Im Interview

Musikschule Schwetzingen: Philipp Wolfart ist neuer Leiter, Stefan Knust sein Stellvertreter

Roland Merkel wird am Samstag, 17. September, offiziell als Leiter der Musikschule Bezirk Schwetzingen in den Ruhestand verabschiedet. An der Spitze der Einrichtungen stehen nun Philipp Wolfart als Leiter und Stefan Knust als Stellvertreter.

Von 
Stefan Kern
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Die Schwetzinger Musikschule hat ein neues Leitungsteam: Philipp Wolfart und Stefan Knust. © Lenhardt

Schwetzingen. Roland Merkel wird am Samstag, 17. September, offiziell als Leiter der Musikschule Bezirk Schwetzingen in den Ruhestand verabschiedet. An der Spitze der Einrichtungen stehen nun Philipp Wolfart als Leiter und Stefan Knust als stellvertretender Leiter. Wir sprachen mit dem Gespann über die Musik und die Musikschule sowie deren Ausrichtung in Zukunft.

Wann und wie begann Ihr Weg in die Musik?

Philipp Wolfart: Ich bin mit 4 oder 5 Jahren in die Musikalische Früherziehung an der Musikschule Stuttgart gegangen. Der Lehrer spielte Gitarre und das hat bei mir dazu geführt, dass ich auch Gitarre lernen wollte. Das Album „S&M“ von Metallica ist meine erste Erinnerung an Musik, die mich wirklich gepackt hat und die ich selber mitspielen können wollte.

Stefan Knust: Ich bin eigentlich über meinen älteren Bruder, der Geige gelernt hat, zur Musik gekommen. Ich wollte nicht das gleiche Instrument spielen wie er und die tiefen Töne passten mir gut. So begann ich mit dem Cellospiel. Wirklich intensiv wurde es dann nach der Pubertät, in der ich mehr Zeit mit der E-Gitarre verbracht hatte. Durch Projekte in verschiedenen Jugendorchestern wuchs meine Begeisterung.

Welche Bedeutung hat Musik für Sie oder welchen Stellenwert nimmt Musik in Ihren Leben ein?

Knust: Musik hat für mich viel mit Kontakt und Kommunikation zu tun. Musik kann Menschen verbinden und die gegenseitige Wahrnehmung und Wertschätzung verstärken. Gleichzeitig hat Musik mir persönlich immer geholfen, mich intellektuell, aber vor allem auch emotional auszudrücken und zu regulieren. Das ist wohl der Grund, weshalb ich noch Musiktherapie studiert habe und mich um den musikalischen Elementarbereich bemühe. Denn es geht hier letztendlich um persönlichkeitsbildende Erfahrungen.

Wolfart: Musik hat für mich vor allem emotionale Bedeutung. Mir gefällt in fast jedem Genre irgendein Lied oder Stück oder wie man das jeweils nennt, wegen der Stimmung, die damit transportiert wird. Für mich ist Musik der Lebensrahmen geworden, in welchem es unendlich viele Möglichkeiten gibt, mein Leben zu gestalten. Von kreativer künstlerischer Arbeit in der Rolle als Musiker bis hin zu organisatorischen, geschäftsführenden Tätigkeiten in der Rolle als Schulleiter, zwischen Touren mit verschiedenen Bands und eher im Hintergrund agierender Büroarbeit konnte ich mir bisher immer das Modell heraussuchen, das zur jeweiligen Lebenssituation passt. Musik zu hören und zu machen, ist für mich auch immer ein emotionales Ventil, und manchmal kann sie sogar nerven.

Was war Ihr erster Eindruck von Schwetzingen und der Musikschule Schwetzingen?

Knust: Als ich 2006 an der Musikschule Schwetzingen angefangen habe, wusste ich eigentlich sofort, dass das der Ort ist, an dem ich dauerhaft arbeiten und etwas aufbauen möchte. Die Atmosphäre und die kulturelle Vielfalt der Stadt haben damit natürlich viel zu tun, aber auch der Zusammenhalt und die Offenheit im Kollegium. Und nicht zuletzt begeistern mich natürlich unsere tollen Schüler jeden Tag aufs Neue.

