Doch nicht das Wunderwerkzeug in der Corona-Pandemie? Viele Sicherheitsexperten kritisieren die sogenannte Luca-App, die bei der Datenbereitstellung für die Kontaktnachverfolgung in der Corona-Krise helfen soll. Die App ersetzt dann sozusagen die Papierlisten, mit denen Veranstalter und Gastronomie bisher Daten für die Kontaktverfolgung der Gesundheitsämter sammeln. Da es sich bei den Machern der App um ein privates Unternehmen handelt, fürchten die Datenschützer „massives Missbrauchspotenzial und das Risiko von gravierenden Datenleaks“, schreiben die IT-Sicherheitsforscher in ihrer Stellungnahme. Auch unser Leser Walter Weber sieht einige Problematiken und nimmt Bezug auf das Schreiben der Sicherheitsexperten.
Außerdem haben die Betreiber der App insgesamt etwa 20 Millionen Euro von verschiedenen Bundesländern erhalten, wo dieses System eingesetzt werden soll. Besonders dieser Punkt kommt bei vielen Menschen nicht gut an – sie schreiben ihren Ärger beispielsweise bei der sozialen Plattform Twitter unter dem Hashtag #LucaApp von der Seele. Dort sammeln sich unzählige Beiträge zu diesem Thema – die meisten davon klingen skeptisch, besorgt oder sogar verärgert. „Interessant für was aus Unkenntnis oder gar Dummheit manche Bundesländer Steuergelder verschwenden“, schreibt beispielsweise ein Nutzer.
Prinzipien nicht eingehalten
So funktioniert die App
Die App Luca kann kostenlos auf dem Smartphone installiert werden.
Dann werden der eigene Name, die Adresse sowie die Telefonnummer in der App hinterlegt. Dies dient dazu, dass der Nutzer bei einem positiv getesteten Kontakt vom zuständigen Gesundheitsamt kontaktiert werden kann.
Nun müssen die Nutzer, sobald sie etwa in einen Laden gehen, einen QR-Code mit Luca scannen. Wird der Ort wieder verlassen, erfasst die App dies auf Wunsch mittels GPS.
Für private Treffen wie Familienfeiern kann man eigenständig einen QR-Code in der App erstellen, der von allen Anwesenden, die die App verwenden, benutzt werden kann.
Die Daten werden verschlüsselt an zwei deutsche Server übermittelt und dort zwei Wochen lang gespeichert. Im Infektionsfall kann darauf von den Gesundheitsämtern zugegriffen werden. So wird die Kontaktnachverfolgung einfach gestaltet. nina
Bereits vor einem Jahr haben mehr als 600 internationale Wissenschaftler in einem offenen Brief an die Regierungen appelliert, Technologien zur digitalen Kontaktverfolgung verantwortungsbewusst und zielgerichtet zu entwickeln und einzusetzen. Dabei wurde die Einhaltung grundlegender Entwicklungsprinzipien gefordert, die nach den Angaben der Sicherheitsexperten in Deutschland mit der Corona-Warn-app größtenteils vorbildlich umgesetzt wurden: Zweckbindung, Offenheit und Transparenz, Freiwilligkeit und Risikoabwägung. „Das bereits in vielen Bundesländern eingesetzte Luca-System erfüllt keine dieser Prinzipien“, schreiben die Experten dort weiter.
Keine generelle Umstellung
Auch das örtliche Gesundheitsamt setzt die Luca-App ein. Auf Nachfrage beim Landratsamt des Rhein-Neckar-Kreises erklärt der Pressesprecher Ralph Adameit: „Die Einführung der Luca-App bei Gesundheitsämtern soll der Erleichterung der Kontaktpersonennachverfolgung dienen. Uns ist es aber wichtig, zu betonen, dass mit der Einführung der Luca-App keine generelle Umstellung der Kontaktnachverfolgung in der Corona-Pandemie einhergeht. Vielmehr bildet die Einführung und Einbindung der App in die bestehenden Prozesse der Nachverfolgung einen Baustein, der unser Gesundheitsamt bei der Arbeit unterstützen kann.“
Inwieweit die App wirklich hilfreich sei, kann das örtliche Gesundheitsamt noch nicht abschließend beurteilen. Bislang kam sie nur zu Testzwecken zum Einsatz, „das heißt, es wurden in den vergangenen 14 Tagen keine Luca-Aufzeichnungen für relevante Kontaktverfolgungen wie beispielsweise Quarantäneanordnung oder Clustererkennung benutzt“, erklärt Adameit. Das liege vermutlich daran, dass sie noch nicht so gebräuchlich sei beziehungsweise viele Bereiche, in denen die App zum Einsatz kommen kann, derzeit noch nicht geöffnet sind, etwa die Gastronomie oder Veranstaltungen.
„Die Luca-App wurde im Vorfeld durch den Datenschutzbeauftragen des Landes Baden-Württemberg freigegeben. Die jetzt im Zusammenhang mit der Nutzung der App zutage getretenen und durch die öffentliche Diskussion aufgenommen Bedenken nehmen wir sehr ernst. Allerdings stellt die Luca-App grundsätzlich keine zwingende Maßnahme dar, sondern sie setzt auf die freiwillige Bereitschaft der Nutzung durch die Bürger und Unternehmen“, schreibt Adameit zur Sicherheitseinschätzung. Insofern sei es selbstverständlich weiterhin jeder Person freigestellt, ob sie die App nutzen – und wenn ja, auf welche Weise sie Daten zur Verfügung stellen.
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