absterbende Straßen- und Parkbäume

Pilz befällt Hainbuchen in der Region um Schwetzingen: Das sagen die Experten

Der Pilz Anthostoma recipiens bedroht die Hainbuchen in Schwetzingen, Plankstadt, Brühl, Hockenheim und Oftersheim. Lokale Experten diskutieren über Lösungen für den Befall und die Anpassung an das veränderte Klima.

Von 
Rolf Simianer
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© Rolf Simianer

Schwetzingen. Die Schwetzinger Zeitung hat eine Umfrage bei Menschen aus der Region durchgeführt, die täglich in ihrem Berufsleben mit kranken und absterbenden Straßen- und Parkbäumen konfrontiert sind, und die vor Ort Lösungen finden müssen.

Bäume in der Region um Schwetzingen von Pilz befallen: Hat die Hainbuche noch eine Zukunft?

Doreen Suppe, Fachagrarwirtin für Baumpflege und Baumsanierung bei der Stadt Schwetzingen: In Schwetzingen wurde der Pilz Anthostoma recipiens bereits 2018 entdeckt. Am Friedhof wurden befallene Hainbuchen wegen Bruchgefahr auf vier Meter Höhe zurückgesägt, in der Hoffnung auf Bildung einer Sekundärkrone: Mit diesem Neuaustrieb könnten die Bäume vielleicht noch ein paar Jahre am Standort verbleiben. Es muss aber grundsätzlich überlegt werden, ob man die Hainbuche als Straßenbaum in Zukunft überhaupt noch pflanzt, oder ob man Biodiversität schafft, indem man andere Baumarten anpflanzt. Zum Beispiel die Hopfenbuche, die der Hainbuche sehr ähnlich sieht und jedenfalls im Moment klimafester erscheint. Unsere Stadtbäume haben es sehr schwer: Neben den trockenen Hitzesommern beeinträchtigen zusätzliche Stressfaktoren wie Eintrag durch Streusalz, Bodenverdichtung, Hunde-Urin, Anfahrschäden und Vandalismus ihre Entwicklungsmöglichkeiten.

Timm Klemm, Vorarbeiter der Gemeindegärtner in Plankstadt: Die Gemeinde Plankstadt ist vom Pilz Anthostoma recipiens sehr stark betroffen, was dieses Jahr zum ersten Mal festgestellt wurde. Das ist sehr bedrohlich, da die Hainbuche bisher als einer unserer Zukunftsbäume galt. Wir haben in den vergangenen Jahren deswegen sehr viele Hainbuchen gepflanzt. Wir versuchen im Moment, durch Schnittmaßnahmen und verbesserte Bewässerung den Bestand so lange als möglich zu erhalten.

Dr. Andreas Askani, Bereichsleiter Umwelt und Naturschutz der Gemeinde Brühl: In Brühl haben wir in der Vergangenheit in den Straßen zahlreiche Säulen-Hainbuchen gepflanzt, die mit den schwierigen klimatischen Bedingungen im innerörtlichen Bereich – Trockenheit und Hitze – sehr gut zurechtgekommen sind. Wenn diese nun durch eine Pilzerkrankung absterben, geht eine gut geeignete heimische Baumart für die Bepflanzung im Innenbereich verloren.

Matthias Degen, Leiter des Grünflächenwesens der Stadt Hockenheim: Aus Hockenheim kann berichtet werden, dass der Befall noch nicht so stark wie in den umliegenden Gemeinden ist. Wir haben zwar ebenfalls bereits etwa drei bis vier schnell (über eine Vegetationsperiode) abgestorbene Hainbuchen entfernen müssen, konnten jedoch nur bei einer die rote zähe Flüssigkeit erkennen. Ebenfalls ist die Hainbuche in Hockenheim kein allzu häufiger Straßen- oder Parkbaum. Die Hainbuchenhecken in Hockenheim sind überwiegend vital und in einem guten Zustand. Wir werden die Hainbuchenbestände aber zukünftig im Hinblick auf den Pilz Anthostoma decipiens im Auge behalten und die weitere Entwicklung intensiv verfolgen. Da die Hainbuche als einheimischer Baum auch immer als gut klimaresistent galt, ist dieser massive Befall mit den dadurch einhergehenden Ausfällen in den innerörtlichen Hainbuchenbeständen als bedrohlich zu empfinden. Wir würden durch die Nachpflanzung von anderen durch die GALK (Deutsche Gartenamtsleiterkonferenz) getesteten Klimabäume versuchen, diese Ausfälle zu kompensieren.

Jochen Barisch, Leiter des Bauhofs der Gemeinde Oftersheim: Wir beobachten in Oftersheim in den letzten Jahren ebenfalls negative Veränderungen an unseren Hainbuchen mit einigen spezifischen Symptomen dieser Krankheit. Allerdings haben wir hierfür bisher nur den Klimawandel als Ursache angesehen. Über eine Pilzerkrankung an den Oftersheimer Bäumen liegen uns tatsächlich keine Informationen vor. Auch das von Ihnen dokumentierte rote Sekret haben wir in dieser Form noch nicht registriert oder wahrgenommen. Wir werden im Vorfeld unser Sachverständigenbüro für Baumkontrolle darauf hinweisen, beim nächsten Kontrolldurchgang ein verstärktes Augenmerk auf den Pilzbefall zu legen. Sollte das Hainbuchensterben eintreffen, wäre dies ein ernsthaftes Problem für unseren Baumbestand, von dem ja 142 Bäume Hainbuchen sind. Ebenso würde dadurch die Hainbuche als Zukunftsbaum und Klimabaum weitestgehend ausfallen. Generell bereitet uns der Klimawandel viele Probleme und führt zu erheblichem Mehraufwand bei der Baumpflege, -pflanzung und -unterhaltung. Am Beispiel der Hainbuche wird deutlich, dass die zukunftsausgerichtete Auswahl von Stadtbäumen eine besondere Herausforderung sein wird. Vor diesem Hintergrund wird es bereits – wo möglich – praktiziert, dass ganze Straßenzüge nicht nur mit einer einzigen Baumsorte bepflanzt oder nachgepflanzt werden, sondern eine Durchmischung verschiedener Arten angestrebt wird.

Bilder: Simianer

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