Theater am Puls

Jürgen Ferber im Theater am Puls Schwetzingen: Eindeutig zweideutig

Eine besondere Veranstaltung ging über die Bühne des Theaters am Puls. Der zweideutige Titel „Schönferberei“ führte wie ein roter Faden durch den Abend.

Von 
Maria Herlo
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Jürgen Ferber spürt Dingen des Alltags mit Scharfblick nach und greift gesellschaftliche sowie politische Themen auf. © Dorothea Lenhardt

Schwetzingen. „Manchmal hilft alles nichts, das Leben ist grau./Der Frau fehlt der Mann, und dem Mann fehlt die Frau. (…) Es gibt gute Gründe für das ganze Geplärr,/doch die einzige Schuld hat die Vorsilbe ver-“: vertan, verfahren, verlaufen, versprochen … „Wenn das Leben verfärbt ist, hilft nur Schönferberei …“ – Das war dann auch eindeutig so: Während fast zwei Stunden unterhielt Jürgen Ferber das Publikum mit packenden Songs, doppelbödigen Texten und herzlichem Auftreten. Gleich zu Beginn, als der Liedermacher und Multiinstrumentalist den Song „Schönferberei“ (das „Ferber“ im Wort nutzt er dabei auch in Bezug auf seinen Zunamen) anstimmte, ging ein bewunderndes Raunen durch die vollbesetzten Ränge.

Und es blieb nicht dabei. Für alle seine Interpretationen erntete er begeisterten Applaus. Aber auch Poesie stand auf Ferbers Programm, wobei er deutlich machte, dass ein guter Song ja wie ein Gedicht ist und gute Gedichte einen eigenen Sound haben. Somit bewährte sich Jürgen Ferber an diesem Abend sowohl als Songwriter, Sänger und auch als origineller Poet.

Jürgen Ferber im Theater am Puls: Gedichte aus dem neuen Lyrikband

An Ideen mangelt es ihm wahrlich nicht. Leicht und beschwingt rezitierte er Gedichte aus seinem neuen Lyrikband mit dem aufschlussreichen Titel „Ein bisschen Lüge muss sein“, den er als „besten Gedichtband, den es gibt oder jemals geben wird“, bewarb. Berührend in ihrer Einfachheit wirken die Verse sehr authentisch, manchmal nachdenklich, oft aber witzig und lustig, sodass sie für viel Lacher im Publikum sorgten.

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Mit Scharfblick spürt Ferber den Dingen des Alltags ebenso nach wie den politischen oder gesellschaftlichen Gegebenheiten. Und er weiß genau, was mit einem Gedicht im Kontext der Klänge passiert. Durch die begleitende Musik wirkt es klarer in der Stimmung, sinnlicher, oft neue, unerwartete Horizonte öffnend. Leidenschaftlich gern ist er in der Sprache unterwegs, Begriffe und Redewendungen nimmt er gelegentlich wörtlich, spielt mit ihnen und entlarvt ihre Doppeldeutigkeit. Im Song „Ich mach mir Sorgen“ zum Beispiel fragt er sich: „Wieso mache ich mir Sorgen, habe ich keine?“ Von seinem wachsamen Blick auf die Sprache zeugen auch zahlreiche weitere Gedichte. Die Vieldeutigkeit mancher Begriffe werden in „Fragen über Fragen“ erfassbar: „Wie oft muss Herzrasen gemäht werden?/(…) Ist ein Kampfflugzeug mit einer Pilotin unbemannt? /(…) Sollte Geschirr aus Ton nicht automatisch gut klingen?/Warum ist es so schwer, das Bahnfahren in vollen Zügen zu genießen?/Wenn Katholiken auf eine Demo gehen, sind sie dann Protestanten?“, alles Fragen, die ihn „überfragen“.

Jürgen Ferber im Theater am Puls: Sozialkritik gepaart mit Humor

Oft sind sie von rhythmischen Finessen und dem, was die Sprache an Melodie hergibt, getragen. Und wenn er reimt, dann so, dass aus dem nicht zu eng geschnürten Korsett das Klangliche hervorsticht: „Ich will bedeutungsvolle Blicke tauschen,/will reiten auf geklauten Pferden./Ich will mich hoffnungsvoll an dir berauschen/und niemals wieder nüchtern werden“ („Was ich will“). Auch sozialkritische Töne klingen in manchen seiner Gedichte an wie in „Ist das Kunst?“, vor allem aber in seinen Songs, mit denen er immer wieder das Publikum begeisterte. Das Engagement der Ehrenamtlichen würdigt er im Lied „Eine Frage der Ehre“: „Diese logische, kapitalistische Welt/braucht Menschen, die sich engagieren./Die das Rennen um Macht und Geld/aus freien Stücken verlieren.“

Gelegentlich schlägt er einen leicht melancholischen Ton an wie etwa iim berührenden „Der Fluss des Lebens“. Im Lied „Dann kommt das Leben“ wird die Ehe zum Bild für das Ewigleiche und den Wunsch nach Veränderung. Die kommt dann auch, jedoch mit überraschendem Ergebnis. Dem Song „Ich wollte schon immer mal Johnny Cash begegnen“ liegt eine wahre Geschichte zugrunde, erzählte Ferber. Für ihn als Kind war Johnny Cash ein Idol und sein Vater habe ein Treffen organisiert, als Cash zum Altstadtfest nach Gernsbach gekommen ist. Wie, das ist ihm bis heute ein Rätsel. Songs wie „Fehler“ oder „Pop-Musik“ luden das Publikum zudem zum Mitschwingen und Mitsingen ein.

Während seines gesamten Auftritts hat es Jürgen Ferber verstanden, mit seinen Gedichten und seiner Musik, die wunderbar auf die Texte zugeschnitten ist, für begeisternde Stimmung im Saal zu sorgen und das Publikum mitzureißen.

Freie Autorin

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