Das Treffen mit Professor Josef Walch findet draußen statt, an der frischen Luft auf einem kleinen Grünstreifen vor dem Rothacker’schen Haus. Er bringt zwei bunte Papphocker mit, die hat er zuvor in einer Ausstellung mitgenommen. Er wirkt zufrieden und gut gelaunt – eigentlich wie immer.
Grund dafür gibt es wahrlich: Wie in vielen anderen Regionen schnitten die Grünen auch in Schwetzingen überdurchschnittlich gut ab. Zwei Sitze mehr bekamen die Schwetzinger Grünen, einen davon hat nun der Künstler und Kunsthistoriker Josef Walch inne, der im wahrsten Sinne ein bunter Hund in der Spargelstadt ist. Aktuell reihen sich mehrere Kunstwerke in die Stadt ein, beispielsweise gemeinsam mit Schülern konzipierte Werke zur „Farbe Blau“.
Denkmal vielfältig nutzen
Die Fläche rund ums Rothacker’sche Haus sieht Josef Walch als idealen Treffpunkt für ein Gespräch: „Hier wird sich in den nächsten Jahren einiges tun“, sagt er und spricht auf den noch jungen Beschluss, das Haus sowie die freie Fläche dahinter, zwischen Parkplatz und Invalidengasse, komplett umzugestalten. „Über dieses Projekt diskutiert man seit den 1970er-Jahren, weil da bereits klar war, dass dieses wichtige Denkmal erhalten aber vielfältiger genutzt werden muss. Ich bin sehr froh, dass es jetzt losgeht und ich auch eigene Ideen miteinbringen kann“, betont der neue Rat.
„Neben dem Schlossplatz wird das ein unheimlich interessantes Zentrum werden, im Haus selbst soll ein Spargelmuseum entstehen.“ Das entspreche voll und ganz seinen politischen Kernkompetenzen in Kultur und Kunst. Als ehemaliger Kunstprofessor, der auch im Ruhestand zahlreiche Ausstellungen konzipiert und kuratiert, hat er ein besonderes Interesse an einer neuen, künstlerischen Ausstrahlung des Hauses. Als frisch gewählter Gemeinderat der Grünen liegt sein Augenmerk darüber hinaus auf der Umwelt: „Das neue Gebäude muss sich zu den wunderschönen Bäumen hier öffnen“, sagt er und blickt nach oben.
Seiner Meinung nach investiere die Stadt bisher zu wenig in kulturelle Bereiche, auch aus dem Capitol könne ein kleineres Kulturzentrum werden. Als Teil der Schwetzinger Künstlerinitiative erfährt er zudem aus erster Hand, dass es an Ausstellungsräumen und Ateliers mangelt. „Schwetzingen sollte für junge Künstler der Region attraktiver werden“, findet er. Genauer gesagt solle die Kunst schon für die Jüngsten Teil des Alltags werden: „In Deutschland liegt die künstlerische Erziehung im Argen, es mangelt an Räumen und materieller Ausstattung“, sagt er. „Mir ist die Kommunikation mit Kindern und Jugendlichen sehr wichtig, ich habe auch viele Ausstellungen an Schulen und Kindergärten“, sagt der frühere Lehrer für Bildende Kunst am Hebel-Gymnasium. „Ich will mich dafür einsetzen, dass Kunst für die junge Generation interessanter wird, dass sie im Kunstunterricht besser arbeiten kann.“
Die Kommunikation mit Schülern sucht Josef Walch auch in Bezug auf die weltweite Bewegung „Fridays for Future“, bei der Schüler für mehr Klimaschutz auf die Straße gehen. „Klimaschutz beginnt in der Kommune,“ betont er. Auch in Schwetzingen war Anfang Juni erstmals eine Schüler-Demo – und Josef Walch fand dort den Dialog: „Ich möchte den Schülern vermitteln, dass ich gut finde, welche Botschaft sie öffentlich machen – aber, dass es eben auch Forderungen an sie gibt: Welche Beiträge leisten sie selbst? Und was können sie auch anderen Generationen weitergeben?“
