlerweile ist Rox seit drei Monaten bei der Katzenexpertin, eine Ehrenamtliche des Tierschutzvereins in Schwetzingen. „Er ist verspielt, verkuschelt und anhänglich“, beschreibt sie sein Wesen, das vor allem in den vergangenen Wochen zum Vorschein kam. Nun wiege er 2,5 Kilogramm, „er ist also immer noch deutlich unterernährt, aber kein Vergleich mehr zu den 1,8 Kilogramm, die er wog, als ich ihn abholte“, erinnert sie sich stolz, immerhin wäre sein Normalgewicht schon damals bei ungefähr 3,5 Kilogramm gelegen. Nun suche sie eine Pflegestelle, in der Rox für einige Zeit oder auch für immer unterkommen könnte.

Anja Hecker mit Rox. © Anja Hecker

Dass Rox überhaupt noch lebt, hätte ihm vor einigen Monaten wohl noch niemand zugetraut. „Eine Familie hatte behauptet, dass sie ihn im Garten gefunden hat. Das ist schon etwas unwahrscheinlich, immerhin ist er ein Junges einer Bengalkatze, aber sei es drum.“ Es habe sich allerdings um eine sozialschwache Familie gehandelt, die es sich nicht leisten konnte, mit Rox zum Tierarzt zu gehen, als sie feststellten, dass es dem jungen Kater gesundheitlich immer schlechter ging. „Sein Zustand verschlechterte sich wochenlang, bis die Familie glaubte, dass er über das Wochenende stirbt. Freitags wurde ich also von einer Bekannten der Familie benachrichtigt, abends habe ich das Tier abgeholt.“

Was Hecker dort angekommen feststellen musste, habe sie selten gesehen: „Ich dachte, es handle sich um einen Infekt oder so. Mein Wissensstand war eben, dass er viel erbricht, was für Katzen nun kein sonderlich untypisches Symptom ist.“ Stutzig sei sie geworden, als sie merkte, dass die Augen von Rox nicht mehr auf Lichtimpulse reagierten. „Also bin ich mit ihm direkt zum Tierarzt.“

Diagnose mit Seltenheitswert: Feliner Dysautonomie verändert alles

„Im Röntgen hat man dann festgestellt, dass er eine stark erweiterte Speiseröhre hat, was in der Regel davon kommt, dass das Futter nicht in den Magen weitergegeben wird“, erinnert sich die engagierte Ehrenamtliche: „Drei Stunden nach der Nahrungsaufnahme war das Futter im Röntgen noch komplett in der Speiseröhre zu sehen.“ Der Tierarzt habe also festgestellt, dass Rox an Feliner Dysautonomie leide, eine sehr seltene Krankheit. „Man geht davon aus, dass die Krankheit von verdorbenen Wurstwaren kommt.“

Die Halterin von vier Katzen sei weitervermittelt worden: „Ich wurde dann an die Tierklinik Hofheim verwiesen, einer der renommiertesten Kliniken Deutschlands. Mir wurde nämlich gesagt: ,das ist so selten, wenn das schon einmal jemand gesehen hat, dann in den ganz großen Tierkliniken.‘“

Rox ist das Jungtier einer Bengalkatze. © Anja Hecker

Mittwochs sei sie dann in der Tierklinik gewesen, wo die Verdachtsdiagnose bestätigt wurde: „Nicht, wie wir anfangs dachten, ein Infekt oder eine Verstimmung, sondern eine Erkrankung mit sehr schlechter Lebenserwartung.“ Allerdings sei ihr gesagt worden, dass die wenigen Tiere, die eine solche Erkrankung überleben würden, weiterhin die Chance auf ein lebenswertes Leben hätten, dafür müsse sich das Nervensystem regenerieren, was acht bis zwölf Monate Zeit brauche: „Und mir war klar, dass ich alles versuchen möchte, um Rox das zu ermöglichen.“

Bevor er allerdings über den Berg ist, hat die Ehrenamtliche viel Arbeit. „Ich muss ihm alle drei Stunden püriertes Futter in kleinen Mengen geben, damit es zum Magen kommt. In gewissen Abständen zum Futter bekommt er Medikamente und Elektrolyte. Er übergibt sich immer noch täglich. Nur nachts bekommt er sechs Stunden nichts.“ Trotzdem sei sie mittlerweile recht zuversichtlich, dass Rox die Krankheitszeit übersteht.

Das Problem sei allerdings, dass die häufigste Todesursache bei dieser Erkrankung sei, dass die Tiere unverdaute Nahrung einatmen würden: „Ich muss also darauf achten, dass er nicht zu viel spielt, seit es ihm etwas besser geht, damit er nicht so fest schläft, dass er es nicht merkt, wenn etwas in die Luftröhre bekommt.“ Nicht nur einmal hätte sie das Tier auf diesem Wege fast verloren. „Im Tierheim, was der eigentliche Ort für so ein Fundtier wäre, könnte der Rox mit so intensiver Pflegebedürftigkeit nicht überleben.“

Neue Hoffnung für Rox: Jetzt zählt ein sicheres Zuhause

Eine logistische Aufgabe, die Heckert an ihre Grenzen bringt: „Wann immer ich das Haus länger als drei Stunden verlasse, wenn ich beispielsweise zur Arbeit gehe, müssen mein Freund oder meine Mutter einspringen.“ Größer sei die Herausforderung mit den eigenen vier Katzen: „Einer überträgt nämlich eine Form von Katzenschnupfen und Rox kann man noch nicht dagegen impfen. Das heißt, er ist dauerhaft separiert.“

Gerade jetzt, seit es dem jungen Tier besser geht, wünsche sie ihm ein würdigeres Zuhause: „Es wäre schon schön, wenn er irgendwo unterkommen könnte, wo er die ganze Wohnung nutzen kann. Wo er auch mal auf der Couch liegen und schmusen kann. Der Idealfall wäre es natürlich, wenn er da einen ruhigen und geimpften Spielkameraden hätte.“ Dies könne sein Für-Immer-Zuhause sein oder nur eine Übergangspflegestelle: „Wenn er soweit ist, dass er geimpft werden kann, würde ich ihn auch zurücknehmen, muss ich aber nicht.“

Volontariat Noah Eschwey ist Volontär in der Lokalredaktion der Schwetzinger Zeitung/Hockenheimer Tageszeitung.

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