Wolfart: Für meine Frau und mich war Schwetzingen der Ort, an dem wir nach Jahren der Fernbeziehung zusammengezogen sind, die Wahl war vor allem zuerst pragmatisch: Sie arbeitet an der MDR Brühl, ich studierte damals noch in Heidelberg, und Schwetzingen lag in der Mitte. Schwetzingen und Umgebung gefiel uns von Anfang an sehr gut. Die Größe der Stadt ist genau richtig, wenn man sowohl Abwechslung als auch Ruhe mag. Die Musikschule darf meiner Meinung nach nicht auf „Musikschule Schwetzingen“ reduziert werden. Sie heißt nicht ohne Grund „Musikschule Bezirk Schwetzingen“, denn Oftersheim, Plankstadt, Ketsch und Eppelheim gehören genauso dazu. Die Musikschule deckt eben den großen Raum zwischen Heidelberg und Mannheim ab. Da es allerdings keine offiziellen Außenstellen in den Gemeinden gibt, sondern nur das Hauptgebäude in Schwetzingen, entsteht schnell der Eindruck, dass es Schwetzingens Musikschule wäre und „halt noch die anderen“. Das ist auch mein erster Eindruck als Honorarkraft 2015 gewesen – man erkennt nicht sofort die Größe unserer Musikschule, wenn man nur in den Räumen eines Kooperationspartners unterrichtet.

Was glauben Sie, wie wichtig ist die Musikkultur für die Identität Schwetzingens?

Wolfart: Auf diese Frage liegen die Antworten in Bezug auf Schwetzingen ja auf der Hand: Die Geschichte des Schlosses und die Veranstaltungen dort, die SWR-Festspiele, die Mozartgesellschaft, die Stadtkapelle, die vielen Chöre, die Jazz-Initiative und viele weitere engagierte Organisationen sind ja Beispiele dafür, dass hier sehr viel Wert auf eine bunte Musikkultur gelegt wird. Grundsätzlich kann aber natürlich auch gesagt werden, dass die Musikkultur für die Identität jeder Gemeinde wichtig ist. Musik verbindet Menschen miteinander, unterhält und regt zur individuellen Persönlichkeitsbildung und zur kulturellen Auseinandersetzung an.

Knust: Musikkultur ist meines Erachtens wesentliches Identitätsmerkmal dieser Stadt, nicht nur geschichtlich. Nach wie vor ist Musik in Schwetzingen nicht zuletzt durch die Festspiele höchst lebendig und prägt für mich das Lebensgefühl hier. Und unsere Schule ist mit ihren zahlreichen Konzerten und Veranstaltungen sichtbarer Beleg dafür.

Was zeichnet die Musikschule Schwetzingen aus?

Wolfart: Die Musikschule Bezirk Schwetzingen e.V. ist eine öffentliche Musikschule und gehört zum Verband deutscher Musikschulen. Das bedeutet, dass sie Landesfördermittel erhält, die das Angebot der Musikschule mitfinanzieren und dafür sorgen, dass sie ein breites Angebot an Ensembles und Instrumenten anbieten kann, auch weniger bekannten wie Oboe oder Harfe. Daneben finde ich, zeichnet unsere Musikschule aus, dass sie den Raum zwischen Heidelberg und Mannheim mit musikalischer Bildung versorgt. In vielen Kitas und allgemeinbildenden Schulen sind unsere Lehrkräfte täglich unterwegs. Im Gesamten ist die Musikschule ein sehr komplexes System. Zum Glück haben wir viele erfahrene und engagierte Kollegen, die die Orte und die Menschen kennen und mit vollem Einsatz bei ihren Schülern sind. Die verschiedenen Veranstaltungen zeigen dann immer eindrucksvoll, was hier alles erarbeitet wird. Natürlich ist das Parkfest im Schlossgarten Schwetzingen das Highlight im Jahreskalender, die Kulisse ist einfach einzigartig und passt perfekt zur Arbeit einer öffentlichen Musikschule.

Knust: Die Musikschule zeichnet sich durch ein vielfältiges musikalisches Angebot und kompetente und engagierte Lehrkräfte aus. Sie ist ein Ort der Begegnung und hat großes Potenzial Toleranz und Respekt in der Gesellschaft zu fördern, denn von der musikalische nFrüherfahrung bis zum Sinfonieorchester geht es hier darum, sich zuzuhören, sich wahrzunehmen und sowohl führen als auch folgen zu können. Und wir brauchen kreative Menschen, die genau das können.

