Schwetzingen. „Du bist ein Gott, der mich sieht.“ Der Satz von Hagar, der Sklavin Abrahams und Saras, steht in der Geschichte im ersten Buch Mose im 16. Kapitel. Mit der Jahreslosung der evangelischen Kirche lud die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) in Schwetzingen am Sonntag zum ökumenischen Gebetstag ein.
Auftakt war am Vormittag ein Gottesdienst in der katholischen Kirche St. Pankratius, der von Dekan Uwe Lüttinger, Pfarrerin Dr. Franziska Beetschen, Priester Steffen Haubner von der Neuapostolischen Kirche, Hans Peter Theilig von der evangelischen Gemeinde am Schlossplatz und Susanne Bertrand-Baumann vom katholischen Gemeindeteam gemeinsam gestaltet wurde. Der Chor der evangelischen Kirchengemeinde und der katholische Kirchenchor St. Pankratius unter der Leitung von Professor Dr. Stefan Zöllner-Dressler und mit Wolfram Heid an der Orgel schickte musikalische Gebete gen Himmel.
Ökumenischer Gebetstag in Schwetzingen: „Wir sind nicht allein“
„Herr, du hast mich erforscht und du kennst mich. Ob ich sitze oder stehe, du weißt von mir. Von fern erkennst du meine Gedanken“, sprachen die Gläubigen im Wechsel den Psalm. „Wir sind nicht allein. Gott ist uns nah! Er kennt unsere Situation und interessiert sich für uns.“ Das war das Motto des Gebetstags. Wenn wir beten, sprechen wir mit ihm: „Ich danke dir, dass du mich so wunderbar gestaltet hast. Ich weiß: Staunenswert sind deine Werke.“
Priester Haubner begrüßte die Zusammenkunft der Christen, um für die Einheit und für Gottes Herrlichkeit zu beten. Das gemeinsame Gebet lasse die Sonne im Herzen aufgehen: „Wenn du mich anschaust, dann kann ich mich anschauen.“ „Lobe den Herrn meine Seele“ erklang es von der Empore. Pfarrerin Beetschen las aus dem Lukas-Evangelium die Geschichte, in der Jesus nach Jericho kam und dort einen Mann namens Zachäus, einen Zöllner, erblickte, der auf einem Maulbeerfeigenbaum saß. Jesus sagte: „Zachäus, komm schnell runter. Ich möchte dich heute besuchen.“ Zachäus verspricht, in Zukunft niemandem mehr Geld wegzunehmen und ehrlich zu leben.
Ökumenischer Gebetstag in Schwetzingen: Augenblicke, die das Leben verändern
Es gebe Augenblicke, die ein Leben veränderten, positiv wie negativ, führte Dekan Lüttinger aus. In der Geschichte des kleinen Mannes Zachäus gehe es um so einen Augenblick mit Gott: „Er ist ein Gott, der ihn sieht. Er stellt das Leben des kleinen Mannes auf den Kopf.“ Lüttinger zeigte der Gemeinde eine Ikone. Ein Christusbild schaut die Menschen immer an. Die Augen des Herrn haben einen immer im Blick. Einerseits sei das ziemlich herausfordernd, bat er die Gemeinde, die Augen zu schließen und still innezuhalten. Andererseits sei es aber auch eine gute Erfahrung, „im Blick Gottes zu sein“. Lüttinger zitierte eine kleine Geschichte des Jesuitenpriesters Anthony de Mello: „Ich hatte ein ziemlich gutes Verhältnis zu dem Herrn.“ Eines Tages blickte er den Herrn an: „Die Augen sagten nur: Ich liebe dich.“
Gemeinsam wurden die Fürbitten gesprochen, für alle Menschen auf der Flucht, damit Gott ihnen Stärke und Mut gebe, die Spaltungen überwinde und ihnen die Einheit schenke. Die Schwestern und Brüder, gemeinsam als Christen im Band der Taufe verbunden, im Glauben an den einen Gott, beteten das Vaterunser. Die Kollekte war für den Kinderförderfonds südliche Kurpfalz bestimmt, mit dem der Kinderarmut aktiv entgegengewirkt werden soll. Nach dem Segen endete der Gottesdienst mit dem dreistimmigen Kanon „Dona nobis pacem“ mit dem deutschen Text „Gib uns Frieden“. Die Gottesdienstbesucher spendete Beifall.
Bei der evangelischen Gemeinde am Schlossplatz 9 gab es einen kostenfreien Mittagsimbiss. Wer noch verweilen wollte, konnte gemeinsam mit Anna und David Hentzschel mit modernen Liedern beten. Ein Segensweg für alle Sinne war die Einladung in die evangelische Stadtkirche – zum Bleiben, Nachdenken, Beten und Auftanken. Mitsingen war dabei angesagt. Diakonin Margit Rothe begleitete die Segenslieder mit der Gitarre. „Tanken Sie Segen“, hieß die Aufforderung, bei Kaffee oder Tee auf Entdeckungsreise zu verschiedenen Stationen zu gehen. Eine tolle Idee, zusammen mit den Konfirmanden entwickelt, war auch der „Vaterunser-Weg“ durch den Mittelgang. Beim bekanntesten Gebet der Christen durfte man gerne anhalten, nachdenken, in sich gehen. An der Station „Segenskerzen gestalten“ ließen die Besucher ihrer Kreativität freien Lauf. Die eigenen Kunstwerke durfte man mit nach Hause nehmen.
Segensgeschichten der Bibel waren zum Nachlesen da. Hagars Erzählung, wie sie am Vormittag im ökumenischen Gottesdienst vorgetragen wurde, gehört zu den ältesten Geschichten der Bibel. „Wenn ich auf mein langes Leben zurückblicke, kann ich sagen: Über meinem Leben lag der Segen Gottes“, berichtet Hagar. Auch irische Segenstexte waren für den Gebetstag ausgewählt worden. Vom 6. bis 10. Jahrhundert entstanden in Irland Segenstexte, die mündlich weitergegeben wurden, von Bauern, Hirten, Seefahrern und Müttern. Erst viel später wurden sie aufgeschrieben.
Ökumenischer Gebetstag in Schwetzingen: Lachyoga und Abendsegen
„Vor Gottes Angesicht“ waren Impuls und Gebet überschrieben, zu denen das katholische Gemeindeteam in die Kirche St. Pankratius eingeladen hatte. Menschen, die herzlich lachen wollten, waren am Nachmittag bei der evangelischen Gemeinde am Schlossplatz 9 an der richtigen Adresse. „Lachen ist die beste Medizin“, sagt der Volksmund. Beim Lachyoga mit Yogalehrerin Regina Weber stehen Singen, Lachen und Tanzen im Vordergrund. Seit vielen Jahren leitet die Clownin Kinder- und Erwachsenengruppen. Bei Musik und in entspannter Atmosphäre können kleine und große Menschen gemeinsam Spaß haben an der Bewegung und innerlich zur Ruhe kommen.
Der Taizé-Abendsegen mit Diakonin Margit Rothe beschloss dann in der evangelischen Stadtkirche den sechsten ökumenischen ACK-Gebetstag.
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