Interkulturelle Woche

Friedensgebet in Schwetzingen: „Zusammen sind wir Heimat“

Die Stadtkirche Schwetzingen erstrahlte im Zeichen des Friedens: Ein multireligiöses Gebet vereinte Angehörige verschiedener Religionen sowie Nichtgläubige.

Von 
Rita Weis
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„Islam will den Frieden, Überall und hienieden“ singen fünf Jungen der muslimischen Ahmadiyya-Gemeinde beim Friedensgebet. © Rita Weis

Schwetzingen. Es war ein beeindruckendes Bild, als Kinder und Erwachsene verschiedener Religionen – Protestanten, Katholiken, Orthodoxe und Muslime – vor den Altar der Stadtkirche traten, der mit Regenbogenfahnen und der Aufschrift „Friede“/„Pace“ geschmückt war. Die Akteure hielten Schilder in den Händen, auf denen das Wort „Friede“ in verschiedenen Sprachen stand. Viele Gläubige und auch Nichtgläubige waren zu einem multireligiösen Gebet um Frieden gekommen. Sie alle feierten das Zusammensein im Rahmen der interkulturellen Woche und bezeugten so gegenseitigen Respekt. Es war der spirituelle Höhepunkt dieser Aktion, die sehr viele Veranstaltungen, Lesungen, Filme und Unterhaltung zum gegenseitigen Verstehen anbot.

„Dafür!“, lautet das Motto der interkulturellen Woche in diesem Jahr. „Wir sind für Toleranz und Respekt, für ein friedliches Zusammenleben in unserer Stadt, für eine vielfältige, bunte Kultur an unserem Lebensort“, sagte Gemeindediakonin Margit Rothe bei ihrer Begrüßung. Die Situation in unserer Welt brauche den Frieden so dringend, fuhr sie fort, und wies darauf hin, dass man über ein monatliches Friedensgebet oder eine Mahnwache für den Frieden nachdenken solle. Das Lied „Gib uns Ohren, die hören, und Augen, die sehn, und ein weites Herz, andre zu verstehn“, gesungen von der Gemeinde, fasste die innere Bereitschaft zum Frieden zusammen. Als Geschwister gar bezeichnete Gemeindereferentin Ulrike Keßler das Christentum und den Islam.

Friedenswille aus Sicht mehrerer Religionen

„Assalamo Alaikum“, erwiderte Naweel Shad, Imam der muslimischen Ahmadiyya-Gemeinde, „Friede sei mit Ihnen allen.“ Friede, Harmonie und Liebe seien, wonach wir alle streben, sagte er. Dann beleuchtete er den Friedenswillen aus Sicht mehrerer Religionen. Aus der Bibel zitierte er Matthäus 5,9: „Selig sind die, die Frieden stiften; denn sie werden Gottes Kinder heißen.“ Er ergänzte den Friedensgedanken durch ein Wort Buddhas: „Willst du Gutes für dich selbst und diese Welt erzeugen, so entwickle Frieden in deinem Herzen.“ Und gab einen Vers aus dem Hinduistischen wider: „Lass Frieden unsere Herzen erfüllen, unsere Welt, unser Universum.“

In Bezug auf den Islam sagte er, dass allein das Wort Islam bereits Friede bedeute: „Der Dienst an der Menschheit ist Pflicht für jeden Muslim.“ Daraus leitete er mehrere Pflichten ab, unter anderem: „Und wenn jemand einem Menschen das Leben erhält, soll es so sein, als hätte er alle Menschen alle am Leben erhalten“ (Koran Sure 5,32). Daraus folgerte Shad, dass man Brücken bauen müsse, um die Menschen zusammenbringen, und dass man sich gegenseitig respektieren und verstehen sowie Toleranz und Akzeptanz für den anderen stärken müsse. „Denn zusammen sind wir Heimat!“ Damit hatte er die Quintessenz der interkulturellen Woche zusammengefasst.

Gläubige unterschiedlicher Religionen beten für den Frieden in der Stadtkirche. © Rita Weis

„Islam heißt Frieden, im Norden und Süden, im Westen und Osten sollen die Waffen rosten“, sangen fünf Jungen der muslimischen Gemeinde; es ist ein Lied des inzwischen verstorbenen deutschen Dichters Hadayatullah Hübsch, der sich der deutschen Ahmadiyya-Gemeinde angeschlossen hatte. Die Ahmadiyya ist eine islamische Gemeinschaft, die von Mirza Ghulam Ahmad in den 1880er Jahren in Britisch-Indien gegründet wurde; sie entstand als Reformbewegung des Islam, bezieht sich auf die islamischen Quellen Koran, Sunna und Hadith, (die Überlieferungen von Aussprüche und Handlungen des Propheten Mohammed und seiner Weggefährten). Vonseiten vieler anderer Muslime wird die Ahmadiyya-Lehre abgelehnt, ihre Anhänger werden teilweise sogar verfolgt, da sie den persischen Gelehrten Mirza Ghulam Ahmad als Erneuerer akzeptieren; dennoch gilt sie als eine der größten Gemeinschaften des Islam.

Bei aller Liebe gibt es manchmal auch ein „Aber“

Pfarrer i. R. Christian Noeske, las aus dem Neuen Testament Paulus‘ Briefe an die Römer, Kapitel 12,18. Paulus ging es um die Liebe, um Wertschätzung, Gastfreundschaft, Hoffnung, Einigkeit und Frieden: „Lebt mit allen Menschen in Frieden, soweit es möglich ist“, lautetet seine Botschaft. Diakonin Rothe nahm diesen Ausspruch in ihrer Predigt auf und zeigte Verständnis, dass es natürlich bei aller Liebe ein „Aber“ gebe, denn es sei nicht einfach, stets in Frieden zu leben. Daher empfahl sie nachdrücklich, immer wieder zu probieren, mit und in Frieden zu leben: „Denn so lassen wir uns nicht vom Bösen besiegen.“

Zum Schluss stimmte Kantor Paul Hafner, der übrigens vor dem Gebet bereits eine Gesangsstunde mit Interessierten abgehalten hatte, das hebräische Volkslied „Hevenu Shalom Alechem“ an – ein Aufruf für Frieden. Die Teilnehmenden sangen und tanzten fröhlich mit und klatschten im Takt bei dem immer schneller werdenden Lied. Es war ein freudiger, emotionaler Abschluss, denn man spürte: Es gibt Hoffnung. Und es gab auch die Möglichkeit zu einem kleinen Plausch nach dem Gebet.

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