Brühl/Rohrhof. Brühl. Was für eine klasse Straßenfasnachtsveranstaltung! „Kurz, bündig, schön“ – mit diesen drei Worten fasste Martin Beuchert, Häsbeauftragter der Vereinigung Badisch-Pfälzischer Karnevalvereine, den Nachtumzug der Rohrhöfer Göggel „uff’m Rohrhof“ in Brühl am Samstagabend trefflich zusammen. Insgesamt 46 teilnehmende Gruppen zählte die dritte Auflage – darunter echte Augenweiden in Sachen Masken und Kostümierungen, in der schwäbisch-alemannischen Fasnet Häs genannt.
Was die Prinzessin drunter trägt ...
Allen voran schritten die Lieblichkeiten des Narrenrings mit den Gastgeberinnen Melanie Jasmin I. und Kinderprinzessin Angelina I. an der Spitze, die ihre traumhaften Kleider mit Lichtern versehen hatten. Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt durfte da durchaus die Frage gestattet sein, was die Hoheiten drunter tragen.
„Skiunterwäsche. Und für die Schuhe habe ich Fußpads, die zirka fünf Stunden warm halten“, verriet Melanie Jasmin I. So gut wie sie waren nicht alle der etwa 900 teilnehmenden Hästräger und Guggemusiker gegen die Kälte gerüstet.
Kannibalen mit nackter Haut
Die Kannibalen aus Fürfeld bei Bad Rappenau zum Beispiel liefen mit nackten Beinen durch das herrlich verschneite Brühl. Sie waren das erste Mal hier dabei und begeistert: „Das war sehr schön bei euch“, meinte Häuptling „Gaga“ alias Athanasios anschließend. Beim Zunftmeisterempfang erzählte er, dass seine siebenköpfige Truppe „nur Gutes“ über den Nachtumzug der Rohrhöfer Göggel gehört habe, deshalb seien sie gekommen.
Die Initiatoren rund um Göggel-Zunftmeister Harald Müller erfuhren sowohl vor dem Zug als auch im Anschluss zu Recht eine Menge Lob – hier lief eben ein Rädchen ins andere, sei es im Organisationsstab, in der Zusammenarbeit mit der Gemeinde, bei den vielen Helfern und natürlich den Rettungs- und Sicherheitskräften.
Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram anEin Beitrag geteilt von Schwetzinger Zeitung (@schwetzingerzeitung)
„Loki“ alias Thomas von den Schadda Wesa Löwenstein war mit seiner elfköpfigen Truppe bestehend aus Dämonen (in kuschelige Ziegenlanghaarfelle gehüllt und mit gruseligen Masken versehen) und Feen (mit schwarzen Flügeln, die mit Lichtern umrandet waren) das erste Mal in der Hufeisengemeinde: „Wir haben gehört, es soll gut hier sein, deswegen sind wir gekommen.“ Und sie bereuten diese Entscheidung nicht.
Gleiches bestätigte Dennis von den Hottscheck Hexen aus Karlsruhe-Grötzingen, die ihr Jubeljahr (5 x 11) feiern. Sie waren eine von neun Gruppen, die in Bussen kamen, und mit 55 Leuten in Brühl vertreten waren. Für sie ist es das Größte, Brauchtum zu leben: „Da ist einfach Glückseligkeit, da lässt man mal die Alltagssorgen hinter sich“, prostete Dennis den Kollegen im Hexenrock zu.
Diese Einstellung lebten alle, die an diesem Abend mit von der Partie waren – und das freute Martin Beuchert. Denn durch die zunehmenden Auflagen haben Vereine immer mehr Probleme, derartige Veranstaltungen umzusetzen. „In Rheinland-Pfalz wurden deshalb schon etliche abgesagt“, weiß der Häsbeauftragter der Vereinigung Badisch-Pfälzischer Karnevalvereine. Dies und Sorgen um den Nachwuchs beschäftigen natürlich die Fasnachter.
Da kamen die jubelnden Ahoi-Rufe gepaart mit der fetzigen Musik etwa der Altlossema Rhoigeischda, des Spielmannzugs der Brühler Feuerwehr, der Nashörner Obergrombach oder der Ghost-Guggs genau richtig: Die feurigen Rhythmen ließen zumindest für diesen Abend keine trüben Gedanken zu.
Schabernack willkommen!
Ob Kannibalen, Dämonen oder Hexen: Sie sorgten für ordentlich Stimmung auf der Strecke, so, wie es sich für die Straßenfasnacht nach schwäbisch-alemannischer Tradition gehört. Dabei sollte sich der Spaß vor allem in der Nähe sowie im Narrendorf abspielen, wo sich auch die meisten der geschätzt 6000 Zuschauer aufhielten.
Vor allem die Hexengruppen waren stark vertreten, darunter zum Beispiel die weit angereisten Höllbach-Hexa Altenriet, die Durlacher Turmberg Hexen, die Karlsterner Hexenzunft und – sozusagen als Lokalkolorit – die Hardtwaldhexen aus Oftersheim. „Wir freuen uns, dass es wieder losgehen kann und wir mal wieder alte Bekannte treffen“, waren sich deren Zunftmeister Regina May und Roland Wittmann einig.
So manch einer hinter den schönen geschnitzten und bemalten Holzmasken trieb seinen Schabernack mit dem Publikum. Da verschwand schon mal eine Mütze vom Kopf, wurde das Gesicht mit schwarzer Farbe angemalt oder junge Damen unter quietschigem Geschrei geschultert. Am Ende gab’s Umarmungen und Süßes. Letzteres begeisterte vor allem die ganz jungen Zuschauer. Die „Profis“ unter ihnen hatten einen Rucksack dabei, in dem Lollis und Bonbons verstaut wurden. Manch einem an den Straßen war das Treiben allerdings nicht wild genug: „Die müssen erst wieder in Fahrt kommen“, meinte ein Zuschauer in Bezug auf die pandemiebedingte Zwangspause, „die sind viel zu brav“.
Bauhof räumt die Straßen frei
Alles in allem jedoch war es ein fantastischer Nachtzug. Und dass dieser überhaupt nach dem starken Schneefall in der Nacht zuvor so stattfinden konnte, war dem Einsatz des Bauhofteams zu verdanken, wie Bürgermeister Dr. Ralf Göck erzählte. Der Bauhof hatte die Straßen für den Nachtzug freigeräumt. Trotzdem kosteten die Witterungsbedingungen wohl einige Zuschauer.
Jene, die da waren, feierten im Narrendorf um den Gockelbrunnen mit DJ, Glühwein und Cocktails vom „Bamboleo Club“ bis etwa halb eins in der Nacht. Um halb zwölf wurde der Ausschank beendet, danach löste sich alles friedlich auf. Eine Rangelei zu fortgeschrittener Stunde konnte im Keim erstickt werden, bilanzierte Göggel-Zunftmeister Harald Müller am Sonntag. Kurzum: Es war eine klasse Straßenfasnachtsveranstaltung!
URL dieses Artikels:
https://www.schwetzinger-zeitung.de/orte/schwetzingen_artikel,-schwetzingen-kurz-buendig-schoen-3-nachtumzug-uffm-rohrhof-in-bruehl-_arid,2042515.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.schwetzinger-zeitung.de/orte/bruehl.html
[2] https://www.mannheimer-morgen.dehttps://www.instagram.com/reel/CnuQ7HLj2RQ/?utm_source=ig_embed&utm_campaign=loading