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KfW-Förderung: Nachhaltige Schädigung des Vertrauens befürchtet

Die Bundestagsabgeordneten Olav Gutting und Dr. Jens Brandenburg sowie die Landtagsabgeordneten Daniel Born, Dr. Andre Baumann und Andreas Sturm beziehen Stellung zur KfW-Förderung.

Von 
Lukas Heylmann
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Für Neubauten ist die Beantragung einer KfW-Förderung bis auf Weiteres nicht möglich. Die Bearbeitung der bis Ende Januar eingegangenen Anträge kann ebenfalls noch lange dauern. Förderfähige Anträge sollen aber laut Bund bewilligt werden.  © Julian Stratenschulte

Region. In Sachen Bauförderung hat es kürzlich viel Verwirrung gegeben. Eigentlich hätten noch bis zum 31. Januar Anträge von Bauherren an die Förderbank KfW möglich sein sollen, bei denen es um den Bau klimaeffizienter Häuser gegangen wäre. Plötzlich wurde die Frist aber nicht nur um eine Woche vorgezogen, sondern es hieß von der Bundesregierung auch, dass es nicht möglich sein werde, alle bis dahin eingereichten Anträge zu bearbeiten. Das hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) inzwischen zurückgezogen. Förderfähige Anträge sollen genehmigt werden.

In Zukunft sollen jedoch Neubauten nur noch mit KfW-Fördergeld unterstützt werden, wenn sie mindestens den Energiehausstandard KfW 40 erfüllen – und ab wann das wieder möglich ist, sei zurzeit sogar noch unklar. Bei Sanierungen soll es auch dann noch Geld geben, wenn sie den schwächeren Standard KfW 55 schaffen. Der Standard KfW 40 bedeutet, dass eine Immobilie nur 40 Prozent der Energie verbraucht, die ein definiertes Referenzhaus benötigt, analog sind es beim anderen Standard 55 Prozent.

Diese Förderungen sind im Land immer noch möglich

Nach dem teilweisen KfW-Förderstopp gibt es für Privatpersonen in Baden-Württemberg laut der Förderdatenbank des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz noch drei mögliche Förderungen in Sachen energieeffizientes Bauen und Sanieren.

Zunächst gibt es die Bundesförderung für effiziente Gebäude des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle. Dieses ist bei Sanierungen anwendbar. Wer in ein Bestandsgebäude investiert und dessen energetisches Niveau verbessern möchte, kann einen Zuschuss erhalten. Dabei geht es allerdings nur um Einzelmaßnahmen, wie beispielsweise Austausch von Ölheizungen oder eine Dämmung der Gebäudehülle.

Das Land Baden-Württemberg fördert die Schaffung von Sozialwohnraum. Gefördert wird hier der Neubau oder Ersatzneubau neuen Mietwohnraums, allerdings kann es zum Beispiel für die energetische Sanierung eine Zusatzförderung geben. Voraussetzungen sind hier die Einhaltung festgelegter Wohnungsgrößen und Mietpreise.

Auch die KfW-Bank bietet immer noch eine passende Förderung an und zwar für Brennstoffzellenheizgeräte in Gebäuden. Wer eine solche in ein neues oder bestehendes Gebäude einbaut, kann eine Förderung von bis zu 34 300 Euro erhalten.

Genauere Informationen zu den genannten Programmen gibt es unter www.foerderdatenbank.de. lh

Auf das Thema explizit und schnell aufmerksam gemacht hatte der Haus & Grund Verein der Region Schwetzingen-Hockenheim vor gut einer Woche. Diese Zeitung hat daraufhin den Bundestagsabgeordneten Olav Gutting (CDU) und Dr. Jens Brandenburg (FDP) sowie die Landtagsabgeordneten Daniel Born (SPD), Dr. Andre Baumann (Grüne) und Andreas Sturm (CDU) einige Fragen zu den rapiden Entwicklungen um die Förderung sowie zu weiteren Möglichkeiten für interessierte und betroffene Bauherren gestellt.

Was halten Sie davon, dass es zwischenzeitlich hieß, nicht alle eingegangenen Förderanträge würden geprüft werden?

