Schwetzingen. Es war ein Abend voller Gefühle, Spaß und der über Lieder geteilten Erfahrungen. Vormals als „Ulis Wohnzimmer“ bekannt, trafen sich der Speyerer Liedermacher Ulrich Zehfuß, seine weithin bekannte Kollegin Dota Kehr aus Berlin und der durch seine Mitwirkung beim Theater am Puls bekannte Stefan Ebert im „Sago-Song-Salon“.
Persönliche Erfahrungen in Songs zu packen, das ist es, was Ulrich Zehfuß, der auch freier Dozent an der Popakademie ist, gern macht. „Musik, die ins Ohr geht und dort lange zum Nachdenken bleibt“, hieß es schon vor Jahren von ihm. Ein Satz, der den Nagel auf den Kopf trifft. Ob es darum geht, sich als „Mittelpunkt der Welt zu fühlen“ oder um Trauer über verstorbene Freunde – Zehfuß scheint immer die richtigen Töne zu treffen. Und ganz nebenbei einen Nerv beim Publikum. Vor dem Lied „Samuel D“ dachte der Liedermacher laut nach, wobei der sonst so verschmitzte Gesichtsausdruck einer nachdenklichen Miene wich: „Wir sind eine Leistungsgesellschaft. Und wenn man nicht funktioniert, wie man soll, kann das böse ausgehen“, meinte er, um dann zu singen: „Samuel, ich habe gehört, dass du heute in Amsterdam aus einer Gracht gezogen wurdest.“ Aber er thematisierte auch das Schöne im Leben mit „Als das Leben noch nicht losgegangen war“. Es handelt von einer Zeit, in der man „schon alles darf, aber noch nicht viel muss“.
Ulrich Zehfuß in der Schwetzinger Wollfabrik: Lieder, die vom Ohr ins Herz gehen
Zehfuß bat als ersten Gast Stefan Ebert zu sich. „Liedermacher, das sind doch die, die traurige Lieder über tote Freunde treiben?“, leitete er dessen Auftritt ein. Aber es sei nicht immer so: „Begrüßen Sie mit mir Stefan Ebert. 1,90 Meter, gute Laune und positive Energie. Der Gastgeber auf der wie ein Wohnzimmer eingerichteten Bühne – Stehlampe und Sitzecke inklusive – sollte recht behalten. Positiv gestimmt sang Ebert von seiner Traumfrau und davon, dass wir jeden Morgen neu geboren werden. Locker flockig sein „Freundschaftslied“, in dem er betont: „Gib mir Tragik, gib mir Witz. Es ist nichts schlecht, solange es echt ist.“ Dass der Hüne auch ein Meister des Tiefgangs ist, der mit einem Augenzwinkern über die Vergänglichkeit singen kann, zeigte sein „melancholisches Lied darüber, wie die Zeit vergeht – mit Humpa-Humpa-Rhythmus, um der Melancholie entgegenzuwirken.“ Er musste das Publikum nicht lange bitten, als Chor zu fungieren. „Schade, schade um all die Jahre – bye bye, bye, bye“ sang bald der ganze Saal.
Mit Dota Kehr aus Berlin hatte der Speyerer einen besonders hochkarätigen Gast nach Schwetzingen geholt, der nicht nur unter Umweltaktivisten Kultstatus genießt. Ihre Songs „Ich rufe dich Galaktika“ oder „Fotosynthese“ sind zu wahren Hymnen von Klima- und Umweltschützern geworden. Verzweiflung und Wut verpackt Dota auf humorvolle Weise und schmettert mit sympathischem Lächeln, gefälligen Melodien und entschlossenem Blick ihre Botschaften in die Welt: „Es ist schlimm. Vielleicht hilft uns nur noch ein Wunder.“ Vor 20 Jahren hat Zehfuß sie zum ersten Mal gehört: „Das sind Lieder, die vom Ohr direkt ins Herz gehen“, stellte er fest. Zusammen mit Jan Rohrbach am Keyboard und der E-Gitarre spielte sie nicht nur ihre Hits wie „Rennrad“, sondern auch vertonte Poesien, wie die der Dichterin Mascha Kalégo, die in melancholisch-heiterem und auch ironisch-zärtlichem Ton die Lebenswirklichkeit im Berlin der 1930er Jahre beschreibt. Das Werk der Dichterin jüdisch-russischer Abstammung war unter den Nazis bald verboten.
Ulrich Zehfuß und Freunde in der Schwetzinger Wollfabrik: Dota-Fans singen textsicher mit
Die Dota-Fans konnten die meisten Lieder der mehrfach ausgezeichneten Sängerin textsicher mitsingen. In gemütlicher Talkrunde sprachen die drei Künstler dann noch über neue Projekte, so über Eberts Kompositionen für das Stück „Der kleine Vampir“ am Theater am Puls, worauf er prompt ein „Vampir bezogenes Punklied“ vortrug, bei der es um die Schnittmenge zwischen den Blutsaugern und Teenagern ging. Nach mehrfachen Zugaben verabschiedeten sich die Künstler mit dem gemeinsam vorgetragenen Kulthit „Junimond“ von Rio Reiser.
Christian und Mirjam Heinz waren extra aus Lorsch angereist, um Dota zu sehen: „Aber sie waren alle genial. Toll, dass sie ‚Für die Sterne‘ gesungen hat, das von Stefan Ebert stammt.“ Unter den Gästen befand sich auch Stadtrat Dr. Christian Lorentz mit seiner Gattin, der meinte: „Super, was hier kulturell geboten wird. Ich bin begeistert und stolz.“
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