Schwetzingen. Steigt man die Treppen der Volkshochschule hoch, kommt einem von den Wänden des Treppenhauses sowie des ersten und zweiten Obergeschosses eine leuchtende Welt entgegen, überflutet von Licht und zarter Farbigkeit. Eine Erinnerung an unbeschwerte, magisch aufgeladene Tage als Kind klingt an, raumfüllend, umarmend. Die Künstlerin Helga von Jena zeigt mit dieser Ausstellung, die am Samstagnachmittag eröffnet wurde, wie Farben und Formen entstehen, wenn sie einzig ihrer Intuition und ihren Sinnen folgt.
Zudem konnten die Betrachter auch den Prozess ihrer Entwicklung als Künstlerin nachvollziehen. Dass trotz Hitze so viele Kunstinteressierte aus nah und fern angereist sind, spricht für die Bekanntheit der Künstlerin und die Qualität ihrer Arbeiten. In ihrer Begrüßungsrede stellte Volkshochschulleiterin Gundula Sprenger sie als alte Bekannte vor, deren Bilder sie vor vielen Jahren in Weinheim kennen- und schätzengelernt habe. „Die Ausstellungen in der Volkshochschule, egal ob Malerei, Zeichnung oder Fotografie, sind eine Schule des Sehens“, erklärte sie, „unser Alltag ist von einer Bilderflut begleitet, hier lernen die Leute zu unterscheiden, was ein Druck und was ein Original ist.“
Diesem Auftrag kommen auch die Exponate der 1941 in Landau geborenen und heute in Weinheim lebenden Künstlerin Helga von Jena nach. „Informel“ ist die Schau betitelt und was das bedeutet, erklärte anschließend die Kunsthistorikerin Aloisia Föllmer, die von Gundula Sprenger ebenso freudig wie herzlich begrüßt wurde. In ihrer Einführung nahm sie die Gäste mit auf eine Reise durch verschiedenen Schaffensperioden Helga von Jenas und erklärte, warum ihre Bilder, „die froh und heiter stimmen“, der Informellen Malerei zuzuordnen sind.
Von Freud inspiriert
Und es war ein besonderes Vergnügen, ihr dabei zuzuhören, so klar und umfassend ging sie auf die Besonderheiten der ausgestellten Werke in. Was ist unter Informeller Malerei zu verstehen? Ohne die Erkenntnisse Freuds wäre sie nicht denkbar, so Föllmer. Von ihm inspiriert, forderte André Breton, der Anführer des Surrealismus, die Künstler in den 1920er Jahren auf, direkt das zu malen oder niederzuschreiben, was vor ihrem inneren Auge erscheint. Auf diese Weise entstanden– ungefiltert vom Verstand – Bilder, „die, wie Träume oder Albträume, Einblicke in das Innere des Künstlers gaben“. Bezüglich der Entwicklung der Informellen Malerei, deren wesentliche Darstellungsprinzipien die Formlosigkeit und Bewegung sind, nannte Föllmer Namen wie Wassily Kandinsky oder den amerikanischen Künstler Jackson Pollok, der auf die Werke Kandinskys wie auf die automatische Malweise der Surrealisten zurückgriff. Namhafte deutsche Künstler des Informel waren Hans Hartung, Bernard Schulze oder K. R. H. Sonderborg.
Helga von Jenas Arbeiten jedoch sind von solchen Vorbildern befreit, sie erhebt die ureigensten Mittel der Malerei wie Farbe, Form und Linie zum Motiv, schließt aber die Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit nicht aus. Ihre minimalistischen Papiercollagen sind ebenfalls vom Kombinieren von Farbformen gekennzeichnet. Entwickelt aus dem Unterbewusstsein, regen sie im Betrachter eigene Gedanken und Gefühle an. Das Blau des Wassers zum Beispiel weckt in ihr Assoziationen zum Meer, gestand die Kunsthistorikerin, das Gelb der Sonne zum Sandstrand und die Form des Rots erinnert sie an ein Boot. Alle Bilder mit dominierendem weißen Hintergrund betonen die Leere, meinte Föllmer, die beruhigende Leere, die Stille. „Sie offenbaren nach Helga von Jenas Worten, wie wohltuend es ist, weniger zu wollen“, merkte Föllmer an. Ihnen ist, wie auch dem Leben, das Flüchtige, der Wandel eingeschrieben. Die mit breitem Pinsel gemalten, rhythmisch bewegten Farbstrukturen spiegeln die Freude der Künstlerin an der Musik, „wie sie sich dem Klavierspiel hingibt, hat auch das freie Malen etwas Meditatives“.
Und Föllmer weist noch auf die schmalen, hochformatigen Zeichnungen hin, auf denen ausschnitthaft ihr Mann im Pflegeheim, das Personal sowie Freunde und Verwandte zu sehen sind, aber auch Noten, musizierende Personen. Sie spielen auf die bedeutende Rolle der Musik in ihrem und im Leben ihres Mannes an. Mit dieser umfassenden „Erkundung“ der Werke, die in der VHS zu bestaunen sind, bekamen die Besucher einen Schlüssel zum tieferen Verständnis an die Hand.
Info: Die Ausstellung dauert bis Donnerstag, 31. August, und kann zu den Öffnungszeiten der VHS besucht werden. Am Wochenende nach vorheriger Vereinbarung.
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