Die gelbe Stofftüte von Stephanie Kolb ist prall gefüllt. Ganz oben stapeln sich die Popcorntüten. „Ich habe alles eingesammelt, was zu mir geworfen wurde“, sagt die achtjährige Pia stolz. Sie hat ein Rehgeweih auf dem Kopf und eine braun-gepunktete Hose an. Mit ihrer Mutter – die von Kopf bis Fuß in bunte Farben gehüllt ist – ist sie jedes Jahr auf dem Fasnachtsumzug. In diesem Jahr haben ihnen besonders die „Trolls“ der „Hoggema Jugend“ und der „Katholischen Jugend Neulußheim“ gefallen.
Beim 66. Kurpfälzer Fasnachtszug in Schwetzingen ist das aber nur ein ideenreicher Wagen von insgesamt 101 Zugnummern. Die Mitglieder der Churpfälzisch-Privilegierten Böllerschützen-Compagnie setzen mit ihrem Startschuss und Zugmarschallin Sybille Karle die Teilnehmer in der Lindenstraße in Bewegung gesetzt.
Regen stoppt nach Startschuss
Sechs Musik-, 33 Fußgruppen und zehn Karnevalsvereine aus der Region müssen bei der Aufstellung dem Regen trotzen – Schlag 15 Uhr ist es dann trocken. Für Spargelkönigin Anna I. ist es genau wie für den Churfürst Stefan Rinklef eine Premiere.
„Ich bin etwas nass geworden, aber das macht gar nichts. Ich war bisher immer nur als Zuschauer dabeigestanden und jetzt bin ich aufgeregt“, sagt die Spargelkönigin, die es sich im Cabrio gemütlich gemacht hat. Für seine Durchlaucht Stefan Rinklef ist es gar nicht so fremd: „Nur in diesem Anzug war ich hier noch nie. Ich bin ja schon vor ein paar Jahren mal mitgelaufen. Wegen mir hat es übrigens aufgehört, zu regnen. Ich habe zum Wettergott gesagt: ,Wenn ich das erste Mal als Churfürst in Schwetzingen laufe, dann muss es aufhören‘ – und es hat geklappt.“
Auch einige lokale Gruppen sind durch Schwetzingen gelaufen. Die Kooperation aus dem Sängerbund und dem Liederkranz kann sogar auf eine ziemlich lange Historie zurückblicken. Mit „66 Jahre Fasnachtszug – Narretai – und imma ware ma dabei!“, haben sie schon einiges miterlebt. „Auf unseren Bildern sieht man sogar noch die Autokennzeichen der amerikanischen Besatzungszonen aus den 1950er Jahren“, sagt Vorsitzender des Liederkranzes, Gerhard Rieger. KC Phoenix Schwetzingen ist zum ersten Mal „Feuer und Flamme“, die Ofdasche Hardtwaldhexen aus der Nachbargemeinde haben ihren närrischen Schrecken verbreitet und der Club BKA 02 Ketsch hat das Dauerthema Entenpfuhl auf die Schippe genommen. „Mit Dagoberts goldenem Pool, wollen wir retten unseren Entenpfuhl“, steht auf ihrem Wagen, auf dem Dagoberts aus Entenhausen feiern.
Ölfass und Freiheitsstatue
Auch die Leimbachstelzen Schwetzingen haben ein kleines Jubiläum gefeiert. Seit 20 Jahren sind sie schon mit dabei. Aus diesem Grund ist auch ihre Verkleidung nicht einheitlich. Monika Lopp ging beispielsweise als Freiheitsstatue und ihre Freundin Gisela Trommer als Ölfass. „Jeder von uns hat ein Kostüm aus den vergangenen Jahren an. Da ist ganz schön was zusammen gekommen und wir lassen damit – ganz nach unserem Motto – die Herzen schmelzen“, sagt Lopp. Frisch vermählt fährt auch Oftersheims Prinzessin Sina II. aus dem Hause Trauner mit ihrem Mann Kai Angelo Ulrich mit – und gegen Ende lässt sich sogar noch die Sonne blicken.
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Nach den Ereignissen in Volkmarsen – „Jetzt erst recht“
Für Boris Jarmuty, der sich als König verkleidet hat, ist der Schwetzinger Umzug „sehr unterhaltsam“. Die „super Stimmung“ führt den 58-jährigen Mannheimer jedes Jahr wieder in die Spargelstadt.
Der 53-jährigen Susanne Eichler gefallen besonders die „tollen Wagen und die Leute“. Die als Piratin verkleidete Mannheimerin geht nach dem Vorfall in Volkmarsen „achtsamer als sonst“ auf den Umzug. Davon will sie sich aber nicht unterkriegen lassen und fügt hinzu: „Jetzt erst recht!“
Der 63-jährige Thomas Stauffer aus Brühl findet den Umzug „wunderbar, bis auf das Wetter“. Sekt, gute Musik und die richtigen Leute sorgen für „enorme Stimmung“. Er ist der Meinung, dass man sich die Gefahren nicht immer vor Augen führen sollte. Die Sicherheitsmaßnahmen sind für ihn ein „Stimmungstöter“.
Als Hase besucht Corri Seiffert aus Hochdorf-Assenheim den Umzug zum ersten Mal. „Ich bin mehr als zufrieden, die Wagen sind sehr gut gestaltet und die Musik lädt zum Mithüpfen ein.“ Wenn man wegen der Geschehnisse in Volkmarsen nicht auf den Umzug geht, „dann haben die gewonnen“. Die Stimmung wollen sie und ihre Freundinnen sich deshalb nicht verderben lassen.
Simone Fackel aus Oftersheim hat sich als Spinne verkleidet. Die 49-jährige freut sich auf die abwechslungsreichen Motivwagen und die „sehr gute Stimmung“.
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