Schwetzingen. „Frieden!“ „Stoppt den Krieg!“ Im Hirschacker waren am frühen Dienstagmorgen laute Kinderstimmen zu hören. Die Hirschacker-Grundschule hatte einen Friedensmarsch organisiert, dem sich auch die zukünftigen Schulanfänger des evangelischen Kindergartens der Bonhoeffergemeinde und des katholischen Kindergartens St. Josef anschlossen.
Auftakt für den Friedensweg war in der Aula der Schule. Dort lagen bunte Plakate und Transparente bereit, die von den Kindern im Unterricht gestaltet worden waren. „Freiheit will man und keinen Krieg“ und „Wieso hat die Welt eigentlich Waffen gebaut?“, stand darauf. Der Spruch „Der Friede beginnt im eigenen Haus“, ein Zitat des Philosophen Karl Jaspers, war auch zu lesen. Auf einem weißen Laken prangte ein großes Peace-Zeichen.
Schwetzingen: Schüler bilden bei der Friedens-Demo das Orga-Team
Schulleiterin Christine Winkler-Knieriem war mächtig stolz auf ihre Schülerschar. „Die Partizipation von Kindern ist wichtig. Das hat mit Demokratie zu tun. So können sie früh lernen, wenn ich die Initiative ergreife, kann ich was bewegen“, meinte die Rektorin. Überhaupt hätten die Grundschüler alles selbst organisiert, bestätigten Isabel (8) und Leonard (10) vom zehnköpfigen Organisationsteam. Reden schreiben, Lieder auswählen, den Demonstrationszug beim Ordnungsamt anmelden, die Polizei über die Aktion informieren – an alles hatten sie gedacht.
Der evangelische Pfarrer Steffen Groß hatte mit den Kids einige Lieder einstudiert und begleitete sie am Klavier. Gemeindereferentin Isabel Hawranke von der katholischen Seelsorgeeinheit sang mit den Kindern. „Trommle, mein Herz, für das Leben“ war ebenso zu hören wie „Hevenu Shalom Alechem“ („Wir wollen Frieden für alle“).
Marlene begrüßte OB-Stellvertreterin Elfriede Fackel-Kretz-Keller, die sich über die besondere Aktion der Grundschüler riesig freute. „Frieden ist ein hohes Gut. Es gibt viele Kinder in eurem Alter, die nicht zur Schule gehen können, weil in ihrem Land Krieg herrscht. Sie sind bedroht von Hunger und Armut. Wie schnell man vom Krieg bedroht sein kann, sehen wir jeden Tag im Fernsehen. Die Ukraine wurde vom Nachbarland Russland angegriffen. Mütter mit Kindern mussten in andere Länder fliehen.
Die Papas mussten im Land bleiben und kämpfen“, sagte sie zu den Kindern, die ihr aufmerksam lauschten. Die Gemeinderätin, sie ist auch Kirchengemeinderätin, lobte die Schüler: „Wir brauchen viel mehr Erwachsene und Kinder wie euch, die sich für den Frieden einsetzen. Vielleicht würde dann unser Traum vom Frieden auf der Welt wahr. Ihr habt meinen vollen Respekt für euren heutigen Friedensweg.“ Fackel-Kretz-Keller erinnerte an den Grönemeyer-Song „Gebt den Kindern das Kommando, die Welt gehört in Kinderhände“ und bekräftigte: „Ich bin mir sicher, wenn ihr Schüler die Welt regieren würdet, hätten wir Frieden.“
Wie Fremde zu Freunden werden, das zeigte ein kleines Theaterstück des Organisationsteams. In „Gelbland“ gibt es Streit. Viele Bewohner flüchten nach „Blauland“. Dort sind sie zunächst willkommen, bleiben aber Fremde. Eine große schwarze Mauer trennt beide. Eines Tages fliegen Seifenblasen über die Mauer. Sie tragen die Wünsche und Träume von „Gelbland“ nach „Blauland“ und umgekehrt. So können aus Fremden Freunde werden. Die Mauer wird schließlich abgetragen.
Pfarrer Steffen Groß dankte allen Kindern: „Wir sind eine bunte Truppe und haben alle eines gemeinsam: den Wunsch nach Frieden. Frieden ist die Anwesenheit von Gott, er ist jetzt dabei und segnet uns.“ Ann-Sophie leitete zu einer Schweigeminute über. Nach den Fürbitten für Frieden, Liebe und Gelassenheit und dafür, dass sich alle Menschen vertragen, kam das Lied, auf das alle gewartet hatten. „Wir ziehen in den Frieden“ von Udo Lindenberg ging unter die Haut. Der Song, von den vielen tollen Stimmen der Grundschüler getragen, berührte. Una, Ann-Sophie und Marlene sangen die Soloparts. „Komm wir ziehen in den Frieden. Wir sind mehr als du glaubst. Wir sind schlafende Riesen. Aber jetzt stehen wir auf“, bekam jede Menge Applaus.
Schwetzingen: Polizei begleitet Demo der Hirschacker-Grundschule für Frieden
Dann zogen die Kinder los. Vom Akazienweg führte die Strecke über den Kastanienweg und den Ahornweg zum Marktplatz. Dort kamen die künftigen Grundschüler aus den Kindergärten dazu. Ein Streifenwagen der Polizei fuhr voraus. Ordnungsamtsleiter Pascal Seidel begleitete den Demonstrationszug zu Fuß. Friedenstauben aus Papier wurden hochgehalten, die Kinder winkten mit weißen Tüchern. Viele Anwohner grüßten zurück. Ein Wassersprühnebel im Reinhardtweg sorgte für Abkühlung. Im Ulmenweg wartete an einer Station kühler Saft auf die jungen Friedensmahner. Die Polizisten wurden an der Schule mit Applaus verabschiedet.
Als der Zug wieder zurück war, wurden die Plakate niedergelegt. Pfarrer Groß fragte, ob jemand John Lennon kennen würde. Und ob, viele Kinder wussten, wer der unermüdliche Kämpfer für den Frieden war. Als die Kleinen sein „Give Peace a Chance“ erklingen ließen, war so der nächste Gänsehautmoment da. Iva und ihre Kameradinnen verabschiedeten die Gäste und dankten allen, die auf dem Friedensweg dabei gewesen waren: „Wir wünschen uns Frieden auf der Welt.“ Pfarrer Groß setzte sich noch mal ans Klavier. Der Lindenberg-Song „Komm wir ziehen in den Frieden“ war ein letztes Mal weithin im Hirschacker zu hören.
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