Schwetzingen. „Die musizieren ja ungewöhnlich harmonisch und kollegial.“ – „Das ist mal wieder ein Abend so richtig zur Entspannung.“ – „Schön, dass es als Erinnerung von diesem Programm auch eine nagelneue CD gibt.“ Zufallsstimmen von Besuchern beim Pausengespräch im linken Zirkel des Schwetzinger Schlosses.
Meinungen und Eindrücke, die gewissermaßen ins sprichwörtliche Schwarze treffen. Obwohl der Titel „Bachs Labyrinth“ vielleicht etwas kryptisch und verwirrend klingen mag und wohl auch soll, entpuppte sich das Gastspiel der deutsch-französischen Kammermusikgruppe „Aux pieds du Roy“ (so viel wie „Zu Füßen des Königs“) als transparentes Programm mit Bach-Bearbeitungen, das keineswegs als musikwissenschaftliches Seminar daherkam, sondern als leichtfüßige bunte Soirée für den gehobenen Anspruch, die zugleich auch das Repertoire für gemischte historisch informierte Musikergruppen bereichern dürfte. Schon die Besetzung für drei Solostreicher und drei Bläser samt Cembalo wird so manche Freunde der Barockmusik in Neugierde versetzen.
Winter in Schwetzingen: Schöpfer hochinspirierter Kammerkonzerte
Zu den Verdiensten des Initiators und „Dirigenten“ an der Blockflöte Michael Form – der dem Schwetzinger Publikum bisher vor allem als musikalischer Leiter etlicher Opern im Rokokotheater bekannt war – zählt auch seine unverkrampfte, geradezu familiäre Moderation, die auf die sonst weniger beachtete Leistung von „König Johann Sebastian“ als Schöpfer hochinspirierter Kammerkonzerte verwies und den Akzent darauf legte, welchen Rang Bach in seiner Weimarer Zeit bei der Entwicklung der seinerzeit jungen Gattung solistisch besetzter Kleinensembles einnahm. Wie Form diesen musikhistorischen Hintergrund mit ebenbürtiger, makelloser Klanggestaltung beim Musizieren in Harmonie brachte, war schlicht bewundernswert.
Das Geheimnis dieser farblich so sensiblen Kompositionsweise ist wohl beim Organisten (!) Bach zu finden. Wie jener den Registerreichtum seiner Instrumente sucht und nutzt, so denkt auch der Kammermusiker Bach in den Kategorien der Klangfarben. Besonders deutlich wurde diese Methode in Forms eigener Bearbeitung des grandiosen Es-Dur-Präludiums aus der sogenannten „Orgelmesse“, das sich an diesem Abend im Mozartsaal mit seiner glasklaren Akustik fast wie von selbst zum Kulminationspunkt des Konzerts steigerte.
Winter in Schwetzingen: Historie humorvoll verpackt
Lautstarke Zustimmung für seine kurzweilige Viertelstunde informativer Instrumentenkunde erfuhr auch der Hornist Alexandre Zanetta: Dessen Exkurs samt humorvoller Einführung in die historische Entwicklung seines tückischen Instruments bis hin zum virtuosen Einsatz bei Bachs zweitem Brandenburgischen Konzert bis in höchste intonationssichere Töne ist zu preisen.
Insgesamt ein rarer Abend ohne Frack und Fliege, Abendrobe und üblicher Akkuratesse, dafür mit einem klug ausgewählten Barock-Programm, das sogar mit einem g-Moll-Concerto einen Abstrecher zum Zeitgenossen Antonio Vivaldi wagte und so Bachs offenen Weltblick und dessen Respekt vor der Kunst des venezianischen Kollegen dokumentierte.
Schade nur, dass der Mozartsaal im Schloss noch etliche leere Plätze aufwies.
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