Schwetzingen. Seit über einem Jahr hat die Corona-Pandemie die ganze Welt fest im Griff. Das öffentliche Leben wurde komplett heruntergefahren – auch Kultureinrichtungen wie Theater, Museen und Musikschulen. Eine der Betroffenen ist die Musikschule Bezirk Schwetzingen: Vor dem Tag der offenen Tür am Sonntag, 11. Juli, spricht Leiter Roland Merkel über die aktuelle Situation.
Herr Merkel, die Corona-Situation dauert schon über ein Jahr an. Wie geht es Ihnen damit und wie haben sie die Probleme gemeistert, die mit der Pandemie aufgetaucht sind?
Roland Merkel: Die Corona-Krise hat in der Tat den außerschulischen Bildungsbereich, die Bildung allgemein und vor allem die Kultureinrichtungen, wie Theater, Museen, Konzertveranstalter und somit auch die Musikschulen hart getroffen. Als wir im Januar 2020 mit unseren beiden Neujahrskonzerten in der Rudolf-Wild-Halle in Eppelheim noch voll in Schwung waren und uns über die überragenden Leistungen unserer Schüler und Lehrer freuen konnten, wurden wir danach jäh bis zum Stillstand ausgebremst. Das fühlte sich an, als wäre man mit hohem Tempo gegen eine Steinmauer gefahren. Ab 17. März letzten Jahres wurden alle Schulen, darunter auch die Musikschulen, für jeglichen Präsenzbetrieb geschlossen. Glücklicherweise haben wir an unserer Musikschule sehr engagierte und flexible Lehrer. So konnte innerhalb kürzester Zeit, quasi nahtlos, auf alternative Unterrichtsformen, wie Online-Unterricht, Tutorials, Videos und so weiter umgestellt werden. Es galt vor allem, den Unterricht und den Kontakt zu den Schülerinnen und Schülern aufrecht zu erhalten.
Waren die Maßnahmen wie zum Beispiel der Online-Unterricht sinnvoll für die Schüler oder haben sich deren Leistungen in irgendeiner Weise verändert?
Merkel: Der Online-Unterricht wurde über weite Strecken als große Bereicherung während des Lockdowns dankend angenommen. Die alternativen Unterrichtsformen trugen dazu bei, dass der Spaß und die Freude an der Musik, am Instrumentalspiel, am Gesang und auch in der Elementarstufe erhalten werden konnte. Obwohl sich mit dem Online-Unterricht große Erfolge im laufenden Jahr auch beim Wettbewerb „Jugend musiziert“ einstellten – es gab drei Schüler unserer Schule mit Beteiligung am Bundeswettbewerb – sind der Online-Unterricht und alle alternativen Unterrichtsformen Notlösungen, um die Krise zu überbrücken. Ich bin davon überzeugt, dass sich mögliche Defizite bei den alternativen Unterrichtsformen nicht unbedingt in der fachlichen Entwicklung der Schüler niederschlagen. Vielmehr fehlen dem Unterricht die sozialen Kontakte, die Impulse durch andere Mitschüler und natürlich das Zusammenspiel durch die fehlende Ensemblearbeit. Online-Unterricht war und ist aus meiner Sicht wirklich eine notwendige Ersatzleistung, die auch an fast allen Musikhochschulen – selbst im künstlerischen Bereich – zum Einsatz kam.
Hat die Corona-Situation erhebliche Rückgänge der Schülerzahlen verursacht oder konnten Sie dennoch die Schüler halten? Sind neue dazugekommen?
Merkel: Wir hatten durch den ersten Lockdown zum Schuljahr 2020/21 einen Rückgang von etwa 100 Schülern zu verzeichnen. Die Teilnehmerzahlen an unserer Schule sanken von 1400 auf 1300 nach der Stichtagszählung im Oktober letzten Jahres. Es haben sich zum Oktober letzten Jahres in allen Bereichen weniger Schüler angemeldet, aber es gab – wie zu jedem Schuljahr – Neuanmeldungen in allen Fächern, so konnten Kinder für das Instrumentenkarussell aber auch für eine neue Streicherklasse begeistert werden. Beide Angebote mussten aber über einen sehr langen Zeitraum ausgesetzt und konnten erst im Mai wieder aufgenommen werden.
