Schwetzingen. Gemeinsame Zeit mit dem Baby ohne äußere Einflüsse verbringen, die Entwicklung des Kleinen feinfühlig begleiten, sich mit anderen Eltern austauschen und dem Kind ermöglichen, selbst als Säugling erste soziale Kontakte mit Gleichaltrigen zu knüpfen: Das geht mit neuen Angeboten in der Volkshochschule Schwetzingen. Hier initiiert Marion Güttler Kurse nach dem Prager-Eltern-Kind-Programm, kurz PEKiP. Wir haben mit Marion Güttler aus Schwetzingen gesprochen, die diese Kurse leitet.
Frau Güttler, für welches Alter sind die Kurse geeignet?
Marion Güttler: PEKiP ist für Babys ab vier bis sechs Wochen konzipiert und kann die Babys so durch das ganze erste Lebensjahr begleiten. In meinem Kurs waren die jüngsten Babys sieben bis acht Wochen alt.
Was verbirgt sich hinter PEKiP?
Güttler: Das „Prager-Eltern-Kind-Programm“ (PEKiP) stellt eine Entwicklungsbegleitung für das erste Lebensjahr dar. Es ist eine Form der Gruppenarbeit für Eltern mit ihren Babys. Dieses Konzept umfasst Anregungen zur Entwicklung der Kinder und berücksichtigt die veränderte Situation von Eltern nach der Geburt eines Kindes. Inhaltlich werden Spiel- und Bewegungsmöglichkeiten zum unmittelbaren Tun vermittelt, die dem jeweiligen Entwicklungsstand eines Kindes angemessen sind. Diese Anregungen gehen auf den Psychologen Dr. Jaroslav Koch zurück, der sie am Institut für Mutter und Kind in Prag entwickelte und sie jeweils einzelnen Müttern mit ihren Kindern vermittelte.
Zu den Kursterminen und den Anmeldungen
PEKiP Gruppe – Einstiegskurs Entwicklungsbegleitung im ersten Lebensjahr, für im Februar und März geborene Babys, ab Montag, 18. September (8-mal montags), 9 bis 10.30 Uhr, 106 Euro Kursgebühr. Anmeldung bis diesen Freitag, 15. September. Es gibt noch freie Plätze.
PEKiP Gruppe – Fortsetzungskurs Entwicklungsbegleitung im ersten Lebensjahr Fortsetzungskurs, für im Februar und März geborene Babys, ab Montag, 27. November (8-mal montags), 9 bis 10.30 Uhr, 106 Euro Kursgebühr. Anmeldung bis 16. November.
PEKiP Gruppe – Einstiegskurs Entwicklungsbegleitung im ersten Lebensjahr, für im Juni und Juli geborene Babys ab Montag, 9. Oktober (10-mal montags), 11 bis 12.30 Uhr, 132 Euro Kursgebühr. Anmeldung bis 4. Oktober.
Alles Kurse betreut Marion Güttler in der Volkshochschule Schwetzingen. Die Anmeldung kann online unter www.vhs-schwetzingen.de oder unter der Nummer 06202/2 09 50 erfolgen.
Was unterscheidet PEKiP von anderen Eltern-Kind-Kursen?
Güttler: Zum Einen sind die Babys komplett nackt – auch ohne Windel. Das gemeinsame Ausziehen der Babys stellt bereits die erste Anregung dar, welche Feinfühligkeit bei der Bezugsperson fördert und eine sehr innige Interaktion zwischen beiden unterstützt. Babys lieben es in aller Regel, nackt zu sein. So unterstützt dies im PEKiP die Bewegungsfreiheit der Babys und viele neu erlernte Bewegungen fallen den Kleinen nackt leichter. Zum anderen durchläuft man als PEKiP-Gruppenleiterin eine sehr qualifizierte Weiterbildung mit zirka 100 Unterrichtsstunden, die ausschließlich Personen mit vorheriger pädagogischer Ausbildung oder Studium vorenthalten ist.
Welche Vorteile bietet der Kurs einerseits für Babys und welche gibt es für die Eltern?
Güttler: PEKiP basiert wesentlich auf vier Säulen: Wahrnehmen und Begleiten der kindlichen Entwicklung, Unterstützen der Eltern-Kind-Beziehung, Fördern der Elterngespräche und Anregen der Kind-Kind-Kontakte. Die Vorteile ergeben sich aus diesen vier Zielen: Die Eltern werden feinfühliger im Umgang mit ihrem Baby und dadurch auch selbstsicherer in ihrer Interaktion mit dem Kind. Die Babys wiederum erleben dadurch feinfühlige Eltern. Eine sichere Bindung zueinander kann so viel leichter aufgebaut werden. Die Eltern können sich untereinander vernetzen, sich gegenseitig unterstützen, was in unserem heutigen „Inselleben“ enorm wichtig ist. Und die Babys lernen erste soziale Kontakte mit Gleichaltrigen. Hier wird sich sowohl geküsst und abgeschleckt, als auch schon mal etwas grober angefasst, was ihnen etwas später in einer Betreuungseinrichtung helfen kann, sich im sozialen Gefüge besser zurechtzufinden.
