Wie Schwetzingen vor mehr als 270 Jahren geklungen hat, das konnten die Teilnehmer eines Stadtrundgangs unter dem Motto „Die magischen Töne im Paradies der Tonkünstler“ nacherleben. Veranstaltet von der Forschungsstelle „Südwestdeutsche Hofmusik“ in Zusammenarbeit mit Schloss und Musikschule, führten Dr. Sarah-Denise Fabian und Yevgine Dilanyan, wissenschaftliche Mitarbeiterinnen der Forschungsstelle, zwei Gruppen bei einem musikhistorischen Rundgang zu jenen Orten, an denen die Hofmusiker des Kurfürsten Carl Theodor gewohnt und gewirkt haben.
In den eineinhalb Stunden brachte sie die Geschichte rund um die Mannheimer Hofkapelle den mehr als 20 Zuhörern so anschaulich näher, dass es nicht schwerfiel, sich in jene Zeit hineinzuversetzen. Dies gelang ihr auch deshalb, weil sie selbst mit Leidenschaft und Neugier bei der Sache war. Zunächst stellte sie die Forschungsstelle vor, ihre Ziele und Aufgabenbereiche, unter anderem die Öffentlichkeitsarbeit wie dieser Rundgang, der mit einem Konzert endet.
„Goldenes Zeitalter“
„Wichtig ist, dass Sie nicht nur die Musikerpersönlichkeiten kennenlernen, sondern auch erfahren, wie ihre Musik klang“, betonte Dilanyan, „zumal die Komponisten, die wir für das Konzert ausgesucht haben, zu den namhaftesten gehören.“ Um die Entstehung dieser einzigartigen Hofkapelle besser zu verstehen, ging Yevgine Dilanyan die Komposition und Schulmusik an der Staatlichen Hochschule für Musik Mannheim und Germanistik an der Universität Heidelberg studiert hat, kurz auf die Geschichte der Stadt und das „goldene Zeitalter“ unter Carl Theodor ein. Unter dem Lenk-Denkmal „Das Glücksschwein“, wo der Rundgang begann, fasste Dilanyan das zusammen, was die Person des Kurfürsten ausmachte: Als aufgeklärter Herrscher förderte er die Naturwissenschaften, vor allem aber die Kunst und Musik. Es sei kein Zufall, sagte sie, dass der Künstler Peter Lenk der Skulptur den Namen „Glücksschwein“ verpasste. Der Preußenkönig Friedrich der II. bezeichnete ihn so, da Carl Theodor „mehr Länder geerbt als erobert“ hatte. An den verschiedenen Stationen des Rundgangs wie Schloss, Restaurant „Blaues Loch“, Pankratiuskirche, Dreikönig-, Mannheimer- oder Carl-Theodor-Straße ließ die Musikwissenschaftlerin all jene Musikerpersönlichkeiten Revue passieren, die die Hofkapelle zu einem der berühmtesten Orchester jener Zeit machten.
Sie waren nicht nur Virtuosen auf ihren Instrumenten, die eine besondere musikalische Ausbildung genossen haben, sagte sie, sondern auch Komponisten, die, perfekt aufeinander eingestimmt, diesen so berühmten Klang hervorbrachten. Dazu zählten unter anderen Carl Johann Toeschi, dessen Haus sich einst dort befand, wo heute das Restaurant „Blaues Loch“ steht, der Geiger Christian Cannabich, über dessen Sohn Carl es einen Taufeintrag in der Pankratiuskirche gibt, der Kapellmeister Ignaz Holzbauer, der in der Dreikönigstraße 12 ein Haus hatte, der brillante Geiger Wilhelm Cramer, der dort wohnte, wo heute in der Mannheimer Straße Nummer 3 ein modernes Haus steht, Carl und Anton Stamitz, der Cellist Franz Danzi, dessen Familie ein Haus hatte, wo sich zurzeit die Volksbank in der Carl-Theodor-Straße befindet, der Oboist August Lebrun sowie dessen spätere Frau, die Koloratur-Sopranistin Franziska Lebrun (geborene Danzi).
Mit Zitaten angereichert
Viele Geschichten aus deren Leben wusste Yevgine Dilanyan zu erzählen, angereichert mit Zitaten, auch einiges über Mozart und seine Familie, die sich 1763 im Gasthof „Zum Roten Haus“ (Dreikönigstraße 6) einquartierte sowie zu der vor kurzem eröffneten „Hörbar“, eine Sitzgruppe, die die besten Musiker der Hofkapelle mit Musikbeispielen und Kurzbiografien präsentiert. Carl Theodor nahm auch reisende Virtuosen auf, wusste sie, das hatte zur Folge, dass in Reiseberichten wie jene vom Musikkritiker Charles Burney, dem schwäbischen Dichter Schubart oder in den Briefen Leopold Mozarts die Qualität der Mannheimer Hofkapelle gepriesen wurde.
Einen glanzvollen Schluss setzten dem Abend die Musiker Christoph Rox, Flöte, Georg Lustig, Oboe, Christoph Müller, Violine, Clémence Apffel-Gomez, Viola, und Mirjam Rox, Violoncello, die das Farbenreichtum der Musik von Holzbauer, Cannabich, Lebrun oder Cramer wunderbar zu Gehör brachten. Gleichzeitig demonstrierten sie, zu welch feiner, klangvoller Polyfonie sich die Instrumente bei den Komponisten der Mannheimer Hofkapelle verwoben.
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