Erinnerungen - Hans-Peter Rösch freut sich, über unsere Zeitungsserie an seine Modelleisenbahn erinnert worden zu sein / Nur zwei Fotos existieren noch

Nächte im Schein der Taschenlampe verbracht

Von 
kaba
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„Zu meinem ersten Geburtstag hat mir mein Papa ein Starterset geschenkt – mit Schienen, einem Güterzug und drei Waggons.“ Als Hans-Peter Rösch (Bild) davon erzählt, funkeln seine Augen. Der erste Geburtstag – das war 1954. Doch dieses besondere Geschenk hat vor allem seine Kindheit und seine Jugend immens geprägt.

Hans-Peter Rösch gehört zu den Lesern, die unserer Redaktion von ihrer Modelleisenbahnlage erzählen möchten. „Ihr Aufruf hat meine Erinnerungen geweckt“, sagt der Schwetzinger und zeigt zwei Fotografien. „Meine Eisenbahn“ steht in der Schreibschrift eines Kindes darunter, dazu die Jahreszahl 1964. „Das ist leider das einzige, was ich noch habe.“

Na ja: fast. Da sind ja noch die Bilder im Kopf, die sich eingeprägt haben. Die Abende mit dem Vater, die Stunden, die beide mit dem Bau der Modellbahnanlage und dem Fahren der Züge verbracht haben. Vater und Sohn gemeinsam – viele Modellbahnliebhaber teilen diese unvergessenen Momente.

„Zu allen möglichen Feiertagen wie Geburtstag, Ostern oder Weihnachten gab es etwas für die Modelleisenbahnanlage dazu. Mein Vater hat immer sehr akkurat und chronologisch die Anschaffungen dokumentiert“, berichtet er von einem entsprechenden Ordner.

„Bergbau“ im Einkochtopf

Die Fotos, die er zeigt, sind einst in der elterlichen Wohnung in der Karlsruher Straße in Schwetzingen entstanden. „Die Häuser hatten damals im Flur einen Treppenabsatz vor dem eigentlichen Wohnungseingang. Wir haben im dritten Geschoss gewohnt und auf dem Treppenabsatz stand die Eisenbahn“, beschreibt er. Mit der alten amerikanischen Taschenlampe hätten er und sein Vater dort so manche Nacht im Treppenflur verbracht. Taschenlampe deshalb, weil niemand ständig das automatisch ausschaltende Licht anknipsen wollte. „Und die Mutter kam gegen Mitternacht zu uns und fragte, ob wir nicht endlich ins Bett gehen wollten“, muss er beim Erzählen schmunzeln.

Irgendwann stand ein Umzug ins Haus der Oma nach Eppelheim an. Im Obergeschoss fand auch die Eisenbahnanlage ihren Platz: in zwei Zimmern auf sieben mal 2,50 Metern. Häuser und Landschaften wurden mit der Hand gefertigt, eine Tankstelle mit Restaurant integriert, sogar ein Schwimmbad mit Sprungturm samt Badenixen gab es. Der ausrangierte Einkochtopf der Oma diente zur Herstellung eine Masse aus Eierkartons und Tapetenkleister. Daraus entwuchsen Berge für die Modellbahnanlage, die dann noch mit Farbe den entsprechenden Naturtouch erhielten. Zur Winterzeit wurden die Modellberge mit Kunstschnee bestäubt. Die Strecke erhielt auch Oberleitungen und wurde so elektrifiziert. Als die Oma 1972 verstarb, wurde alles zusammengepackt und in der elterlichen Wohnung in Schwetzingen eingelagert. „Wir hatten nicht mehr den Platz, um alles aufzubauen. Mein Papa hat noch über Jahre immer zu Weihnachten die Loks rausgeholt und fahren lassen“, erzählt Hans-Peter Rösch. Dann wanderten sie wieder in Kartons, schön eingewickelt in Ölpapier.

Als der Vater 2000 verstarb, wurde die Eisenbahnanlage verkauft – samt akribisch zusammengestelltem Ordner. „Heute hätte ich den Platz wieder, um die Bahn aufzubauen“, bedauert Hans-Peter Rösch. Doch eines kann ihm keiner nehmen: Die Erinnerungen an eine „herrliche Zeit“, wie er selbst sagt, und an ein enges Verhältnis zu seinem Vater. kaba

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