Mannheim

Geburt im Rettungswagen – die Eltern erzählen die ganze Story

Max ist in Mannheim geboren – in einem Rettungswagen. Eine Geschichte über eine A6-Vollsperrung, empathische Polizisten und aufgeregte Sanitäter. Mit Happy End.

Von 
Florian Karlein
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Nach einer Vollsperrung auf der A6 ist Max in diesem Rettungswagen des Malteser-Hilfsdienstes mitten in Mannheim auf die Welt gekommen. Seine Eltern Lisa und Kai erzählen jetzt die ganze Geschichte. Ein Bild von ihrer Familie möchten sie nicht in den Medien sehen. © René Priebe

Mannheim. Wenn die Wehen einsetzen, wird‘s hektisch. Und wenn werdende Eltern auf dem Weg ins Krankenhaus auch noch in eine Vollsperrung auf der Autobahn fahren, explodiert der Adrenalin-Pegel. Lisa und Kai aus Hockenheim haben genau das am vergangenen Freitag erlebt. Jetzt erzählen die beiden die alles andere als alltägliche Geschichte über die Geburt ihres zweiten Kinds – Max kam nämlich noch im Rettungswagen auf die Welt.

Es ist eine spannende Geschichte mit Happy End: Denn allen aus der Familie geht es gut. Auch wenn die Nerven zwischendurch ziemlich blank lagen. „Wäre uns das beim ersten Kind passiert, hätte ich noch mehr Panik gehabt“, erzählt Lisa vier Tage nach dem Erlebnis. Am Dienstag packt die Familie, zu der auch der vierjährige Tim gehört, gerade ihre Tasche und will das Mannheimer Uniklinikum (UMM) verlassen, als sie völlig offen mit dieser Redaktion über hupende Autofahrer, empathische Polizisten und aufgeregte Sanitäter spricht. Nur ihren Nachnamen möchten sie nicht in den Medien lesen. Dass sich die ungewöhnliche Nachricht in mehreren Zeitungen und auf einigen Internet-Plattformen bereits verbreitet hat, beobachten Lisa und Kai genau.

Schwieriger Weg zum Rettungswagen dank hupender Autos und eines Lastwagens

Von vorne. Es ist Freitagnachmittag. Lisa bekommt Wehen – „starke Wehen“, schildert sie. Die 36-Jährige ruft ihren Mann an, der gerade auf der Arbeit in Mannheim ist. Der 45-Jährige fährt über die A6 nach Hockenheim, setzt seine Schwangere Frau ins Auto und los geht‘s. Auf Kais Heimweg war die Gegenspur auf der Autobahn noch frei, und bei der Abfahrt in Hockenheim gibt das Navi Grünes Licht für den Weg über die A6. Doch kurz danach kommt es gegen 15.30 Uhr vor dem Mannheimer Kreuz zu einem Unfall. Die Autobahn ist für die Bergung der Fahrzeuge komplett gesperrt – und Kai mit Lisa stehen am Ende des Staus.

Und jetzt? „Die Wehen waren stark und kamen schnell, alle anderthalb Minuten“, erzählt die Hockenheimerin. Also wählt das Paar den Notruf. „Wir hatten wirklich Glück, eine so empathische Dame am Telefon zu haben“, sagt der Familienvater. Und die Frau von der 110 kann helfen. Sie kann einen Rettungswagen an der Unfallstelle umbuchen, der die Hochschwangere ins Mannheimer Klinikum bringen soll. Nur: Die Unfallstelle ist 1,5 Kilometer weit weg. Wie also dorthin kommen? Die Frau am Notruf sagt: mit Warnblinker über den Standstreifen. „Das Hupkonzert der anderen Autofahrer kann man sich vorstellen“, erzählt Lisa. Es sei kein gutes Gefühl, in einem Stau einfach an den wartenden Autos vorbeizufahren, ergänzt Kai.

Die Vollsperrung auf der A6 machte die Geburt von Max zu einem nicht alltäglichen Ereignis – nicht nur für seine Eltern, sondern auch für die Leitstelle, die Polizei und die Rettungskräfte. © René Priebe

Weit kommt das Paar sowieso nicht. Ein Lastwagen versperrt den Weg über die Standspur. Dass dessen Hänger eine gelbe Plane hatte, hat sich dem 45-Jährigen eingeprägt. Und wieder stellt sich die Frage: Was jetzt? Durch die Rettungsgasse auf keinen Fall, sagt die Frau am Telefon. Das ist zu gefährlich. Doch dann traut Kai seinen Augen nicht, am Telefon spricht er von einem Wunder: Der Lkw schert wieder ein. „Plötzlich hat sich der Standstreifen wie ein Himmelstor geöffnet“, beschreibt er die Situation. Mit seiner Frau fährt er anschließend den Standstreifen entlang auf einen schon winkenden Polizisten zu.

Trubel im Kreißsaal des Mannheimer Uniklinikums – und ein verdutzter Vater

Die Situation am Rettungswagen beschreibt er als abstrus: „Eine Verletzte sitzt im Gras, ein Auto liegt auf seinem Dach und dann wird die Straße für uns noch gesperrt.“ An dem Unfall waren zwei Fahrzeuge beteiligt, an denen erheblicher Sachschaden entstand. Verletzt wurde laut Polizei aber niemand. „Das war wie eine Fügung für uns“, so Kai.

Für Lisa geht es dann im Rettungswagen in die Mannheimer Uniklinik, Kai macht sich auf anderen Wegen auch auf den Weg dorthin. Als er wenige Minuten nach seiner Frau dort ankommt, wartet man in Kreißsaal 3 schon auf ihn. Aber nicht nur Lisa und der Notarzt – auch sein Sohn Max hat da schon das Licht der Welt erblickt. „Ich war ziemlich verdutzt“, sagt er und spricht von einem gewaltigen Trubel im Kreißsaal der UMM. Für alle Beteiligten ist diese Geburtsgeschichte alles andere als alltäglich. Aber nachdem Kai sieht, dass es seiner Frau gut geht, fällt eine riesige Anspannung von ihm ab. Und dann bekommt er sein Kind auf den Arm.

An einer Ampel in Mannheim: Max erblickt das Licht der Welt

Ähnlich aufregend muss Lisas Fahrt im Rettungswagen gewesen sein. „An der letzten Ampel vor dem Krankenhaus ist Max auf die Welt gekommen“, erzählt sie. Zwar sind zu dem Zeitpunkt der Notarzt und mehrere Sanitäter der Malteser aus Wieblingen im Fahrzeug – mitbekommen hat es trotzdem niemand. Unter der Decke, die über Lisa liegt, kommt Max einfach auf die Welt. Niemand muss ihm helfen. Er ist zwar etwa vier Wochen zu früh dran, aber ihm fehlt nichts. 2890 Gramm bei 46 Zentimeter sind seine Geburtsdaten.

„Wir hatten Glück im Unglück“, sagt Kai. Er ist dankbar für die Hilfe, die das Paar hatte. Vor allem für den Zuspruch und das Mutmachen der Frau am Notruf. Dass die gesamte Leitstelle mit den Hockenheimern gefiebert hat, zeigt sich am nächsten Tag. Ein Anruf aus der Leitstelle erreicht da die frischgebackenen Eltern: Das Team will sich erkundigen, ob alles gutgegangen ist. „Endlich mal eine schöne Geschichte bei all dem, was gerade in der Welt passiert“, resümiert Familienvater Kai.

Redaktion Leiter des Redaktionsteams Mannheim

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