"Jubel, Trubel, Heiterkeit - diese drei Dinge braucht es in der Narrenzeit", reimte der Ehrenpräsident der Schwetzinger Carneval-Gesellschaft (SCG), Dr. Hans-Joachim Förster. Er sitzt im cremefarbenen Jackett mit einer blau-weißen Elferratsmütze bereits seit 33 Jahren bei den Prunksitzungen der SCG auf der Bühne und führt reimend durch den Abend. "Doch nach diesem Jahr ist damit Schluss", versicherte der Ehrenpräsident. Zum Abschluss gab's für ihn und die 500 närrischen Gäste im Lutherhaus noch einmal eine Saalfastnacht vom Allerfeinsten.
Fünf Stunden lang hatten die Miesmacher, es sei denn sie waren in der Bütt, keine Chance beim Narrenvolk. Egal ob beim Lachen, Kreischen, Klatschen und Schunkeln auf die Evergreens des musikalischen Begleiters Jan Nemec, die Muskeln der Schwetzinger wurden an diesem Abend gehörig strapaziert.
Andächtiges Schweigen
Nur als Jennifer Tompkins und Ernst Voigt mit ihrem pompösen Kleidern und dem schwarzen Umhang mit blitzsauberen doppelten Überschlägen und extravaganten Tanz- und Hebefiguren zu Liedern aus dem Musical "Elisabeth" über die Bühne schwebten, herrschte für einen Moment andächtiges Schweigen. Dann brach tosender Applaus über das Tanzpaar herein. Dass der SCG über jede Menge tänzerischen Nachwuchs verfügt, zeigte sich bei vielfältigen Show- und Gardetanzdarbietungen. Anfangen von den Minis, die schon in jungen Jahren in der blau-weißen Uniform den "Russenkreisel" und Spagat beherrschen, bis hin zum aktiven Tanzpaar Kassandra Volkmann und Timo Ruppert lieferten die Tänzer temperamentvolle Choreografien ab.
"In Schwetzingen gibt es nur noch den Schlossplatz", schimpfte Marianne Grönert. Die patente "Putzfrau vom Rathaus" stand mit weißem Häubchen, einer rosa Schütze in der Bütt und wirbelte ungeniert den Staub des letzten Jahres auf, indem sie sich mit den wichtigsten politischen Themen der Spargelstadt auseinandersetzte. "Der Schlossplatz wird sogar mit der Zahnbürste gekehrt, während sonst nirgendwo die Kehrmaschine fährt", legte die "Putzfraa vum Rothaus" nach. Weder beim sensiblen Thema Weltkulturerbe, noch bei dem Weihnachtsmarkt, auf dem sie sich wegen der vielen Bratwürstchen vorkam wie auf der Schinkenstraße in Mallorca, nahm sie ein Blatt vor den Mund und macht auch vor dem Turner am Kreisel nicht halt: "Am besten ist, man hängt den Turner an den Trimm-Dich-Pfad, damit die Sportler wegrennen." Auch Pfarrer Thomas Müller hatte als Zeitungsbote eine Idee für die kleine Figur am Kreisel: "Wir sollten ihn umdrehen, dann kann er schauen, ob der 713er Bus pünktlich kommt."
Hacke, Spitze eins zwei drei, hieß es danach wieder. Nun wirbelte die gemischte Garde bei ihren Schautänzen wirkungsvoll gekleidet über die Bühne. Dabei nahmen Tanzmariechen Sabrina Meyer in ihrer Showtanzdarbietung die Castingshow "Das Supertalent" und Denise sowie Sebastian Gouin ein Geigenspiel mit akrobatischer Finesse gekonnt aufs Korn.
Das Trio Jukebox mit Verena Bittner, Jürgen Abel und Bettina Beste ergänzte das Programm um eine originelle Reise mit pfiffigen Figuren durch Europa. Der Protokoller, besser bekannt als Katastrophenprinz, Franz Barth, stellte fest, dass in der Politik ja beim "Schoppenkönig Kurt" so einiges passiert sei. Bauchredner Andreas Knecht musste sich von seinem kleinen vorwitzigen schwarzen Vogel gehörig auf der Nase herumtanzen lassen. Dieses Problem kennen auch "Boxer und Michel" alias Eckart Güttler und Michael Luksch von den Rohrhöfer Göggeln nur zu gut. Sie ärgerten sich allerdings vornehmlich über ihre Frauen oder gegenseitig.
Gardetrainer als Prinzessin
Um dem Präsidenten bei seiner letzten Sitzungsleitung Tribut zu zollen, schlüpfte Gardetrainer Ernst Voigt in einem weißen Prinzessinnenkleid samt blauer Perücke und machte sich in der Bütt auf die Suche nach seinem Prinzen. Die Besucher waren begeistert. "Der Abend war kurzweilig und unterhaltsam", fand etwa Jutta Schubert. Zum Schluss versicherte Ehrenpräsident Hans-Joachim Förster, auch im nächsten Jahr die schützende Hand über die Prunksitzungen zu halten. Nur leiten wird er sie nicht mehr.
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