Inklusives Wohnprojekt in Schwetzingen

Hier wächst ein kleines Wunder

Richtfest in der Schützenstraße 6 in Schwetzingen: Das Haus von den gemeinnützigen Vereinen Habito und Pro Down nimmt Form an. Menschen mit Behinderung ziehen ein.

Von 
Volker Widdrat
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Die Arbeiten im Rohbau gehen voran, der Dachstuhl ist bis zum letzten Nagel fertig. Am Montagnachmittag wurde in dem inklusiven Neubau in der Schwetzinger Schützenstraße 6 das Richtfest gefeiert. Das von den gemeinnützigen Vereinen Habito und Pro Down ins Leben gerufene Projekt ermöglicht acht jungen Menschen mit Behinderung ein möglichst selbstbestimmtes Wohnen (wir berichteten).

Zu den vier Zwei-Zimmer-Appartements, einem Wohnzimmer und einer Gemeinschaftsküche entstehen zwei weitere Räume für die Begegnung mit und für die erweiterte Nachbarschaft, Initiativen, Vereine und Gruppen. Rund 520 Quadratmeter Fläche stehen in dem barrierefreien Neubau zur Verfügung. Sämtliche Etagen sind über einen Fahrstuhl verbunden. Der Großteil der zukünftigen Bewohner und ihre Eltern konnten bereits in der Planungszeit mitwirken und so eigene Wünsche einbringen. Sicherheit bietet zudem das Angebot an Unterstützungsleistungen des ambulant betreuten Wohnens des Vereins Habito. Aufgrund der Zweckbindungsfrist von Zuschussmitteln ist das Konzept auf mindestens 25 Jahre gesichert.

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Schwetzingen: Richtfest in der Schützenstraße 6

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„Ein ganz besonderer Tag für Förderer, Unterstützer, Stadt und die engagierten Akteure“, begrüßte Heiko Zillich, der das Wohnprojekt von Beginn an begleitet hat, die Gäste. Ohne die externe Förderung von 500 000 Euro durch die Dietmar Hopp Stiftung wäre das Vorhaben nicht realisierbar gewesen. In dem Neubau steckten so einige Mühen, „aber der Rohbau mit Dachstuhl steht jetzt“. Demnächst geht es an den Innenausbau. An der Wand im Erdgeschoss waren schon die Pläne für die Außenanlage zu sehen. Der Garten wird mit einem unterfahrbaren Hochbeet, mobilen Sitzstämmen, festen Granitblöcken, Bankauflagen aus Holz, einer Feuerschale und Rasen gestaltet.

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Gisela Wrensch, die Vorsitzende des Vereins Pro Down Heidelberg, erinnerte an die ersten Ideen im Jahr 2015. Oberbürgermeister Dr. René Pöltl habe die Begeisterung der Initiatoren geteilt und sie bestärkt, den Wunsch Wirklichkeit werden zu lassen. Der Abriss des alten Hauses habe zwar so manche Überraschung geboten, jetzt sei man aber auf dem richtigen Weg. Sie dankte Emine Yildirim und Marion Bischoff vom Verein Habito.

Barrieren abbauen

„Hier ist ein kleines Wunder gelungen, weil alle an einem Strang gezogen haben“, sagte OB Pöltl. Das „Projekt von Menschen für ganz besondere Menschen, die in die Mitte der Gesellschaft gehören“, sei ihm eine Herzensangelegenheit. „Nur wenn wir begreifen, dass wir auch was zurückgeben müssen, ist so etwas möglich.“ Er freue sich schon auf die Fertigstellung. Die stellvertretende Leiterin der Dietmar Hopp Stiftung, Meike Leupold, war gerne gekommen: „Hier entsteht ein wunderbares und nachahmenswertes Projekt.“ Die Stiftung fördere seit 1995 und habe in dieser Zeit schon 900 Millionen Euro investiert. Das inklusive Wohnprojekt in der Schützenstraße „passt ganz genau zu unseren Zielsetzungen“. Architekt Armin Schäfer vom Büro AAg aus Heidelberg dankte dem Planungsteam sowie den Bauunternehmen und Handwerkern um Polier Marco Lopez für die saubere Arbeitsweise.

Der Neubau soll einen Mehrwert für das gesamte Quartier bringen, wünscht sich der 2007 in Heidelberg gegründete Verein Habito. Darum soll ein Fokus auf dem generationenübergreifenden Austausch in der gemeinsamen Nutzung der Räume liegen. Ebenso können die künftigen Bewohner selbst unterschiedliche Rollen einnehmen, etwa als Nachbarn, Gastgeber und ehrenamtlich Engagierte. Auf diese Weise können Barrieren zwischen den Menschen ab- und Brücken aufgebaut werden. Etwas über die Hälfte der Bausumme konnte durch die Förderungen von Aktion Mensch, Dietmar Hopp Stiftung, Stiftung Wohnhilfe, ABB, Kahane-Foundation und Pro Down Heidelberg gestemmt werden. Einen weiteren Anteil der rund 2,25 Millionen Euro Gesamtkosten bildet ein Bankkredit, der durch die Mieten der Bewohner getilgt werden kann. Zudem werden Eigenmittel des Vereins Habito zur Finanzierung verwendet.

Die Stadt hat das Grundstück für einen symbolischen Erbpachtzins zur Verfügung gestellt und sich an den Abrisskosten beteiligt. Benedikt Damm stand für den Richtspruch hoch oben unter dem grünen Baum mit den bunten Bändern. Dass der Dachstuhl nun gesetzt werden konnte, grenzt auch an ein kleines Wunder bei den derzeitigen massiven Lieferengpässen beim Bauholz. „Mit Eifer und viel Bedacht ist unser stolzes Werk vollbracht“, zerschmetterte der Zimmermann nach drei kräftigen Schlucken sein Glas. Im Frühjahr soll das neue Wohnhaus eingeweiht werden.

Freier Autor Volker Widdrat ist freier Mitarbeiter.

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