Merkt man einen Unterschied in deren Verhalten? Ist es eine Umgewöhnung besonders für die jungen Schüler, sich nach so einer langen Zeit wieder in Präsenzunterricht zu befinden?
Merkel: Bei jeder neuen Schulöffnung nach einem Lockdown konnten wir feststellen, dass die Schüler richtig happy waren, ihre Lehrer wieder in echt und nicht auf der „Mattscheibe“ zu sehen. Jedes Mal war bei Lehrern und Schülern eine Aufbruchsstimmung zu verspüren, auch wenn das zweifelsohne notwendige Hygienekonzept, die Auflagen mit Maske, Abstand und Trennwand – später kam die Testpflicht noch hinzu – oftmals nervig waren und sind.
Viele Veranstaltungen wie das Lehrerkonzert, die Schülerbühnen oder auch die Proben der Orchester und Bands wurden leider auf Eis gelegt. Werden sie in näherer Zukunft wieder stattfinden und wenn, unter welchen Maßnahmen?
Merkel: Wir hatten seit Januar letzten Jahres – nach unserem bereits oben genannten Lehrerkonzert mit unserem Sinfonieorchester – lediglich ein paar Platzkonzerte, quasi Open-Air-Veranstaltungen ohne größere Auflagen. Unterricht und Proben mit größeren Ensembles waren nicht gestattet. So fielen alle unsere bekannten Veranstaltungen wie Popularmusikkonzert, Parkfest, Leistungsklassenkonzert, Ensemblekonzert, Schülerbühnen oder klasseninterne Vorspiele der Pandemie zum Opfer. Erst seit 28. Juni darf unser Sinfonieorchester, dürfen unsere Ensembles wieder unter Einhaltung eines strengen Hygienekonzepts proben. Es gilt nach wie vor Maskenpflicht auf den Verkehrswegen im Schulgebäude, Aus- und Eingang sind getrennt, Händedesinfektion beim Betreten des Gebäudes, Abstandsgebot, Trennwände bei Bläsern und Sängern, Lüftungen und so weiter. Wir sind optimistisch und hoffen, unser für 2021 geplantes Restveranstaltungsprogramm mit Bläsermatinee im September, Klavierabend im Oktober, Leistungsklassenkonzert im November und Ensemblekonzert im Dezember durchführen zu können.
Am Sonntag steht nun der Tag der offenen Tür an, der letztes Jahr ausfallen musste. Was für Hoffnungen legen Sie in diesen wichtigen Tag und welche Chancen sehen Sie darin für die Musikschule?
Merkel: Wir hoffen, mit unserem Tag der offenen Tür wieder viele Schülerinnen und Schüler für unser vielseitiges Unterrichtsangebot gewinnen und begeistern und somit die Schülerrückgänge des letzten Jahres etwas kompensieren zu können. Es werden für alle Fächer Fachkräfte anwesend sein, die Fragen zur Ausbildung und zum Instrument beantworten. Es können auch Instrumente ausprobiert werden.
Der Tag der offenen Tür ist bekannt dafür, dass die Musikschule mit all ihren Facetten und ihrem breiten Instrumentenangebot auftritt. Müssen Sie sich pandemiebedingt einschränken oder ist hier ein einigermaßen normaler Ablauf möglich?
Merkel: Wir werden den Tag der offenen Tür in erster Linie für alle Besucher sowie für unsere Lehrer sicher gestalten. Das gültige Hygienekonzept wird eingehalten. Wir werden keinesfalls mehr als 100 Besucher gleichzeitig in unser Haus lassen, obwohl mehr auch ohne Testung erlaubt wären. Genutzte Instrumente werden sofort nach deren Gebrauch desinfiziert. Sicherheit geht vor!
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