Im Interview - Der städtische Klimabeauftragte Patrick Cisowski zeigt, wo Nachhaltigkeit eine Rolle spielt / Radschnellweg und Schulprojekt als positives Beispiel

Schwetzingens Klimaschutzbeauftragter spricht über Klimaziele

Von 
Stefan Kern
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Mehr Elektroautos auf die Straße bringen ist ein Klimaziel: In Schwetzingen sind, Stand November 2020, 62 E-Autos gemeldet. © Pixabay

Wie sehr schützt die Stadt das Klima? Was läuft schon gut, wo müssen die Verantwortlichen nachjustieren? Wir haben mit dem städtischen Klimabeauftragten Patrick Cisowski gesprochen. Im Interview spricht er über neue Konzepte und gibt einen Blick in die Zukunft.

Was waren für Sie und ihr Team in den vergangenen Monaten die wichtigsten Klimaschutzmaßnahmen in Schwetzingen?

Patrick Cisowski: Die Erarbeitung des Radverkehrskonzeptes, der Ausbau der Ladeinfrastruktur, die ständige Bearbeitung des Projektes Radschnellweg nach Heidelberg, die Aufklärung der Bürger durch Energieberatung, Pressearbeit und Angebote auf der Homepage, die Teilnahme an der Kampagne Stadtradeln. Außerdem noch die neue Förderrichtlinie und der Klimabeirat.

Ist die Stadt in Sachen Klimaschutz auf einem guten Weg? Wie schätzen Sie beispielsweise den Stand der Dinge rund um Mobilität, Elektroladeinfrastruktur und Dämmung von Gebäude ein?

Cisowski: Schwetzingen ist auf einem guten Weg. Die Ladeinfrastruktur ist für die Größe unserer Stadt sehr gut ausgebaut. Und mit unserem neuen Förderprogramm haben wir wichtige Anreize gesetzt, damit die Bürger einzelne Klimaschutzmaßnahmen gezielt umsetzen. Einige Bürger spielen mit dem Gedanken, eine Photovoltaikanlage installieren zu lassen – mit dem Zuschuss setzen wir hier einen wichtigen Anreiz, der auch zu einer Umsetzung führt. Übrigens, die Bündelung der Themen Wirtschaft, Baurecht und Klimaschutz seit Januar als neues Amt zeigt, dass die Stadtverwaltung die nachhaltige Entwicklung in vielen Bereichen verzahnen wird.

Bis 2030 sollen in Schwetzingen die CO2 Emissionen auf fünf Tonnen pro Kopf und Jahr fallen – ist das zu schaffen? 2018, als das mit dem Klimaschutzkonzept vom Gemeinderat beschlossen wurde, lagen die Emissionen bei neun Tonnen pro Kopf und Jahr.

Cisowski: Laut unseren Schätzungen können 0,5 Tonnen pro Einwohner und Jahr an CO2 eingespart werden.

Hier stellt sich auch die Frage nach der Quote für lokal erzeugte Energie. Ziel bis 2030 ist laut dem Konzept ein Anteil von 16 Prozent bei der Wärme und neun Prozent beim Strom. Befindet sich die Stadt hier auf Kurs?

Cisowski: Von den großen Kreisstädten in Baden-Württemberg wird laut dem novellierten Landesklimaschutzgesetz eine kommunale Wärmeplanung bis Ende 2023 erwartet. Die Energiewende kann durch eine Wärmewende umgesetzt werden. Den Fokus alleinig auf den Sektor Strom zu richten wird nicht ausreichend sein. Die mittel- bis langfristige Wärmeplanung ist hier eine zentrale Aufgabe der Stadt und ein bedeutender Schritt, die im Klimaschutzkonzept formulierten Ziele für 2030 zu erreichen.

Hat die Verwaltung bei ihren alltäglichen Entscheidungen den Klimaschutz im Blick?

