Die berühmten Klänge von Pjotr Iljitsch Tschaikowski erfüllen den Raum des Rokokotheaters. Ein kleiner Seufzer geht durchs Publikum. Weiße Schwäne erobern leichtfüßig und mit wippenden Tutus die Bühne. Das Ensemble bildet zwei Linien und der Blick der Zuschauer gleitet auf den weißen Schwan. Das russische Nationalballett aus Moskau präsentiert den Inbegriff des Balletts - "Schwanensee".
Die Ballett-Truppe aus Russland bietet dem Publikum genau das, was es erwartet: Einen stimmungsvollen Abend, der vor Lust an der Bewegung nur so erstrahlt. Besonders die tänzerisch einwandfreien Soli prägen die Darbietung. Ob spanischer Tanz, Hofball oder die lieblichen Tänze von Prinz und Angebeteter, das Russische Nationalballett zeigte die Vielfalt des klassischen Balletts mit Finesse. Da blitze das eine oder andere Mal die Weltklasse der großen russischen Kompanien durch.
Atemberaubend synchron
Vier weiße Schwäne halten sich über Kreuz an den Händen. In einer atemberaubenden Geschwindigkeit und Synchronie folgen winzige Sprünge und Schrittfolgen aufeinander. In dem wohl berühmtesten Pas de Quatre der Welt zeigt das Moskauer Ensemble, dass es die Klassiker auf die Bühne bringen kann. Die leicht gekürzte Fassung der Originalchoreographie von Marius Petipa erzählt in märchenhaften Motiven von einer verwunschenen Prinzessin, die nur durch die Macht der Liebe von einem bösen Zauber befreit werden kann. Dabei wählte der künstlerische Leiter Slava Samodurov die Happy-End-Variante: Passend zur versöhnlichen Stimmung am zweiten Weihnachtsfeiertag siegt das Liebespaar am Ende über das Böse.
Spätestens seit dem Hollywood-Blockbuster "Black Swan" wissen die meisten, dass die Darstellung des Schwans zu den anspruchsvollsten und anstrengendsten Rollen in der Ballettwelt zählt. Der Ersten Solistin Elena Kabanova gelingt in Schwetzingen der Spagat zwischen dem weißen und dem schwarzen Schwan sehr gut. Ihre Interpretation der Odette/Odile pendelt zwischen Leichtigkeit und Kraft, zwischen Naivität und verführerischem Sog. Und natürlich enttäuscht sie das Publikum nicht und legt 32 Fouettés nahezu fehlerlos aufs Parkett.
Es fehlt etwas an Ausdruck
Dagegen bleibt der böse Rothbart im ersten Teil des Stückes zu blass. Dem ersten Solisten Sergei Krashchenko fehlt es zunächst an Ausdruck und so verwischt der vom Komponisten Tschaikowski so kraftvoll angelegte Auftritt des dunklen Fürsten zusehends. Nach der Pause hingen überzeugt er vor allem im Kampf gegen Siegfried mit kraftvollen und sicheren Sprüngen. Krashchenko tanzt sich so noch in die Herzen des Publikums zurück.
Festtagsstimmung bei den Gästen
Der Kronleuchter glitzert, das Holz knarrt unter den Schritten der festlich herausgeputzten Besucher und die goldverzierten Ränge strahlen in sanftem Beige. Auch dank des Rahmens im Rokokotheater herrscht bei den Besuchern beim "Schwanensee" Festtagsstimmung. Julia Schifferdecker aus Schwetzingen kommentiert: "Wunderschöne Kostüme, ein tolles Bühnenbild und eine einzigartige Atmosphäre hier im Rokokotheater. Das passt einfach hervorragend zusammen!" Die Großmutter steht daneben und pflichtet ihr lächelnd bei. Der Zauber des Balletts scheint also generationenübergreifend zu wirken.
Dass an diesem Abend etwas für den Nachwuchs getan wurde, zeigte der Auftritt der Eleven aus Hockenheim. Die Tänzerinnen und Tänzer der Ballettschule Janyska reihten sich in den Tanzreigen der ganz Großen ein. Regina Schmerbeck-Janyska, Leiterin der Ballettschule, sah man den Stolz auf ihre Schützlinge deutlich an.
Die Ballett-Pädagogin hatte sich im Vorfeld zusammen mit ihrem Team Choreographien erdacht, die dann scheinbar mühelos in die Arbeit der professionellen Tänzer einflossen. Und für die Nachwuchstänzer war dieser Auftritt natürlich etwas Besonderes, denn sie durften auch bei der Generalprobe dabei sein. "Und als die Beine der Tänzer dann hinter die Ohren flogen, kamen die Schüler ganz schön ins Staunen", meint die Ballettlehrerin. Am Ende waren die Kleinen dann aber doch die heimlichen Stars des Abends.
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