Dr. Andre Baumann: Der Antragsstopp kam überraschend für alle, die noch einen Antrag stellen wollten. Klimaschutzminister Habeck hat erfreulicherweise mit anderen Ministerien einen Weg gefunden, dass die 24 000 Anträge, die bis zum 24. Januar gestellt worden sind, nun doch ganz normal bearbeitet werden. Insofern ist die Frage überholt. Die eigentliche Frage ist: Warum musste reagiert werden? Die Ampelkoalition musste Fehler der alten Bundesregierung ausbügeln. Der Energiehaus-Standard 55 (EH55) ist bei neuen Häusern mittlerweile Standard und hätte gar nicht mehr gefördert werden sollen. Förderungen sind größtenteils Mitnahmeeffekte. Gelder hätten eher in die Sanierung von Altbauten oder in noch energiesparsamere Neubauten der Standards EH40 beziehungsweise EH40plus fließen sollen. Durch eine Ankündigung der früheren Bundesregierung im November 2021, dass die Förderung Ende Januar 2022 ausläuft, sind von November 2021 bis Mitte Januar 2022 bei der KfW Anträge in Höhe von mehr als 20 Milliarden Euro Fördervolumen eingegangen. Sprich: 20 Milliarden Euro Steuergelder für einen Standard, der sich am Markt schon durchgesetzt hat. Das Geld fehlt an anderer Stelle: beim Klimaschutz, bei aufwendigen Sanierungen von Altbauten oder beim Bau noch sparsamerer Neubauten.

Daniel Born: Das Eigenheim ist die wichtigste finanzielle Entscheidung im Leben. Es ist gut, dass die SPD-geführte Bundesregierung Familien bei diesem Traum unterstützt und dies gleichzeitig mit den Klimazielen verbindet. Denn ohne Wohn- und Energiewende schaffen wir die Klimaziele nicht. Dabei ist Zuverlässigkeit ganz entscheidend. Darum muss man schon sagen, dass in Fragen professioneller Arbeitsweise bei Minister Robert Habeck noch deutlich Luft nach oben ist.

Dr. Jens Brandenburg: Die alte Bundesregierung hatte im November kurzfristig und ohne Folgeregelung das Ende der Förderung beschlossen. Das war nicht durchdacht und im Ergebnis verheerend. Die Folge war eine Antragsflut, für die nicht ansatzweise ausreichende Mittel zur Verfügung standen. Peter Altmaier (CDU) hat fahrlässig große Erwartungen geschürt, aber der neuen Bundesregierung eine etliche Milliarden schwere Finanzierungslücke hinterlassen. Das war unverantwortlich. Mit dem Antragsstopp haben KfW und Wirtschaftsministerium kurzfristig die Notbremse gezogen. Das war schmerzhaft, aber angesichts der völlig aus dem Ruder laufenden Kosten leider unvermeidbar. Ein seriös durchfinanziertes Folgeprogramm ist in Vorbereitung und die bis zum 24. Januar gestellten Anträge werden nun doch noch bearbeitet.

Olav Gutting: Das Vertrauen zehntausender Antragstellerinnen und Antragsteller wurde mit dieser Ankündigung beziehungsweise diesem Vorgehen der Bundesregierung nachhaltig beschädigt. Der Unmut der Betroffenen ist absolut verständlich! Durch das Kommunikationsdesaster von Robert Habecks Ministerium wurden Antragsteller über eine Woche im Unklaren gelassen, ob ihre förderfähigen Altanträge, die bis zum Antragsstopp 24. Januar eingegangen sind, genehmigt werden. Dabei handelt es sich um rund 24 000 Anträge. Die von der Regierung nun verkündete „gute und rechtssichere Lösung“ für alle Betroffenen kann ich nicht erkennen.

Andreas Sturm: Diese Ankündigung hat ein großes Chaos verursacht und war ein riesiger Fehler. Das energieeffiziente Bauen ist ein wichtiger Baustein der Energiewende. Zwar werden die Anträge nun doch noch berücksichtigt, aber diese Unklarheiten und kurzfristigen Positionswechsel waren unnötig und führten zu einem Vertrauensverlust. Ziel ist es doch, jungen Familien ein Eigenheim zu ermöglichen und Wohnraum zu schaffen – und das insbesondere umweltschonend. Dazu passte das angekündigte Aussetzen der KfW-Förderung nicht.

Was ist Ihre Meinung dazu, dass Anträge für KfW-55-Neubauten nicht mehr möglich sein sollen?

Baumann: Im Einzelfall ist dies sicherlich bedauerlich. Aber nochmals: Den Ausgangsfehler hat die vorherige Bundesregierung gemacht. Der EH55-Standard ist längst im Neubaumarkt Standard, technisch gibt es viel bessere Effizienzklassen, deren Förderung ökologisch sinnvoller wäre. Stattdessen wurde der bestehende Marktstandard noch zu lange zusätzlich gefördert, die Vorgängerregierung ist die Änderung der Förderlandschaft viel zu spät angegangen. Dies hatte zur Folge, dass im Jahr 2021 Fördermittel in Höhe von sechs Milliarden Euro – und damit rund ein Drittel der 2021 insgesamt für die Gebäudeeffizienzförderung verfügbaren Mittel – für einen bereits gängigen Baustandard verausgabt wurden. Wir müssen nicht nur mit der Energie effizient umgehen, sondern auch mit dem Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler: Jeder Euro kann auch für den Klimaschutz nur einmal ausgegeben werden. Daher sollten zukünftig in erster Linie energetisch höherwertige Gebäude gefördert werden.

