Jusitz

Frau aus dem Rhein-Neckar-Kreis vor Gericht: „Ich wollte meinen Mann nicht töten“

Nach 28 Jahren Ehe soll eine Frau aus dem Rhein-Neckar-Kreis versucht haben, ihren Mann zu töten. Zu Prozessbeginn spricht sie über den Beginn ihrer Liebe – und das Ende.

Von 
Agnes Polewka
Lesedauer: 
Der Prozess gegen die Frau hat am Donnerstag vor dem Mannheimer Landgericht begonnen. © Michael Ruffler

Rhein-Neckar. Im Oktober 1996 feierten ein Mann und eine Frau ihre Liebe, sie heirateten in einer Kirche im Zentrum Neapels. 29 Jahre später steht die Frau vor Gericht und sagt: „Ich habe meinen Mann sehr geliebt, ich wollte ihn nicht töten.“

Als die Frau, Rosa A., am Gründonnerstag von den Wachtmeistern in den größten Sitzungssaal des Mannheimer Landgerichts geführt wird, weiß sie zunächst nicht, wo sie sich hinsetzen soll. Sie deponiert ihre Habseligkeiten auf einem Stuhl in der Ecke. Dann deutet ihr Verteidiger Rechtsanwalt Ekkart Hinney auf den Platz neben sich, auf die Anklagebank. Die Staatsanwaltschaft wirft Rosa A. versuchten Mord und gefährliche Körperverletzung vor. Ihr droht eine lebenslange Haftstrafe, vielleicht fällt die Strafe – im Falle einer Verurteilung – aber auch milder aus, dies wird die Kammer voraussichtlich Ende Mai entscheiden.

Im Oktober 2024, da waren sie und ihr Mann 28 Jahre verheiratet, stritten Rosa A. und ihr Mann. Es ging wieder einmal um die Scheidung, die die Frau eingereicht hatte. Und während das Paar stritt, soll Rosa A. in die Küche der Wohnung in Plankstadt gegangen sein, in der beide noch gemeinsam lebten. Dort nahm sie laut Anklage ein Messer mit einer 20 Zentimeter langen Klinge, sagte zu ihrem Mann, er werde nun sterben, und holte mit dem Messer aus. Das Messer traf den Mann laut Staatsanwaltschaft am Kehlkopf, außerdem an Nacken und Schulter. Er soll versucht haben, es seiner Frau zu entwinden, dabei fuhr die Klinge laut Anklage auch in seine Hände.

Der Mann konnte selbst einen Notruf absetzen. Mit einem Atemalkoholwert von 2,2 Promille wurde er in die Heidelberger Universitätsklinik eingeliefert, wo seine schweren Verletzungen behandelt wurden.

Alkohol, Gewalt und eine Flucht ins Frauenhaus

Was am 24. Oktober 2024 geschah, dazu sagt Rosa A. an diesem ersten Prozesstag zunächst nichts, ihr Verteidiger will Anfang Mai aber eine Erklärung verlesen. Und Rosa A. beginnt zu erzählen, wie es ihr in ihrem Leben ergangen ist. Sie spricht darüber, dass sie 13 Jahre in Italien die Schule besuchte, zuletzt eine Berufsfachschule, danach wollte sie BWL studieren, lag ihr Schwerpunkt doch schon zuvor auf buchhalterischen Aufgaben.

Doch dann kam der Sommer, der ihrem Leben eine andere Wendung gab. Sie lernte „ihn“ kennen. Wenn Rosa A. über den Mann spricht, den sie vor fast 30 Jahren heiratete, dann verwendet sie nie seinen Namen, sondern nur Pronomen. „Er“ war der Bruder einer Schulfreundin und arbeitete in Deutschland, sie führten zwei Jahre eine Fernbeziehung, ehe „er“ ihr einen Antrag machte. Rosa A. war damals Anfang 20 und folgte ihm nach Deutschland. Sie sei sehr verliebt gewesen.

Mehr zum Thema

Prozess

Partnerin und Töchter getötet – Heidelberger muss in Psychiatrie

Veröffentlicht
Von
Anne Baum, Marion van der Kraats
Mehr erfahren

Heute ist sie 49 und lebt seit fast drei Jahrzehnten in der Rhein-Neckar-Region. Eine Dolmetscherin übersetzt für sie ins Italienische. Ihr Mann habe zunächst nicht gewollt, dass sie Deutsch lerne oder arbeiten gehe, sagt sie. Später habe sie einen Kurs gemacht. In den vergangenen Monaten habe sich ihr Deutsch beträchtlich verbessert.

Kurz nach der Hochzeit bemerkte Rosa A. etwas an ihrem Mann, das ihr zuvor nicht aufgefallen war: ein Alkoholproblem. Und noch etwas anderes. Er fing an, sie zu schlagen, sagt sie. Die Gewalt habe kurz nach der Geburt der ersten Tochter begonnen. Und zog sich quer durch die gemeinsame Geschichte des Paars. Immer dachte sie darüber nach, ihn zu verlassen. Mit ihren drei Töchtern floh sie Anfang der 2010er-Jahre in ein Frauenhaus und kehrte doch wieder zu ihrem Mann zurück. „Ich wollte ihm einfach glauben, dass er sich ändern würde.“

Rosa A.s schwieriger Weg zur Unabhängigkeit

Im Frauenhaus habe sie gelernt, ein eigenes Girokonto zu führen, die EC-Karte zu benutzen und Rechnungen zu bezahlen. „Ich habe mich dort verändert.“ Danach ging sie arbeiten, als Zimmermädchen und als Putzhilfe.

Die Jahre verstrichen und Rosa A. musste sich eingestehen, dass sich ihre Situation nicht verbessert hatte. Im Gegenteil, als ihr Mann seinen Job verlor, wurde alles noch schlimmer, sagt sie. Wenn sie nach der Arbeit nach Hause kam, habe sie eine Wohnung vorgefunden, in der überall Zigarettenstummel herumlagen und sich leere Flaschen aneinanderreihten. Sie und ihr Mann stritten oft. Und um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, habe sie die Scheidung eingereicht.

Laut Anklage eskalierte über dieses Thema die Situation in der Wohnung und Rosa A. stach zu.

Inzwischen sind die Frau und der Mann geschieden.

Redaktion

Copyright © 2025 Schwetzinger Zeitung

VG WORT Zählmarke