Region. Vor der Strafkammer des Landgerichts Mannheim begann am Mittwoch der Prozess gegen zwei Männer und eine Frau, denen die Staatsanwaltschaft schweren Bandendiebstahl beziehungsweise Beihilfe hierzu zur Last legt. Die 47 und 52 Jahre alten Angeklagten sollen zwischen August 2022 und Mai 2023 mit Trickdiebstählen Schmuck und Bargeld aus Wohnungen älterer Menschen in Mannheim, Schwetzingen, Heidelberg und Speyer entwendet haben.
Der 47-Jährige soll dabei an der Haustür geklingelt und sich unter dem Vorwand, die Wasserleitungen überprüfen zu wollen, Zugang zur Wohnung verschafft haben. Dabei soll er jeweils die Wohnungstür offengelassen haben, um dem 52-Jährigen den Zutritt zu den jeweiligen Räumen zu ermöglichen. In einem Fall sollen die Beschuldigten Gewalt gegen eine Person angewandt haben, um mit der Beute fliehen zu können. In fünf Fällen soll die Ehefrau des 52-Jährigen Beihilfe geleistet haben, indem sie zuvor Fahrzeuge angemietet habe, die von den Angeklagten bei der Tatbegehung verwendet worden seien.
Die Staatsanwältin listete sieben Fälle des schweren Banden- und räuberischen Diebstahls auf. Im August 2022 sollen die beiden Männer in einer Wohnung in der Pfaudlerstraße in Schwetzingen Goldschmuck und Uhren im Wert von 7300 Euro gestohlen haben. Im April 2023 sollen sie sich bei einem 85 und 89 Jahre alten Ehepaar im Tilsiter Weg als Praktikanten des Hausmeisters ausgeben haben, um so an Ohrstecker, Anhänger und Ringe im Wert von 5400 Euro zu gelangen. Ein 75-jähriger Mannheimer soll bei der Tatausführung körperlich angegangen worden sein, die Beschuldigten sollen Schmuck für 3000 Euro erbeutet haben. In der Wohnung einer 91-jährigen Heidelbergerin sollen sie die hinzugekommene Tochter fast umgerannt haben und mit Schmuck im Wert von 2000 Euro geflüchtet sein.
An Tankstelle festgenommen
Nach der letzten Tat in Speyer im Mai vergangenen Jahres, wo die Angeklagten einer 88-Jährigen Bargeld und Schmuck gestohlen haben sollen, waren sie schließlich an einer Tankstelle festgenommen worden. Die Beschuldigten zeigten sich geständig und verwiesen auf Schadenswiedergutmachung. Die Prozessbeteiligten hatten sich im Dezember für den Fall eines umfassenden Geständnisses auf ein zu erwartendes Strafmaß verständigt. Das könnte bei den beiden Männern zwischen vier und fünfeinhalb Jahren liegen, für die 51-jährige Ehefrau könnte es eine Bewährungsstrafe sein. Dadurch soll die Hauptverhandlung abgekürzt werden.
Der 47-Jährige, der wie der Mitangeklagte aus Nordrhein-Westfalen stammt, räumte die Taten ein. Er bereue und schäme sich dafür. Er habe keinen Schulabschluss und habe sich mit dem An- und Verkauf von Buntmetall selbständig gemacht. Er sei bei seinen Großeltern aufgewachsen, sagte der 52-Jährige. Er sei nur selten in die Schule gegangen, weil die Sinti-Familie „viel mit dem Wohnwagen rumgereist“ sei. Er habe sein Geld mit dem An- und Verkauf von Bildern und Schmuck verdient. Er entschuldige er sich für sein „schäbiges Verhalten“.
„Die Vorwürfe stimmen“, erklärte der Verteidiger für die Ehefrau. Die 51-Jährige, die während der Einlassung in Tränen ausbrach, bedauere ihr „kriminelles Verhalten“. Seit der Untersuchungshaft habe sie Angst- und Panikattacken. „In unserem Kulturkreis tut die Frau, was der Mann sagt“, betonte sie.
Die Verteidigung legte Überweisungen für verschiedene Geldbeträge vor, die von den Beschuldigten im Januar an ihre Opfer bezahlt worden waren. Die Wiedergutmachung habe die Großfamilie durch Darlehen ermöglicht.
Der Vorsitzende Richter Olaf Rinio verlas Vernehmungen von Geschädigten. „Es beschäftigt uns noch sehr“, hatte eine Seniorin zu Protokoll gegeben. Ein Senior hatte die beiden Männer schon auf der Straße gesehen – und ihnen doch die Tür geöffnet. Es komme „braune Brühe“ aus dem Wasserhahn sollen die Angeklagten zu einem älteren Mann gesagt haben: „Wir sind ängstlicher und vorsichtiger geworden.“ Eine Seniorin hatte Schmuckstücke auf Lichtbildern bei der Polizei wiedererkannt: „Heute habe ich bei jedem Klingeln Angst.“
Von Polizei observiert
Ein 42-jähriger Kriminalbeamter berichtete, wie man den Trickdieben auf die Schliche gekommen sei. Videoaufnahmen vom Eingangsbereich eines Wohnhauses hatten dabei geholfen. Die Beamten waren zuerst auf die 51-Jährige als Mieterin des Fahrzeugs gestoßen. Dann waren die beiden Männer auf der Fahrt von Bielefeld nach Speyer observiert worden. Die Beamten hatten beobachtet, wie die Angeklagten in ein Mehrfamilienhaus gegangen waren.
Nach dem Zugriff an der Tankstelle war das Diebesgut sichergestellt worden. Bei der Wohnungsdurchsuchung in Nordrhein-Westfalen habe man „in jedem Zimmer Schmuck gefunden“. Die 51-Jährige habe noch versucht, einige Stücke zu verstecken. Außerdem hatten die Ermittler Adressen von Goldankaufstellen und Rechnungen von Autovermietungen aufgetan. Vor dem Haus hätten einige hochwertige Fahrzeuge gestanden. „Wir gehen davon aus, dass alle aufgefundenen Gegenstände aus Straftaten stammen“, meinte der Beamte. Die Eheleute hätten ein „luxuriöses Leben“ geführt, mit Rolex-Uhren, teuren Kleidern, Gucci-Handtaschen und kostspieligen Urlauben in St. Tropez. Von rund 1500 sichergestellten Asservaten hatten die Ermittler allerdings nur fünf Schmuckstücke zwei der sieben Taten zuordnen können.
Die Verteidiger verwahrten sich gegen die Mutmaßungen, der Beamte gehe von einem „Generalverdacht“ aus. Ein sichergestellter Goldbarren sei nicht aus Gold. Die vermeintlich teuren Kleider seien Geschenke gewesen. Die Autos seien bezahlt und gehörten den Angeklagten. Der Ermittler kenne wohl die Sinti-Rituale nicht, „bei denen alles, was Gold ist und glitzert, eine Rolle spielt“. Auch bei einer Sinti-Hochzeit bekämen die Brautleute oft Geld überreicht. Die Schmuckstücke könnten auch aus legalem Besitz stammen. Die Polizei habe keine richtigen Untersuchungen durchgeführt, so die Verteidigung. Bei den Ermittlungen sei nicht alles durch Fakten untermauert worden.
Info: Der Prozess wird an diesem Freitag, 9. Februar, 9 Uhr, am Landgericht Mannheim fortgesetzt.
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