Cisowski: Unbedingt! Das Thema Nachhaltigkeit spielt seit vielen Jahren eine wichtige Rolle in der Beschaffungsstrategie der Stadtverwaltung. Ein klimafreundlicher und ressourcen-schonender Einsatz von Energie und Produkten ist uns sehr wichtig und auch die Mitarbeiter der Stadtverwaltung haben da mittlerweile ein Auge drauf. Es kommen auch immer wieder Anfragen aus anderen Ämtern zu Klimaschutzthemen. So arbeiten wir beispielsweise am neuen Tourismus-Konzept mit, das auf stark auf Nachhaltigkeit setzt.

Wie wichtig ist das Klimaschutzkonzept, das vor fast genau drei Jahren (März 2018) beschlossen wurde, eigentlich?

Cisowski: Es ist sehr wichtig und unsere Arbeit orientiert sich stark an dem Konzept. Die Umsetzung ist sehr zeitintensiv und bis wir konkrete Ergebnisse sehen, kann es manchmal dauern. Wir haben viel Elan in die Öffentlichkeitsarbeit gesteckt. Das Resultat ist ein gelungener Messestand sowie eine neue Informationsbroschüre zu den Themen Klimaschutz, Energiewende, Umwelt und Mobilität. Seit 2020 kann der CO2-Online-Energiesparcheck auf unserer Webseite genutzt werden. Dies ist ein Serviceangebot für unsere Bürger mit zahlreichen Themenfeldern, wie Wärme-, Wasser-, Strom oder auch Modernisierungscheck und viele weitere. Wer Interesse an unserem Newsletter hat, kann sich unter klimaschutz@schwetzingen.de anmelden und erhält aktuelle Informationen unserer Aktivitäten.

Wie schlüsselt sich der Fuhrpark der Verwaltung auf?

Cisowski: Oberbürgermeister Dr. René Pöltl fährt demnächst ein E-Auto und Bürgermeister Matthias Steffan einen Plug-in-Hybrid. Die Rathaus-Mitarbeiter können ein Bambus-E-Lastenrad, ein Damen- und Herren-Dienstfahrrad oder einen VW Caddy mit Erdgas-Antrieb nutzen. Das Ordnungsamt hat ein Dienstfahrrad und ebenfalls einen VW Caddy. Beim Bauamt sind die Mitarbeiter mit einem Dienstfahrrad unterwegs, mit einem Bus oder einem erworbenen Kombi-Pkw, der mit Diesel fährt und nicht mehr ersetzt werden soll. Weitere spezielle Dienstfahrzeuge der Stadtgärtnerei, des Bauamtes und der Feuerwehr sind hier ausgelassen.

Wie viele Elektroautos sind in Schwetzingen zugelassen?

Cisowski: 62 reine E-Autos – Stand November 2020.

Und gibt es Zahlen zur Auslastung der Ladesäulen?

Cisowski: Die vier städtischen Ladesäulen werden sehr häufig genutzt. Alleine im Zeitraum vom 1. Juli bis 31. Dezember 2020 wurden insgesamt 1853 Ladevorgänge verzeichnet und dabei rund 15 376 Kilowattstunden Strom geladen. Damit wurden etwa 100 000 Kilometer elektrisch zurückgelegt (Annahme: 15 Kilowattstunden Verbrauch pro 100 Kilometer).

Welche Projekte stehen in diesem Jahr noch an?

