Schwetzingen. „Beim Schwimmen bin ich einfach für mich und in der Zeit, in der ich im Wasser bin, bin ich unantastbar und habe meine Ruhe. Das tut wirklich sehr gut und hat was Meditatives“, sagt Nikolai Schäfer. Sein Hobby begleitet ihn schon seit seiner Kindheit – seitdem er sechs Jahre alt ist, ist er in der DLRG Ortsgruppe in Schwetzingen aktiv. An seiner Leidenschaft fürs Schwimmen hat sich bis heute nichts geändert. Der 43-Jährige sucht immer wieder die Herausforderung – sei es im Kader des Landes Baden-Württemberg, bei internationalen Wettkämpfen, Seequerungen oder zuletzt bei der Durchquerung des Ärmelkanals.
Nikolai Schäfer ist gemeinsam mit vier weiteren Personen von Dover nach Calais geschwommen. Die Strecke beträgt 34 Kilometer. Effektiv habe das Team aber aufgrund der Strömung und des Abtriebs knapp 39 Kilometer zurückgelegt. Die Schwimmer waren vom Startpunkt „Samphire Beach“ bis zum Ziel am „Cap Gris-Nez“ 10:27 Stunden unterwegs und somit die schnellste deutsche Staffel überhaupt seit 150 Jahren. Mit dieser Leistung sind die Sportler mehr als zufrieden und stolz.
Das Team um Nikolai Schäfer durchschwimmt den Ärmelkanal mit deutscher Rekordzeit
Die Durchquerung des Ärmelkanals wird von der „Channel Swimming Association“ (CSA) organisiert und überwacht. Die CSA ist ein inoffizieller Dachverband für den Ärmelkanal, der 1927 gegründet wurde, um die Durchquerungen zu authentifizieren und die Leistung von Schwimmern zu dokumentieren. Seit 1875 wurde der Ärmelkanal 3.161 Mal erfolgreich durchquert. 2025 haben insgesamt 130 Soloschwimmer und Staffeln die Strecke absolviert. Den Schwimmern steht dabei frei, ob sie den Ärmelkanal allein oder als Gruppe durchqueren. Außerdem gibt es verschiedene Pakete: Es kann der einfache, der zwei-, vier- oder sechsfache Weg geschwommen werden.
Channel Swimming Association (CSA)
- Seit 1875 wurde der Ärmelkanal 3.161 Mal erfolgreich durchquert.
- 2025 haben insgesamt 130 Soloschwimmer und Teams die Strecke absolviert.
- Die Vereinigung wurde 1927 gegründet , um Schwimmversuche offiziell zu überwachen.
- Die CSA setzt Regeln auf, registriert erfolgreiche Schwimmversuche und hält die Aufzeichnungen dieser sportlichen Erfolge fest.
- Matthew Webb war der erste Mensch , der 1875 innerhalb von 21 Stunden und 45 Minuten durch den Ärmelkanal geschwommen ist.
- Die heutigen Regeln orientieren sich an seinem Versuch: Es darf nur mit normaler Badehose , Badekappe , Schwimmbrille und optional mit Ohrstöpseln geschwommen werden.
- Das Team um Nikolai Schäfer hat mit 10:27 Stunden einen deutschen Rekord aufgestellt.
Matthew Webb war der erste Mensch, der im Jahr 1875 innerhalb von 21 Stunden und 45 Minuten durch den Ärmelkanal geschwommen ist. Die heutigen Regeln, die für die Schwimmer gelten, orientieren sich an seinem Versuch. Es darf nur mit normaler Badehose, Badekappe, Schwimmbrille und Ohrstöpseln geschwommen werden – ein Neoprenanzug ist trotz der geringen Wassertemperaturen nicht erlaubt.
Das Team um Nikolai Schäfer ist bei 16,4 Grad Celsius ins Wasser – der 43-Jährige spricht von einer Wohlfühltemperatur. Vorherige gesundheitliche Check-Ups beim Arzt, ein ausgestelltes Attest und ein Kaltwasserschwimmzertifikat sind Voraussetzungen für eine Teilnahme an der Ärmelkanaldurchquerung. Das Zertifikat fordert, dass jeder Sportler zwei Stunden lang bei einer maximalen Wassertemperatur von 15 Grad Celsius schwimmen kann.