Wo sehen Sie Baustellen, die angegangen werden müssen?

Wolfart: Eine öffentliche Musikschule hat immer etwas von einer Großbaustelle. Unsere Zielgruppe ist die gesamte Breite der Gesellschaft und diese ändert sich ständig. Auf die veränderten Bedürfnisse muss die Musikschule versuchen einzugehen. In Zukunft werden uns einige Themen besonders beschäftigen: Kooperationen sind heutzutage das Wichtigste überhaupt. Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels, der alle Bereiche der Berufswelt erfasst, müssen Organisationen stärker zusammenarbeiten, sonst werden sie nicht ihr volles Potenzial ausschöpfen können. Die Musikschule steht für Kooperationen mit allgemeinbildenden Schulen zur Gestaltung des Ganztagsangebots, mit Kitas, mit Musikvereinen und allen anderen musik- und pädagogiknahen Organisationen zur Verfügung. Dieses Thema wird die kommenden Jahre enorm wichtig werden. Was an unserer Musikschule bislang noch wenig umgesetzt worden ist, sind inklusive Angebote sowie Angebote für Senioren. Im Rahmen des offenkundig werdenden Fachkräftemangels müssen wir auch viel stärker als bisher den Musikschulnachwuchs über unsere Berufswelt informieren, in Form von Praktika und Angeboten von Schülern für Schüler.

Knust: Dem kann ich mich nur anschließen. Auch mir liegt es am Herzen, die Schule noch weiter zu öffnen, damit alle Menschen, die sich für Musik interessieren, hier ihren Platz haben. In diesem Zusammenhang hat der elementarmusikpädagogische Bereich sicher eine Schlüsselfunktion. Gleichzeitig mangelt es besonders hier an ausgebildeten Lehrkräften. Hier müssen wir gemeinsam mit den Musikhochschulen etwas tun. Über das Netzwerk Amadé, der Schnittstelle zwischen Musikschulen und -hochschulen, sind wir an diesem Thema auch dran.

Sehen Sie systemische Schwierigkeiten (wie beispielsweise Ganztagsschule/verändertes (digitales) Freizeitverhalten) auf die Musikschule zukommen?

Knust: Musikschulen stehen schon lange vor der Herausforderung, sich an gesellschaftliche Veränderungen anzupassen. In Schwetzingen ist das bisher gut gelungen und ich bin optimistisch, dass wir zukünftigen Veränderungen mit kreativen Lösungsansätzen begegnen und die Musikschularbeit weiterhin einen festen Platz in der Bildungslandschaft und der Freizeitgestaltung haben wird. Wichtig ist in diesem Zusammenhang sicher die Vernetzung und Kooperationsbereitschaft mit allgemeinbildenden Schulen, Vereinen und anderen Einrichtungen.

Wolfart: Ich kann da nur ergänzen: Am System kann die Musikschule nichts Wesentliches ändern, aber wenn Menschen musizieren, können sie schon mal nichts Schlimmeres währenddessen machen, schlimmstenfalls machen sie eben schlechte Musik. Um die Herausforderungen weniger als Schwierigkeiten und Probleme wahrzunehmen, ist die Beschäftigung mit Musik ein guter Weg, um lösungsorientiert zu handeln.

Gibt es Schwerpunkte, die Sie neu setzen wollen?

Wolfart und Knust: Dank der hervorragenden Arbeit von Roland Merkel steht die Schule sehr gut da und es wird uns erst einmal darum gehen, auf Kurs zu bleiben. Natürlich wird ein neues Leitungsteam mittel- und langfristig auch Veränderungen mit sich bringen. Unsere Schwerpunkte sind dabei wie erwähnt: Kooperationen stärken, inklusive Angebote und Angebote für Senioren entwickeln und praktische eigene musikpädagogische Erfahrungen für Schüler anbieten. Neues sollte dabei im engen Austausch mit dem Kollegium entstehen und wachsen.

Freier Autor Stefan Kern ist ein freier Mitarbeiter der Schwetzinger Zeitung.

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