Jugendzentrum „Go in“

Jugendzentrum „Go in“ in Schwetzingen: Grabkerzen aus leeren Dosen basteln

Mit Kerzenresten und aus leeren Dosen werden im Schwetzinger Jugendzentrum "Go in" Grabenkerzen gebastelt.

Von 
Laura Kaltschmidt
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Schwetzingen. Grabenkerzen, sie sind eine Erfindung aus dem zerstörten Europa zwischen dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg, die aus traurigem Anlass derzeit wieder an Aktualität gewinnt. Olena Molnar, die selbst aus der Ukraine kommt und seit vielen Jahren in Deutschland lebt, und Karlheinz Seitz aus dem Jugendzentrum „Go in“ in Schwetzingen leiten schon seit dem Kriegsausbruch in der Ukraine vor knapp einem Jahr zahlreiche Hilfsprojekte.

„Es ist großartig: Wenn ich ,Go in‘ sage, wissen alle Ukrainer hier in Schwetzingen, welcher Treffpunkt gemeint ist, weil es seit Tag eins das Zentrum für alle ist“, erklärt Molnar. Was zu Beginn hauptsächlich als Kinderbetreuung, Sprachcafé und Treffpunkt für ukrainische Mütter diente, wird auch nach einem Jahr noch als Zentrum für Hilfe und Unterstützung genutzt. Karlheinz Seitz, Zuständiger für die Jugendarbeit in Schwetzingen, berichtet ebenfalls von vielen erfolgreichen Projekten in Zusammenarbeit mit Olena Molnar: „Die Stadt Schwetzingen unterstützt dieses und ähnliche Projekte mit Freude. Durch die lange und gute Zusammenarbeit mit Frau Molnar war es selbstverständlich, die Räumlichkeiten auch für dieses Projekt zur Verfügung zu stellen.“

Am vergangenen Wochenende bastelten zahlreiche Familien, Frauen und Männer die sogenannten Grabenkerzen im Hof und Keller des Jugendzentrums. „Über 40 Helfer waren insgesamt tätig“, berichtet Molnar. Darunter seien hauptsächlich ukrainische Flüchtlinge gewesen, aber auch deutsche Familien, teilweise mit ukrainischen Wurzeln, seien hilfsbereit gewesen. „Im Vorfeld haben wir das gespendete Material in der Stadtkirche in Schwetzingen gesammelt“, erklärt Molnar.

Vorbereitung von 14 Tagen

Zum Basteln einer Grabenkerze werden neben Karton und einer Blechdose auch Wachsreste, also Paraffin, benötigt. Die tatkräftigen Helfer verteilten sich an verschiedene Stationen und leisteten reibungslose Arbeitsabläufe. In der kleinen Werkstatt wurden die Blechdosen vorbereitet. „Das Tierheim hat uns viele kleine Dosen von Tierfutter gespendet“, erläutert Molnar. Solche kleinen Kerzen brennen etwas länger als eine Stunde und können einfach in die Hosentasche gesteckt werden. Die verschiedenen Kerzengrößen, die Molnar und ihr Team bastelten, brennen zwischen zwei und acht Stunden, sodass auf einigen der Kerzen sogar ein ganzes Abendessen gekocht werden kann. In die einzelnen Dosen wird Karton gedreht und daraus ein Docht gebastelt. In diese Dosen wird dann das flüssige Wachs gegossen.

„Dafür müssen die gespendeten Wachsreste an einer weiteren Station erst mal zerkleinert werden,“ so Molnar. Damit haben zahlreiche Helfer bereits 14 Tage im Vorfeld begonnen. Je kleiner die Wachsstücke, desto schneller schmelzen sie und können in die Dosen umgefüllt werden. Neben diesen Arbeitsprozessen seien im Anschluss viele Putz- und Aufräumarbeiten notwendig, weshalb künftig vermutlich das gespendete Material in die Ukraine geliefert wird. „Dort werden die Kerzen überall gebastelt, allerdings fehlen mittlerweile das Paraffin und die anderen Materialien dafür.“

Am Ende des Tages stehen Hunderte Grabenkerzen in verschiedensten Größen im Hof des Jugendzentrums und sind bereit, abgeholt zu werden. „Der Bus kommt immer zum Ende der Woche und holt die Spenden ab“, erklärt Molnar.

Die Arbeit erfordert Geduld und Konzentration. Es ist bemerkenswert mit welcher Hingabe nicht nur Molnar, sondern jeder einzelne Helfer an diesem Wochenende gearbeitet hat. Die Hilfe beim Basteln vor Ort ebenso wie das Spenden eines kleinen Wachs- und Kartonrestes oder einer alten Blechdose bewirkt in diesen Krisenzeiten unglaublich viel und wird dankbar entgegengenommen.

Zwischen den unvorstellbaren Verlusten, die die Menschen in der nahegelegenen Ukraine gerade erleiden müssen, spendet diese Kerze nicht nur Licht und Wärme, sondern kann Leben retten.

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