Born: Man muss natürlich sagen, dass der Standard KfW 55 für Neubauten nicht der Standard ist, mit dem wir den Wunsch nach Eigenheim und die Energiewende zusammenbringen. Deshalb braucht es einen Schritt nach vorn. Und die SPD-geführte Bundesregierung wird ein zukunftsfestes Förderprogramm auflegen, damit die Bauwilligen auch an diesem Fortschritt teilhaben können. Ich finde es richtig und wichtig, dass alle bis zur Deadline eingegangenen Anträge bearbeitet werden – auch die für den KfW-55-Standard. Das schafft Rechtssicherheit in einer Situation, die viele Menschen vor den Kopf gestoßen hat. Die KfW-Förderung ist ein ganz zentraler Baustein, um mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und um das zu erreichen, was die SPD im Koalitionsvertrag verankert hat: den Bau von 400 000 Wohnungen jährlich. Mittelfristig notwendige Anpassungen der KfW-Förderung müssen wir so gestalten, dass auch in Übergangsphasen keine Verunsicherungen bei den Menschen entstehen und bezahlbares Wohnen und Klimaschutz miteinander in Einklang stehen.

Brandenburg: Es war längst bekannt, dass die EH55-Neubauförderung mittelfristig auslaufen muss. Es gab zahlreiche Mitnahmeeffekte und ökologisch fragwürdige Anreize. Denn der Baustandard ist längst etabliert, also keine ökologische Besonderheit mehr. Im Koalitionsvertrag haben wir uns auf ein neues Fördersystem geeinigt, das sich technologieoffen an der eingesparten Menge CO2 orientiert. Das soll bisherige Förderprogramme, einschließlich der Förderung nach Effizienzhausstufe, ersetzen.

Gutting: Schaffung von neuem und bezahlbarem Wohnraum sowie Eigentumsbildung für möglichst viele Menschen gehören ganz oben auf die Agenda staatlichen Handelns. Wir brauchen mehr Wohnraum, mehr Eigentum und mehr Klimaschutz, auch durch Förderprogramme wie das für KfW-55-Neubauten. Deshalb hat die CDU/CSU-Fraktion Ende Januar einen Antrag gestellt, mit dem wir die Bundesregierung unter anderem auffordern, den vollständigen Förderstopp für energieeffiziente Gebäude und Bestandssanierungen mit sofortiger Wirkung rückgängig zu machen. Außerdem soll sie ein umfassendes Programm für klimaeffizientes Bauen auflegen, das Anreize und Ambition verbindet. Mit dem Versprechen, dass für Neubauten nach dem KfW-EH40-Standard und Bestandssanierungen demnächst wieder Förderanträge zu modifizierten Bedingungen und mit stark limitierten Fördermitteln gestellt werden können, bleibt die Ampel auf halbem Wege stehen. Mit der Streichung des KfW-55-Programms regiert der grüne „Klimaminister“ nach Gutsherrenart.

Sturm: Das ist für mich nicht nachvollziehbar. Wir wollen keine Kernenergie, kein russisches Gas und keine Kohle, dann sollten wir doch die Bereiche fördern, auf die wir Einfluss haben. Dazu gehören der Ausbau der regenerativen Energien und auch das energieeffiziente Bauen. Mit den KfW-geförderten Neubauten sparen private Häuslebauer jedes Jahr Geld und die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern mindert sich. Wohnen muss bezahlbar und umweltfreundlich sein, dazu sind die KfW-Neubauten zentraler Bestandteil.

Wie stehen Sie dazu, dass die Frist für die Einreichung der Anträge plötzlich um eine Woche vorverlegt wurde?

Baumann: Der abrupte Förderstopp durch die KfW war unglücklich, aber richtig. Ein Bundesministerium kann zudem bei einem überzeichneten Förderprogramm nicht ohne Genehmigung des Parlaments zusätzliche Fördergelder bewilligen. Das wäre rechtswidrig gewesen. Der frühere Minister Altmaier hat seinem Nachfolger Habeck ein dickes, milliardenschweres Ei ins Nest gelegt.

