Begonnen hat alles vor ziemlich genau fünf Jahren im Dezember. Immer deutlicher kristallisierte sich damals heraus, dass die sanierungsbedürftige Karl-Friedrich-Schimper-Gemeinschaftsschule den modernen pädagogischen Erfordernissen auf keiner Ebene mehr entspricht. Die Kluft zwischen dem pädagogischen Ansatz einer Gemeinschaftsschule und den architektonischen Gegebenheiten war zu groß. Darüber hinaus machte sich bei den drei Schulträgern Schwetzingen, Oftersheim und Plankstadt, organisiert im Zweckverband Unterer Leimbach, die Überzeugung breit, dass an einem Neubau kein Weg vorbeiführe.
Der Zweckverbandsvorsitzende und Oberbürgermeister Dr. René Pöltl ließ – gestützt auf Untersuchungen – keinen Zweifel daran, dass eine Komplettsanierung teurer käme als ein Neubau. Und so beschlossen die drei Kommunen, das damals auf 30 Millionen Euro taxierte Projekt zu stemmen und für die rund 700 Schüler und 70 Lehrer bis zum Herbst 2020 eine neue Schule zu bauen.
20 Prozent mehr Kosten
Ganz so ist es nicht gekommen, wobei es dafür, so Bürgermeister Matthias Steffan, überaus gute Gründe gebe. Die boomende Baukonjunktur gerade in den Jahren 2018 und 2019 sowie Corona machten den Planern einen Strich durch die Rechnung. Und das betrifft nicht nur das Zeitfenster, das eigentlich seit drei Monaten geschlossen sein sollte und nun erst im zweiten Quartal 2021 abgeschlossen wird, sondern auch den Kostenrahmen. Die angepeilten 30 Millionen Euro werden mit einem Plus von 20 Prozent verfehlt.
Unterm Strich, so Steffan während einer Baubegehung, fänden sich rund 36 Millionen Euro. Wobei davon noch der Landeszuschuss über 2,8 Millionen Euro, 500 000 Euro im Rahmen des Digitalpaktes und weitere 500 000 Euro KfW-Darlehen gegengerechnet werden müssten. Klar seien Kostensteigerung und Verzögerung unschön. Aber zugleich, und das betonte der Projektleiter Frank Schurack von „agn“, entstehe hier eine Schule, die sich mit den pädagogischen Ansätzen des dritten Jahrtausends auf Augenhöhe befände. „Ja“, so Steffan, „das hier wird ein Leuchtturm in der Bildungslandschaft.“ Bildung spiele sich ja nicht im luftleeren Raum ab. Und der Raum, der im Entstehen begriffen sei, werde den Bildungsweg maßgeblich prägen und unterstützen. Eine Einschätzung, die sich bei einem Besuch der Baustelle durchaus verfestigt. Offensichtlich ist jedenfalls, dass die Bauherren Qualität und Nachhaltigkeit ernst nahmen. So hätte man natürlich anstatt Parkett auf ein günstigeres Bodenmaterial ausweichen können. Doch was man damit gespart hätte, davon war Schurack überzeugt, hätte man mit späteren Sanierungen wieder verloren. „Parkett ist deutlich widerständiger als jedes andere Fußbodenmaterial.“
Auch die Klimabilanz des neuen Schulkörpers dürfte sehr effizient ausfallen. Der Strom komme aus dem mit Biogas betriebenen Blockheizkraftwerk beim Bellamar. Darüber hinaus entstehe auf dem Dach eine Photovoltaikanlage der Bürger-Energiegenossenschaft. Durchdacht erscheint auch der ganze Bereich Lüftung und Klimatisierung. Geplant war das Lüftungssystem schon vor Corona. Dabei zeigt sich die Weitsichtigkeit der Planer. Sei sie doch so konzipiert, dass sie auch vor möglichen virusbelasteten Aerosolen schütze. Vor Hitze schütze neben der Klimaanlage auch die helle Klinkersteinfassade, die sich bei Weitem nicht so aufheize wie andere Fassadenmaterialien. Für Steffan wie Schurack alles Belege dafür, dass hier nachgedacht und Nachhaltigkeit sowie Qualität ernstgenommen wurden.
Architektonisches Highlight ist ohne Frage die Aula, ein Raum über alle vier Stockwerke hinweg, der von pyramidenförmigen Oberlichtern gekrönt wird. Stolz zeigte sich Schurack darüber, dass die Aula ohne Stützen auskommt. „Statisch gesehen eine Meisterleistung, die eine große und vor allem vielfältig nutzbare Fläche ermöglicht.“ Nebenan findet sich die Mensa mit 220 Sitzplätzen und Frischküche. „Heißt“, so Steffan, „hier wird jeden Tag frisch gekocht.“ In seinen Augen für eine Schule im Ganztagsbetrieb ein nicht ganz unwichtiger Faktor. Ausgelegt ist sie für rund 450 Essen in zwei Durchgängen.
Außengerüst wird abgebaut
Derzeit ist vor allem der Innenausbau in vollem Gange. Bis zu 18 Unternehmen sind gerade gleichzeitig vor Ort und treiben die Entwicklung voran. In der Seglersprache, so Steffan, würde man sagen, „wir segeln hart am Wind und kommen voran“. In wenigen Tagen, so Schurack, werde sukzessive das Außengerüst abgebaut. Und auch im Innenausbau biege man auf die Zielgerade ein. Ganz sicher, so zeigten sich die beiden überzeugt, werde der Umzug vor den Sommerferien 2021 vonstattengehen, so dass der Unterricht im September 2021 starten kann. Als eigentliches Bauende steht der April 2021 im Kalender des Projektleiters. Der Abriss des alten Schulgebäudes soll dann nach den ersten Vorbereitungen ab Mai 2021 vor allem während der Sommerferien erfolgen. Insgesamt werden diese Arbeiten wohl ein halbes Jahr in Anspruch nehmen. Direkt im Anschluss erfolgt dann die Herstellung der Außenanlage. Bis zum endgültigen Abschluss des Projekts im Frühjahr 2022 bleibt die Spoleto-Straße übrigens gesperrt, dient sie den Schülern während der Außenarbeiten doch als eine Art Schulhof.
Es ist ein Projekt, das auch im Haushalt des Zweckverbandes Unterer Leimbach seine Spuren hinterlassen wird. Die Zahlen von Verbandskämmerin Susanne Nagel sprechen eine deutliche Sprache. Ausgehend von einem Minus über 16,1 Millionen Euro zum 1. Januar 2020 wächst der Schuldenstand zum 1. Januar 2021 auf fast 35 Millionen Euro und schlussendlich auf fast 45,3 Millionen Euro zum 31. Dezember 2021. Auf der Habenseite stehe dafür aber eine moderne Schule, die dem regionalen Bildungsstandort einen deutlich spürbaren Schub verleihen wird. „Bildung“, daran erinnert Steffan, „ist die einzige Ressource, über die Deutschland verfügt. Sie gilt es zu entwickeln und zu pflegen.“
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