Nikolai Schäfer wurde durch Bekannte auf das sportliche Event aufmerksam gemacht. Ein Team habe noch freie Plätze gehabt und Mitschwimmer gesucht. Mit seiner Leidenschaft fürs Schwimmen und den Erfahrungen bei verschiedenen Seedurchquerungen war der Schwetzinger für diese Position prädestiniert. Mit dem intensiven Training haben die Schwimmer vor einem Jahr begonnen. Da die Teammitglieder über ganz Deutschland verstreut wohnen, fand lediglich das erste Training gemeinsam in München statt. Danach trainierte jeder für sich und dokumentierte seinen sportlichen Fortschritt.
Der Schwetzinger übte für sich vier bis fünf Mal pro Woche, weite Strecken und lange Zeit zu schwimmen. Das Training habe er nach und nach gesteigert und häufig zehn bis zwölf Kilometer zurückgelegt. Dazu sei er viel im Hallenbad gewesen. Um die niedrigen Temperaturen auszuhalten und umweltbedingte Störfaktoren wie beispielsweise den Wellengang zu trainieren, sei er ab dem Frühjahr hin und wieder in Seen geschwommen. Außerdem habe er sich zu Hause in die Eistonne gelegt.
„Am Anfang habe ich wirklich die Sekunden gezählt und es nicht länger als 56 Sekunden ausgehalten. Das habe ich dann nach und nach gesteigert. Der Kopf und die richtige Atmung spielen da viel mit rein“, erzählt der 43-Jährige. Am Ende konnte er laut eigenen Angaben 20 bis 25 Minuten in der Eistonne sitzen bleiben. Auch die Ernährung hat er für die Ärmelkanaldurchquerung angepasst. Familie und Freunde reagierten mit viel Interesse und Begeisterung auf das sportliche Vorhaben. Nikolai Schäfer betont, dass er auch seinem Arbeitgeber dankbar sei, der ihm viel Zeit geschenkt und Unterstützung geboten hätte.
Die Durchquerung des Ärmelkanals ist nicht die letzte sportliche Herausforderung, der sich Nikolai Schäfer stellt
Das Team hat einen Timeslot von einer Woche zugewiesen bekommen, in der es vor Ort und abrufbereit war. An welchem Tag sie letztendlich starten konnten und dass sie um vier Uhr morgens losgeschwommen sind, hing mit dem Tidenhub und den Wetterbedingungen zusammen. Das Boot musste selbst gechartert werden. Mit an Bord waren ein Lotse und ein Skipper, die Funkkontakt zu den großen Frachtern hatten und die Durchquerung steuerten.
Außerdem beobachtete ein sogenannter „Observer“ von der CSA, dass alles regelkonform durchgeführt wurde. Jeder schwamm eine Stunde am Stück, bevor gewechselt wurde und das nächste Teammitglied an der Reihe war. Jeder Sportler war zweimal im Wasser – der erste Schwimmer sogar dreimal und hatte die Ehre, die Ärmelkanaldurchquerung seiner Mannschaft zu eröffnen und zu beenden. Vor ihrem Sprung ins kalte Wasser wurden die Teilnehmer eingefettet, damit ihre Haut vor dem Salzwasser geschützt war.
Im Sonnenaufgang seien sie durch Quallen geschwommen und auf ihrem Weg nach Frankreich streckenweise von Delfinen begleitet worden. Trotzdem war für Nikolai Schäfer das Besondere, beim Schwimmen den Schriftzug des ehrwürdigen Boots „Viking Princess II“ zu sehen. Der Katamaran sei sehr prestigeträchtig, was die Kanalschwimmerei betreffe – die Skipper des Boots seien sehr gut in dem, was sie machen und im Kanal berühmt. „In dem Moment habe ich das erst realisiert. Jetzt bin ich wirklich da, worauf ich ein Jahr lang hingearbeitet habe“, erzählt er.
Die Kosten für das Einweg-Staffelschwimmen belaufen sich laut Angaben der Channel Swimming Association umgerechnet auf zirka 490 Euro. Das Begleitboot samt Besatzung muss ebenfalls gechartert werden – der CSA zufolge kostet dies umgerechnet 3445 Euro. Hinzu kommen An- und Abreise, die Unterbringungskosten vor Ort, das Equipment und die Gelder, die in die Vorbereitung fließen.
Nikolai Schäfer war es das Abenteuer wert. Als nächste sportliche Herausforderung plant der Schwimmer die 14 Kilometer lange Durchquerung des Ortasees in Italien. „Ich habe die Leidenschaft entdeckt, für mich selbst und meine eigenen Strecken zu schwimmen. Das finde ich als Event interessanter als kurze Distanzen“, erklärt er.
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