Schwetzingen. Seit mehreren Wochen gibt es im Jugendzentrum „Go in“ mit einem Begegnungscafé, Kinderbetreuung und Deutschkursen ein umfangreiches Integrationsangebot für die aus der Ukraine geflohenen Menschen, das in kürzester Zeit auf die Beine gestellt wurde. Bei den Kriegsflüchtlingen handelt es sich zum größten Teil um Mütter mit ihren Kindern, die sich im Juz bei Kaffee, Tee und Snacks untereinander und mit Einheimischen austauschen und vernetzen können, während die Kinder im eigens dafür eingerichteten, großen Bereich spielen – betreut von Ehrenamtlichen. Nun stellte die Stadt, vertreten durch Jugendreferentin Andrea Kroll und Karheinz Seitz vom Juz zusammen mit dem Leiter des Bürgerbüros Andreas Oswald das Angebot bei einem Pressetermin vor.
Das laute Kinderlachen ist schon in der Juz-Cafeteria zu hören. Gleich daneben stehen Tische. Mütter und Ehrenamtliche spielen mit ihren Kindern. Im „Kindergarten“, zu dem der große Sportraum umgestaltet wurde, ist ebenfalls viel los. Dort erwartet die Kleinsten fast ein Spielzeug-Wunderland. Ein riesiger Teddybär und Stoffpferde warten zusammen mit vielen anderen Spielsachen und Spielgeräten geduldig auf sie. Es wird Ball gespielt, ein Ehrenamtlicher malt mit einem Kind. Ein kleiner Junge kommt dazu, der am Steuer eines Kindertretautos sitzt und vielleicht gerade davon träumt, Rennfahrer zu werden.
Der Raum wirkt hell und freundlich. In einem anderen Zimmer sitzen Ukrainerinnen zusammen und tauschen sich aus. Die Atmosphäre wirkt gelassen, die Mütter betont ruhig. Manche stehen hier und da auf und sehen kurz nach ihren Kindern, andersherum ebenso. Auch wenn sie wissen, dass sie hier sicher sind, so bleibt doch die Anspannung, durch das, was sie erlebt haben müssen, durch die Ungewissheit, was nun kommt.
Apps zur Übersetzung helfen
„Die ersten Tage war es noch sehr ruhig. Dann hat es sich herum gesprochen. Seitdem nutzen immer mehr das Angebot“, freut sich Jugendreferentin Andrea Kroll. Die Hilfsbereitschaft der Menschen habe sie geradezu überwältigt. „Wir haben so viele tolle Spielsachen gespendet bekommen, da könnten wir glatt noch mehrere große Räume mit füllen“, berichtet sie. Die Kommunikation sei manchmal eine Herausforderung, sagt ihr Kollege Karlheinz Seitz und ergänzt: „Wenn gar nichts mehr geht, dann eben mit ‚Händen und Füßen‘. Übersetzungsapps helfen, auch wenn manche nicht so genau sind, was dann für Verwirrung sorgen kann.“ Aber viele hätten einen akademischen Bildungsabschluss und könnten auch Englisch. „Inzwischen gibt es sogar zwei Gruppen, in denen Deutsch gelernt wird – an zwei Terminen pro Woche.“
Auf die Frage, ob es auch Gespräche darüber gebe, was die Geflüchteten erlebt haben, antwortet er: „Schwierig, wenn man kein Ukrainisch oder Russisch spricht. Aber wir haben auch ein paar Ehrenamtliche, die diese Sprachen beherrschen. Und wir vom Juz sind keine Psychologen. Aber wir haben unter den Ehrenamtlichen auch eine Therapeutin und eine Psychologiestudentin.“ Sie bekämen zugetragen, dass alle so schnell wie möglich wieder nach Hause wollen. „Und unsere Gäste bemühen sich, etwas zu tun, in der Zeit, in der sie hier sind und informieren sich genau darüber, was sie wo tun und beantragen können.“
Dass viele ihrer kleinen und großen Besucher auch hier noch unter dem Erlebten leiden, würde aber immer wieder deutlich. „Ich habe mit ein paar Kindern draußen Fußball gespielt. Wenn dann am Himmel Flugzeuge auftauchten, die keine Linienflugzeuge waren, bekamen sie Angst und gerieten in Panik. Gleiches mit der Feuerwehr gegenüber. Fährt ein Fahrzeug mit eingeschalteter Sirene los, ist das ziemlich beängstigend für sie, während ein einheimisches Kind nur neugierig wird.“ Damit müssten er und die anderen Juz-Mitarbeiter lernen, umzugehen.
Auch der Ehrenamtliche Stephan Kretzschmar, Erzieher aus Oftersheim, berichtet: „Es gibt Kinder, die spielen heftigste Kriegsszenen nach. Auch wenn bei den Kleinsten Unbeschwertheit schneller wieder möglich ist, müssen wir stets ernst nehmen, was sie uns signalisieren und versuchen, ihnen Sicherheit und Vertrauen zu geben.“
130 Menschen gemeldet
Andreas Oswald teilte mit: „Rund 130 ukrainische Flüchtlinge sind derzeit in Schwetzingen gemeldet, unabhängig von den Menschen in der Turnhalle, um die sich noch der Landkreis kümmert. Sie sind teilweise privat untergebracht, bei Freunden oder Verwandten, haben teils schon Mietverträge.“ Die Mieten würden vom Landkreis getragen. Schwierig sei allerdings, dass ab dem 1. Juni nicht mehr der Kreis, sondern dass Job-Center für die Leistungen zuständig sei. „Die Stadt erstellt gerade ein Anschreiben in ukrainischer Sprache mit den wichtigsten Informationen“, berichtet er. Die Gemeinde habe auch schon selbst vier Wohnungen angemietet.
Die größte Herausforderung sei nun, genügend Kindergartenplätze zur Verfügung zu stellen. „Aber was die Schule angeht, läuft es“, so der Leiter des Bürgerbüros Oswald, der hinzufügte: „So wie es aussieht, werden die Geflüchteten in der Turnhalle, die noch nicht in eine Anschlussunterbringung vermittelt werden konnten, auch in Schwetzingen angemeldet.“
Jugendreferentin Andrea Kroll freue sich, dass die Angebote im Juz so schnell eingerichtet werden konnten und ergänzte: „Die Dankbarkeit ist sehr groß. Und sie wollen sich beteiligen, so wie beim ,Tag der offenen Tür’ im Jugendzentrum am Freitag, 20. Mai, ab 16 Uhr.“ Da kochen sie nämlich ukrainische Spezialitäten.
Info: Die Kinderbetreuung für ukrainische Kinder bis sechs Jahren im „Go in“ in der Kolpingstraße 2 findet von Montag bis Freitag von 9 bis 11 Uhr statt, das Begegnungscafé bis 14 Uhr.
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