Wenn Hüseyin Yildirim in einen Raum kommt, bleiben Blicke regelmäßig an ihm hängen. Der 27-jährige Mann aus Schifferstadt ist weder groß noch besonders markant, aber die Art, wie er sich kleidet und auch sein Parfüm heben ihn vom Rest der Anwesenden ab. Unter seiner Mütze ragt heute ein zum Zopf gebundener Haarschopf heraus. Er trägt gerne eine getönte Brille, seine Veloursjacke hat mehr purpur als der Lidschatten von Lady Gaga und das Beinkleid aus Jeansstoff ist eher das, was die „Stuttgarter Zeitung“ im Zusammenhang mit Apache 207 schon als „Ludwigshafen-Look“ bezeichnete.
Als Hüseyin Yildirim vergangene Woche das „Sux“ - ein Speyerer Restaurant mit Weinbar - betritt, da stecken vor allem jüngere Gäste die Köpfe zusammen. „Der Mann hinter Apache 207“, tuschelt es sich dann durch die Reihen. So ganz richtig ist das aber nicht. Dass Yildirim, der sich selbst gerne und oft als Kanake bezeichnet, sich über zu wenig Aufmerksamkeit nicht beklagen kann, ist aber dennoch eng mit der Geschichte seines Freundes Volkan Yaman alias Apache verknüpft. Yildirim ist drei Jahre älter als der Star des „Türkenschlagers“, wie manche die Musik despektierlich nennen.
Bertinaxe-Film
- Hüseyin Yildirim hat sich als Produzent von Videos zunächst den Namen Bertinaxe gegeben. Der Name hat eigentlich keine Bedeutung . Yildirim nannte sich als Schüler so, wenn er Spiele am PC spielte. Die ersten Produktionen tragen ebenfalls den Namen Bertinaxe-Film. Seit dem Jahr 2020 tritt seine Firma unter dem Namen Skyvision auf.
- Skyvision hat zuletzt Videoproduktionen für mehrere bekannte Künstler aus der Deutschrap-Szene gefertigt. Darunter Farid Bang, Haftbefehl, Capo und Jamule. Alleine im vergangenen Jahr waren es 42 Produktionen.
- Mit Apache 207 verbindet Hüseyin Yildirim neben der beruflichen Zusammenarbeit bei inzwischen mehreren Videoproduktionen (Fame, Boot, Nicht wie Du, Kein Problem) auch eine Freundschaft.Yildirim ist drei Jahre älter als der 1997 in Ludwigshafen geborene Volkan Yaman (Apache). Apache hat bisher keine Interviews gegeben. Am 26./27. August tritt Apache in der Mannheimer SAP Arena auf. Yildirim sagt: „Alles ist viel größer geworden.“
Wie Apache hat der frühere Hobbyfußballer vom FSV Schifferstadt in der Pfalz Abitur gemacht und anschließend in Mainz die Hochschule besucht. Und wie der Shooting-Star aus der Gartenstadt hat auch Yildirim sein Master-Studium nicht beendet - eben weil Erfolg und damit Geld schneller kamen als Master oder Staatsexamen. Den Bachelor-Studiengang in „Regie/Zeitbasierte Medien“ hat er aber mit 1,3 abgeschlossen und damit besser als große Teile seiner Kommilitonen.
Firma Skyvision 2020 gegründet
Schon als Schüler der Paul-von-Denis-Realschule in Schifferstadt hat er den Unterricht manchmal sausenlassen, um mit Freunden kurze Filme zu drehen - mit dem Handy. Yildirim ist auch vom Erscheinungstyp her ein Künstler. Er redet nicht laut und seine leicht nasale Aussprache klingt fast etwas lustig. Man stellt sich vor, wie er „Haftbefehl“, dem Deutschrapper mit dem knallharten Image, beim Videodreh Befehle gibt, wo der zu stehen habe. Yildirim, der Künstler mit dem Gefühl für das richtige Bild und das richtige Licht, muss plötzlich auch Manager sein, weil man ihm de facto die Bude einrennt bei „Skyvision“ - jener Firma, die er 2020 gegründet hat und die er unter anderem von einem der Frankfurter Bürotürme aus betreibt. Seine Auftraggeber und Geschäftspartner haben in der Szene klingende Namen: Farid Bang, Haftbefehl, Capo, Jamule - und eben Apache 207. Im Jahr 2017 kannte den Ludwigshafener, der mit Titeln wie „Roller“ oder „Bläulich“ die Streamingleitungen erhitzte, quasi niemand. Glaubwürdig schildert Hüseyin Yildirim, wie er mit Volkan, so nennt er Apache weiterhin, in Ludwigshafen zusammensaß und eben noch keine Zehntausende Euro für Videoproduktionen zur Verfügung standen.
„Manchmal“, sagt Yildirim, „habe ich selbst mein gespartes Geld in Projekte gesteckt“. Apache hat er beispielsweise unterstützt, indem er den aus Schifferstadt stammenden Jannis Schreiner alias DJ Olde, der schon als Radiomoderator bei BigFM arbeitete, quasi mit Nachdruck gebeten habe, Apaches Song Ferrari Testarossa abzuspielen. Einen Live-Auftritt Apaches habe es damals im Mannheimer Club Chaplin gegeben. „Er wäre so oder so ein Star geworden, aber ich habe vielleicht einen Stein ins Rollen gebracht“, erinnert sich Filmdirektor Yildirim, der sich heute eine sehr teure Uhr und ein sehr teures Auto leisten kann, andererseits aber alles andere als abgehoben oder anmaßend ist. Der Schifferstadter ist inzwischen lebendiger und im vergangenen Jahr auch ausgezeichneter Teil einer Deutschrap-Szene, die der biodeutsche CDU-Wähler vom Land tendenziell gerne kritisch beäugt. Die Sprache zu derb, die Klänge zu fremd und die Videos mitunter frauenverachtend - so das stereotype Vorurteil.
Prägendes Thema ist Heimat
Yildirim ist anders. Er reflektiert sehr viel. Der Deutschrap werde als Kunstform nicht ernst genommen, findet er. Was bei Böhmermann beklatscht werde, werde bei Haftbefehl verurteilt. Ein Song könne eben auch Satire und damit Kunst sein, findet Yildirim. Wenn Apache in seinem Bläulich-Video mit einer Windel zu sehen ist, dann sei das ein anderes Bild als jenes, das ein Bushido, den er als typisch deutsche Kunstfigur des Deutschrap bezeichnete, vermittle. „Die meisten dieser Leute sind nicht so blöd, wie man vielleicht denkt“, sagt er, während er von Haftbefehl als vielleicht „einzigem Rockstar Deutschlands“ spricht.
Mit Apache verbinde ihn gegenseitiger Respekt. Was Yildirim definitiv mit ihm teilt, ist das Erwachsenwerden in Deutschland als Kind mit türkischem Migrationshintergrund. Der Begriff Heimat gehört auch in künstlerischer Hinsicht zu den Begriffen, über die sich Yildirim viele Gedanken macht. Die größte Inspiration in Sachen Handwerk ist für Yildirim aber kein geringerer als Quentin Tarantino. Bei ihm erzähle jedes einzelne Bild eine Geschichte, für die manche Filme 90 Minuten bräuchten. Da will Yildirim hin - auch in seinen Rap-Videos.
URL dieses Artikels:
https://www.schwetzinger-zeitung.de/orte/schwetzingen_artikel,-schwetzingen-hueseyin-yildirim-der-mann-der-apache-207-ins-bild-setzt-_arid,1933953.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.schwetzinger-zeitung.de/orte/speyer.html