Karlsruhe/Mannheim. Rund fünf Monate nach der Messerattacke auf dem Mannheimer Marktplatz hat die Bundesanwaltschaft Anklage gegen den Attentäter erhoben. Die Anklagebehörde wirft dem gebürtigen Afghanen, der seit 2013 in Deutschland lebt, Mord, versuchten Mord in fünf Fällen und gefährliche Körperverletzung vor. Anfang der Woche wollte ein Sprecher der Bundesanwaltschaft die Anklageerhebung vom 25. Oktober auf Anfrage dieser Redaktion zunächst nicht kommentieren, am späten Mittwochnachmittag bestätigte die Behörde diese schließlich in einer Mitteilung.
Anschlag auf „vermeintlich Ungläubige“ auf Marktplatz in Mannheim geplant
Darin heißt es, der 25 Jahre alte Suleiman A., der am 31. Mai auf dem Mannheimer Marktplatz bei einer islamkritischen Kundgebung mehrere Menschen mit einem Messer teils schwer verletzt und den 29-jährigen Polizisten Rouven Laur getötet haben soll, hege Sympathien für die ausländische terroristische Vereinigung „Islamischer Staat“ (IS) und teile deren Ideologie.
Spätestens Anfang Mai 2024 entschloss er sich laut Bundesanwaltschaft dazu, in Deutschland einen Anschlag auf „vermeintlich Ungläubige“ zu begehen. Zu diesem Zweck soll er sich am 31. Mai auf den Marktplatz in Mannheim begeben haben, wo der Verein „Bürgerbewegung Pax Europa“ eine islamkritische Kundgebung vorbereitete. Mit einem großen Jagdmesser bewaffnet soll der Angeschuldigte zunächst unvermittelt auf den Hauptredner des Vereins, Michael Stürzenberger, eingestochen haben. Auch vier weiteren Personen, die dem Opfer helfen wollten, versetzte er „mehrfach wuchtige Messerstiche“, heißt es in der Mitteilung der Bundesanwaltschaft.
Schließlich habe er sich auf den herbeigeeilten Polizeibeamten Rouven Laur gestürzt und diesem von hinten gezielt und kräftig mit dem Messer in den Kopf sowie den Oberkörper gestochen. Rouven Laur wurde dabei so schwer verletzt, dass er wenige Tage später starb. Die übrigen Opfer erlitten laut Bundesanwaltschaft zum Teil schwerwiegende und potenziell lebensgefährliche Verletzungen.
In einem Bericht des „Südwestrundfunks“ vom Mittwochnachmittag hieß es, die Bundesanwaltschaft sehe das Verbrechen trotz der festgestellten Radikalisierung nicht als „Terror-Tat“ im Sinne des Strafgesetzbuches an. Eine Bekennernachricht hätten die Ermittler nicht finden können. Für das Strafmaß ist die Feststellung ohnehin unerheblich, da der Gesetzgeber bei Mord nur eine Strafe kennt: die lebenslange Freiheistsstrafe. Laut Mitteilung der Bundesanwaltschaft sollen bei der Tat zwei Mordmerkmale erfüllt gewesen sein: niedrige Beweggründe sowie Heimtücke in zwei Fällen.
Prozess zu Messerattacke auf Marktplatz am Oberlandesgericht in Stuttgart
Wenige Tage nach der tödlichen Messerattacke am 31. Mai hatte die Bundesanwaltschaft, die oberste deutsche Anklagebehörde, die Ermittlungen übernommen. Zunächst führte die Staatsschutzabteilung bei der Karlsruher Staatsanwaltschaft die Ermittlungen rund um den mutmaßlichen Terrorakt.
Kurz nach der Tat sagte eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft, die Behörde gehe von einer Straftat aus, die „geeignet ist, die innere Sicherheit in Deutschland“ zu gefährden. Demnach handele es sich bei dem Angriff des 25-jährigen Afghanen um eine „religiös motivierte Tat“ – eine, die „einen Angriff auf die Meinungsfreiheit und die freiheitliche Ordnung darstellen könnte“. Nun muss der Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts in Stuttgart über die Eröffnung der Hauptverhandlung entscheiden. Ein Prozess könnte Anfang 2025 beginnen.
Frühere Fälle, in denen die Bundesanwaltschaft in einem Mannheimer Fall die Ermittlungen führte, finden sich in den vergangenen zwanzig Jahren keine. In der Stadt gab es zwar bundesweite Razzien und Ermittlungen gegen in Mannheim lebende Menschen – etwa wegen Verbrechen im IS-besetzten Gebiet oder gegen einen ruandischen Milizenführer, der zeitweilig in Mannheim lebte. Aber hier lag der Schwerpunkt der bundesanwaltlichen Ermittlungen nicht in der Stadt. Das Verbrechen erschütterte die Menschen in der Stadt nachhaltig, bis heute gedenken sie Rouven Laur mit Kerzen und Blumen am Marktplatz.
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