Heutzutage kann es mit der Förderung von Kindern nicht früh genug losgehen. Was steht bei PEKiP im Vordergrund?
Güttler: Mir persönlich geht es darum, den Eltern den Druck zu nehmen, ihre Kinder bereits schon im Babyalter bestmöglich fördern zu müssen. Auch ist es mir ein großes Anliegen, dass die Eltern auf ihr Kind schauen und es nicht mit den anderen Babys vergleichen. Denn jedes Baby ist individuell und einzigartig und entwickelt sich in seinem ganz eigenen Tempo. Den Babys werden spielerisch Anregungen angeboten, die sie in ihrer jeweiligen Entwicklung unterstützen – das stellt natürlich eine Form der Förderung dar. Eine wichtige Kompetenz, die die Eltern hier gemeinsam erfahren, ist es, ihre Kinder bedürfnisorientiert zu begleiten, deren Grenzen zu erkennen und zu respektieren. Dazu ist es wichtig, zunächst einen Raum zu bieten, in dem sich die Eltern ganz ohne Druck von außen 90 Minuten lang auf ihr Baby konzentrieren dürfen. Als Gruppenleiterin komme ich immer wieder auf die Entwicklung der Babys zurück und gebe hierzu in jeder Stunde Hintergrundinformationen, zum Beispiel zu Themen wie „greifen“, „Tastsinn“, „Bauchlage“, „sitzen“. Was mir noch wichtig ist: Singen und Fingerspiele sind keine PEKiP-Anregungen, sie gehören nicht wie in anderen Gruppen zum festen Repertoire.
Besonders in den Anfangswochen ist es für frisch gebackene Eltern, mit Schreibaby oder während des Wochenbetts oft eine Herausforderung, einen wöchentlichen Termin einhalten zu müssen. Ist PEKiP für alle Eltern und Babys geeignet?
Güttler: Natürlich sollte jede Bezugsperson, die sich für einen PEKiP-Kurs anmelden möchte, danach schauen, ob es schon passend ist oder doch nach dem nächsten Kurs Ausschau halten. Es gibt Eltern, die mit einem wenige Wochen alten Baby so froh sind, einmal die Woche „rauszukommen“ und sich mit anderen Eltern auszutauschen. Sollte man sich für einen Kurs entscheiden, ist hier jede Bezugsperson mit ihrem Baby willkommen, auch, wenn das Baby zum Beispiel unruhiger ist und viel weint oder auch einen besonderen Bedarf in Form einer Behinderung hat. Mir ist es ganz wichtig, den Eltern eine entspannte Zeit zu ermöglichen. Dazu gehört auch, dass sich niemand abhetzen muss, um pünktlich zu erscheinen. Auch ist es allen frei, den Kurs früher zu verlassen, wenn es für Baby oder Bezugsperson nicht mehr passt. Während des Kurses darf selbstverständlich jederzeit das Bedürfnis des Babys gestillt werden, sei es im Raum herumlaufen, stillen, füttern oder auch mal nach draußen gehen.
Was ist für Sie persönlich die Faszination an PEKiP?
Güttler: Als Mutter von drei Kindern (drei, fünf und acht Jahre) empfinde ich die Entwicklung von Kindern und gerade im ersten Lebensjahr als unglaublich spannend und freue mich mit dem großen Theoriewissen aus der PEKiP-Weiterbildung, Eltern und Babys etwas mit auf den Weg geben zu dürfen und zu sehen, wie sich die Babys, aber auch die Eltern weiterentwickeln.
Wie ist die Resonanz von Eltern, die den Kurs gemacht haben?
Güttler: Die Resonanz der Teilnehmerinnen war so, dass sie vor allem die ruhige, entspannte Atmosphäre schätzen, aber auch die unterschiedlichsten Anregungen, die sie auch in ihren Alltag mit übernehmen können. Als Mutter und als Doula ist es mir ein großes Anliegen, immer wieder auch auf die Bedürfnisse der Eltern – in unserem Fall waren es ausschließlich Mütter – einzugehen und ihnen etwas Gutes zu tun, denn sie leisten so unglaublich viel! Da können Energiekugeln oder ein aufbauender Text schon helfen.
Wie ist der Raum in der Volkshochschule Schwetzingen ausgestattet?
Güttler: Der Raum in der VHS ist zweckmäßig ausgestattet, mit einer großflächig ausgelegten Matte, auf der die Babys frei krabbeln können. Ich biete, je nach Entwicklungsstand der Babys, jedes Mal ein anderes Arrangement an. Es gibt ein Waschbecken im Zimmer – ein Wickeltisch wird nicht benötigt, da die Babys auf dem Boden an und ausgezogen werden. Ein barrierefreier Zugang für Kinderwagen ist über die Musikschule gewährleistet.
Wird PEKiP von der Krankenkasse übernommen?
Güttler: Die Kosten muss man in der Regel selbst tragen. Einige vereinzelte Krankenkassen übernehmen wohl über spezielle Programme teilweise die Kosten. Das sollte bei der jeweiligen Kasse individuell erfragt werden.
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