Walch steht Hoffnung ins Gesicht geschrieben, Hoffnung, diese Bewegung könne ähnliche Einflüsse auf zukünftige Generationen haben wie die 68er-Bewegung, durch die er selbst politisiert wurde. „Diese Zeit hat mich geprägt, schon als Student habe ich mich für Umweltpolitik eingesetzt.“ Insgesamt ist Walch in der Politik kein Neuling, sondern nach 25 Jahren in die Kommunalpolitik zurückgekehrt: „Ich war acht Jahre im Reilinger Gemeinderat und fünf Jahre Mitglied des Kreistages.“
Er sei also gut bewandert mit der Materie, findet er, darüber hinaus könne er Erfahrung an seine jüngeren Kollegen weitergeben. Durch den Kultursprecher des Landtags, Manfred Kern, entstand der Kontakt zu den Grünen: „Die Entscheidung, zu kandidieren, war eine kurzfristige. Ich bin durch meine langjährige Kulturarbeit in Schwetzingen ja kein unbekanntes Gesicht, aber ich will nicht behaupten, ich hätte mit meiner Wahl gerechnet.“ Nachdem er in den Gemeinderat gewählt wurde, fuhr Josef Walch erstmal in Urlaub nach Venedig: „Ich brauchte den Abstand, nur so kann man noch einen anderen Blick auf die Sache werfen.“
Nun ist er zurück, mit aufgeladenen Batterien und deutlichen Zielen vor Augen: „Mit am wichtigsten ist eine langfristige Kulturentwicklungsplanung für Schwetzingen, damit klar ist, an welchen Orten mit welchen Mitteln nachhaltig etwas getan werden kann.“ Zudem fördere er Kultur für alle, unabhängig von Einkommen oder Herkunft. „Ich stehe zu 100 Prozent hinter dem Satz: Kultur ist der Kitt der Gesellschaft“, unterstreicht er.
Der Umweltschutz hänge mit der Ernährung zusammen: „Ich beobachte entsetzt die Ernährung an Schulen und Kindergärten. Ich möchte mich intensiv um Programme für Kindergärten kümmern, damit durch Spezialisten spielerisch richtige Ernährung vermittelt wird.“ Für Schulen hat Walch auch schon eine Idee: „Nach dem Modell von Jamie Oliver, der an englischen Schulen mit den kocht, würde ich so ein Projekt gerne hier verwirklichen.“
Im Gespräch mit Josef Walch wird deutlich: Der Mann hat viele Ideen, was mit seinem kreativen Beruf zusammenhängt: „Künstler in der Politik können ein Gegenbild darstellen, das kann sehr gut funktionieren“, sagt er. Und genau das will er in seiner Amtszeit unter Beweis stellen.
Info: Ein Interview ohne Worte unter www.schwetzinger-zeitung.de
Zur Person: Professor Josef Walch
Josef Walch wurde 1946 in Rheinberg im Rheinland geboren. Groß geworden ist er jedoch in Reilingen, seine Schulzeit verbrachte er in Schwetzingen am Hebel-Gymnasium.
1966 absolvierte er das Abitur. Durch den Schwetzinger Maler Bernhard Bäcker wurde er gefördert und stellte mit dessen Hilfe eine Mappe zusammen, durch die er dann an der Karlsruher Akademie der Bildenden Künste aufgenommen wurde. Danach lehrte er zehn Jahre lang als Kunstpädagoge an der Gesamtschule in Weinheim. Von 1983 bis 1993 wechselte er als Kunstlehrer dann zurück an das Hebel-Gymnasium.
Für seine Professur wurde er 1993 an die Kunsthochschule Halle berufen. Seit 2014 befindet sich Walch im Ruhestand. Er kuratiert Ausstellungen und erarbeitet Kunstprojekte mit Kindern und Jugendlichen. oc
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