Born: Da hat Herr Habeck mit seiner „Locker vom Hocker“-Mentalität viel Verunsicherung geschaffen. Als wohnungspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion erreichen mich dazu Anfragen von verzweifelten Familien aus dem Wahlkreis und dem ganzen Land. Ich kann ihre Verärgerung gut nachvollziehen. Beim Eigenheimbau wird mit jedem Euro – also auch mit Förderprogrammen – gerechnet. Die Bundesregierung hat klugerweise rasch wieder Ordnung geschaffen. Gut, dass nun zumindest alle Anträge, die bis zum 24. Januar eingegangen sind, bearbeitet werden.

Brandenburg: Bis ein neues Fördersystem aufgelegt ist, braucht es Planungssicherheit. Daher hat die Bundesregierung rasch Abhilfe geschaffen: Alle bis zur vorgezogenen Frist eingegangenen Anträge werden nach dem üblichen Verfahren der KfW abgearbeitet. Dafür werden nochmals 5 Milliarden Euro für bis zu 285 000 Wohnungen mobilisiert. Mit einem seriös durchfinanzierten Folgeprogramm wollen wir all denen eine Perspektive bieten, die auch künftig in ökologisches Bauen investieren.

Gutting: Aus meiner Sicht ist der sofortige und vollständige Programmstopp für energieeffiziente Neubauten das falsche Signal für Klimaschutz und Planungssicherheit. Viele Häuslebauer und Unternehmen hatten sich darauf verlassen, auf Grundlage der geltenden Förderbedingungen bis zum 31. Januar 2022 Anträge einreichen zu können und wurden nun von der Ampelregierung „abgewatscht“! Und besonders dreist ist es von der neuen Regierung, diesen Blitzförderstopp der Vorgängerregierung in die Schuhe schieben zu wollen. Da gilt der Grundsatz: Wer immer nur in den Rückspiegel schaut, fährt gegen die Wand!

Sturm: Das hat mit einer verlässlichen Politik nichts zu tun. Die Antragsteller durften darauf vertrauen, dass sie bis zum 31. Januar fristgerecht ihre jeweiligen Anträge einreichen konnten. Der plötzliche Antragsstopp durch die Bundesregierung hinterlässt einen großen Vertrauensschaden.

Können Sie andre Tipps für Förderungen für Menschen geben, die gerne selbst bauen wollen – insbesondere in Sachen Energieeffizienz und Umweltschutz?

Baumann: Natürlich! Die Förderlandschaft ist riesig. Es gibt eine Vielzahl von Förderungsmöglichkeiten durch den Bund, aber auch durch das Land. Ich kann jedem nur empfehlen, sich damit zu beschäftigen. Nicht nur aus ökologischen, sondern gerade auch aus ökonomischen Gründen. Nach dem Motto: mit grünen Ideen schwarze Zahlen schreiben. Sei es eine Fotovoltaikanlage auf dem Dach, eine Wärmepumpe im Keller oder eine Wallbox für das E-Auto – für all das gibt es Fördermöglichkeiten. Mein Tipp: Gehen Sie auf die Homepage der regionalen Energieagentur Rhein-Neckar unter www.energieagentur-rheinneckar.de. Hier findet sich eine Vielzahl von Infos.

Born: Die Landesregierung erhält viele Millionen vom Bund für Wohnungsbau und nutzt dieses Geld folgerichtig für Förderprogramme wie zum Beispiel die Förderung von selbst genutztem Wohnraum im Rahmen des Landeswohnraumförderprogramms. Es ist zu beachten, dass es hier sehr enge Einkommensgrenzen gibt. Bei energetischer Optimierung ist eine zusätzliche Förderung möglich.

Brandenburg: Darüber hinaus gibt es weitere Förderungen für die energetische Sanierung in Bestandsimmobilien, die beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) angesiedelt sind. Auf deren Website www.bafa.de gibt es Anreize für den Tausch der Heizung, für neue Fenster oder Ähnliches

Gutting: Auf der Website der Förderdatenbank des Bundes wird umfassend über Förderprogramme von EU, Bund und Ländern informiert. Über die Suchfunktion werden zum Beispiel die Programme der KfW, der L-Bank Baden-Württemberg oder der BAFA – Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) – angezeigt. Gerade die L-Bank bietet viele Förderungen für energieeffizientes oder ökologisches Bauen oder Kaufen.

Sturm: Ja, beispielsweise die „Bundesförderung für effiziente Gebäude – energiesparendes Wohngebäude (BEG WG Förderung), Förderung für energieeffizientes Sanieren, Förderungen für PV-Anlagen und PV-Speicher (Photovoltaik) oder auch das interessante Förderprogramm „Ladestationen für Elektroautos“ an Wohngebäuden.

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