Cisowski: Das Förderprogramm „Klima Impuls“ ist sicher eines der wichtigsten Projekte. Aber auch die Radschnellverbindung nach Heidelberg wird eine wichtige Rolle spielen. Der Klimabeirat wird nun hoffentlich seine Arbeit aufnehmen können. Der Mobilitäts- und Klimabeirat ist mit drei Terminen im Jahr 2021 angesetzt. Mit dem Mobilitäts- und Klimabeirat soll ein festes Gremium aus Schlüsselpersonen und Experten geschaffen werden, die das Querschnittsthema Klimaschutz in der Stadtentwicklung gewährleisten. Der Mobilitäts- und Klimabeirat soll mit Vertretern der Fraktionen, der Stadtverwaltung und städtischen Unternehmen, Vereinen und Verbänden sowie der Region besetzt sein und somit auch als ein Multiplikator in weiteren lokalen Netzwerken fungieren. Der Mobilitäts- und Klimabeirat soll zudem eine beratende Funktion für den Technischen Ausschuss und Gemeinderat ausüben. Ebenso wollen wir mehr mit den Unternehmen in Schwetzingen zusammenarbeiten. Wir bieten eine Einstiegsberatung zum betrieblichen Mobilitätsmanagement an. Mit dieser städtischen Förderung (50 Prozent) erleichtern wir es den Betrieben, sich Gedanken zum Fuhrpark, zur Mitarbeitermobilität und zum Liefer- und Kundenverkehr zu machen. Ebenso bieten wir das Vermitteln zu weiteren Förderprogrammen des Landes und des Bundes an. Gut vernetzt wollen wir dann auch gemeinsam Projekte begleiten und umsetzen. Außerdem steht ein Energiesparmodell an Schulen im Rhein-Neckar-Kreis in den Startlöchern. Hier soll es Klima-Teams an den Schulen mit Schülern, Lehrern und Hausmeistern geben. Corona-bedingt können wir noch nicht abschätzen, wann das Projekt beginnen kann. Die Novellierung des Klimaschutzgesetzes Baden-Württemberg hat Auswirkungen auf alle Kommunen. Hier wird die Umsetzung des Klimaschutzgesetzes geplant. Ein Stichwort ist die kommunale Wärmeplanung. Des Weiteren werden wir auch dieses Jahr zum gemeinsamen Stadtradeln einladen. Ob Veranstaltungen, wie die Ecomobil-Gala Anfang September stattfinden kann, steht noch in den Sternen. Die Zertifizierung der Stadt als fahrradfreundlicher Arbeitgeber wird angestrebt. Der zweite Klima-Stammtisch wird sich mit der Elektromobilität wegen der Ecomobil-Gala im September beschäftigen. Weiterhin wird die erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem ADFC fortgesetzt. Gerade das Fahrsicherheitstraining mit Schülern wird von den Schulen geschätzt.

Gibt es Dinge, die in der Stadt in Ihren Augen defizitär laufen?

Cisowski: Es gibt einige Tatsachen, die wir in Schwetzingen und auch bundesweit beobachten: Das zunehmende Müllaufkommen. Bundesweit wurde 2020 durchschnittlich etwa sechs Prozent mehr Müll erzeugt. Wegen der Corona-Pandemie beobachten wir außerdem, dass mehr Menschen den ÖPNV meiden und sich ein eigenes Auto kaufen – und auch Car-Sharing ist rückläufig.

Wenn Sie auf die Welt schauen, machen sie sich Sorgen?

Cisowski: Corona wird irgendwann geschafft sein und wir können alle damit leben, da unter anderem der Impfstoff seine Wirkung zeigen wird. Nur ist es so, dass es gegen den Klimawandel und dessen Folgen keinen Impfstoff geben wird. Weltweit muss der Klimaschutz wieder an Fahrt aufnehmen, damit wir einem „Klima-Lockdown“ entgehen können.

Was sind für Sie persönlich wichtige Klimaschutzmaßnahmen, die Sie in ihrem Alltag auch umsetzen? Und welche fallen Ihnen schwer?

Cisowski: Ich setze Zuhause auf Ökostrom und gehe bewusster einkaufen – ich schaue mehr auf Bio und Regionalität. Genau hier fällt mir es auch manchmal schwer, konsequent zu bleiben und dann wird doch noch etwas extra gekauft und verpackt, wenn es schnell gehen muss. Dennoch kann man selbst in vielen Bereichen etwas bewusster für sich und fürs Klima machen.

Und noch eine persönliche Frage: Glauben Sie, dass die Menschen den Klimawandel ernst genug nehmen und ihr Verhalten auch danach ausrichten?

Cisowski: Ich stelle in der alltäglichen Arbeit und in vielen Gesprächen fest, dass das eigene Verhalten und die große gesellschaftliche Aufgabe etwas gegen den Klimawandel zu tun, von vielen nicht verstanden wird. Wir alle sind hier gefragt und leider wird uns das immer erst klar, bevor wir fast scheitern. Aber dennoch haben wir es in der Hand und können noch einiges bewegen.

Freier Autor Stefan Kern ist ein freier Mitarbeiter der Schwetzinger Zeitung.

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