Schwetzingen. Die Atmosphäre im Rokokotheater schien wie elektrisiert, noch bevor Fola Dada die Bühne betrat. Die Jazzinitiative Schwetzingen hatte ein weiteres Konzert organisiert, das vor vollem Haus gespielt wurde. Eingeladen war unter anderem Jazzgröße Joo Kraus an der Trompete. Im Laufe des Abends sang er, zauberte tolle elektronische Klänge und erntete immer wieder begeisterten Applaus für seine lässigen Trompeten-Improvisationen.
Mit elektronisch erzeugten Tönen kannte sich auch Ulf Kleiner aus, der gekonnt von den Tasten am Flügel zum Rhodes wechselte, einem elektromechanischen Tasteninstrument, das im Jazz oft zu hören ist. Rhythmus und das nötige Fundament erhielt die Band durch Tommy Baldu am Schlagzeug und Joscha Glass am Bass. Gleich im ersten Song „Sisters & Brothers“ fesselte Fola Dada das Publikum mit ihrer Stimme und entließ es nicht mehr aus ihrem Bann bis zum letzten Ton der Zugabe. Besonders stolz kann Dada auch auf ihre kompositorische Begabung sein, denn die meisten Songs stammen aus ihrer Feder, so auch „Earth“, der gleichnamige Song zum Album. Über den Schaffensprozess verrät sie: „Einige der Songs sind in Kooperation mit Ulf Kleiner entstanden. Und auch die anderen Bandmitglieder gestalten mit. Wenn ich Ideen habe für Songs, vervollständigen die Kollegen oft mein Layout und wir kreieren dabei unseren Sound. Wir spielen nach Leadsheets, haben aber immer freie Fläche für Improvisation.“
Fola Dada in Schwetzingen: Improvisation scheint durchdacht
Wie viel dabei Improvisation und wie viel auskomponiert ist, variiert von einem Stück zum anderen. Bei Profis auf diesem Niveau scheint jede Improvisation bis aufs Feinste durchdacht und stimmig, während sie in Wahrheit nur im Moment entsteht und im nächsten schon verflogen ist. Über die Momente, die das Leben schreibt, hat Fola Dada folgende Theorie: „Ich denke, da sind wir Menschen alle ähnlich. Glückliche Momente sind wunderbar, lebendig und ziehen so schnell vorüber. Unglückliche fordern uns heraus, plagen uns und müssen deswegen oft mehr und länger verarbeitet werden.“ So ist es der Sängerin, die das gesamte Konzert über tanzte und dabei über das ganze Gesicht strahlte, nach eigenen Angaben nur ein einziges Mal gelungen, einen „fast glücklichen Song“ zu schreiben. Ihrer Aussage zum „Happy Song“ folgte ein kleines Augenzwinkern und brachte das Publikum zum Lachen. Ein tolles Basssolo von Joscha Glass bewies, dass das Instrument in den richtigen Händen zu viel mehr als Begleitung fähig ist. Die Jazzkenner belohnten sein Solo mit kräftigem Applaus. Nach der Pause wurde es sehr rhythmisch in „Them Changes“ und diesmal war es Ulf Kleiner, der frei improvisierte und die Zuhörer begeisterte. Ein ergreifendes Bild bot sich, als Joo Kraus sich ans Herz fasste während Dada mit ihrer intensiven Stimme die Luft zum Vibrieren brachte.
Einige Songs zählte Dada zu denen, die sie „selbst gerne geschrieben hätte“, so zum Beispiel „Them Changes“. Im nächsten Stück „Waiting in Vain“ sang der ganze Saal mit, aber auch Kraus zauberte einmal mehr an diesem Abend ein beeindruckendes Solo. Das absolute Highlight war die Premiere von „We run“, bei dem der Titel Programm war. In immer schneller werdendem Tempo war kaum Zeit zum Durchatmen. Die Band pulsierte als ein Ganzes und steigerte sich bis zum ekstatischen Zustand. Während man als Zuhörer nach Luft schnappte, schien es für die Musiker auf der Bühne ein Riesenspaß.
Zwei Premieren gab es bei diesem Konzert. Fola Dada freute die positive Resonanz beim Publikum: „Oh, das ist immer höchst spannend, weil man ja noch nicht so fest im Sattel sitzt wie bei alten Stücken. Aber wir mögen das Risiko, etwas zu spielen, was noch nicht ganz fertig ist. Und nehmen in Kauf, dass es anders wird als geplant. Wenn es dann euphorisch bejubelt wird, ist es ein klares Zeichen, dass der Song Sinn macht und gut ist.“ Nach insgesamt elf Titeln wurden die Jazzmusiker noch lange umjubelt, doch nach der Zugabe „Georgia“ neigte sich auch dieses Erlebnis dem Ende zu. Wer nicht genug von dem flüchtigen Glücksmoment hat, darf sich auf Fola Dada bei der hr-Big Band für das „Swinging Christmas“-Programm freuen.
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