Im Interview - Die Schwetzingerin Ann-Kathrin Wasle hat mit „Das Lied des Gaukelspielers“ ihren zweiten historischen Roman veröffentlicht

Schwetzinger Autorin veröffentlicht historischen Roman

Von 
Katja Bauroth
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Ann-Kathrin Wasle hat ein Faible für vergangene Zeiten. Deshalb spielt das Buch „Das Lied des Gaukelspielers“ in der Renaissance. © Tobias Wasle

Liebhaber historischer Romane dürfen sich über ein gelungenes Werk einer Schwetzinger Autorin freuen: Ann-Kathrin Wasle hat „Das Lied des Gaukelspielers“ herausgebracht. Die Geschichte, die in Deutschland zu Beginn des Dreißigjährigen Kriegs spielt, zeigt dabei durchaus Parallelen zur heutigen Zeit inmitten der Corona-Pandemie auf.

Ihre Romanfigur Balthasar erwacht ohne jede Erinnerung als einziger Überlebender in einem Dorf voller Leichen. Schnell wird ihm klar, dass er über magische Kräfte verfügt, die es ihm erlauben, über andere Menschen zu bestimmen und ihre tiefsten Geheimnisse zu ergründen. Nichts bleibt seinem durchdringenden Blick verschlossen – nichts außer dem Geheimnis um seine eigene Vergangenheit. Einsam macht er sich auf den Weg durch die vom Krieg zerrissenen Lande, in der Hoffnung, auf diese Weise seinem eigenen Schicksal auf die Spur zu kommen. Dabei durchstreift er die Geschichten anderer Menschen, ohne für sie jemals mehr als ein Außenstehender zu sein. So zieht Balthasar vom pestgeplagten Venedig bis zum wilden Tanz der Walpurgisnacht, um Antworten zu finden auf Fragen nach Verantwortung, nach seiner eigenen Moral und nach der Macht, die er so ungebeten in Händen hält.

Frau Wasle, wie kommt man als junge Frau darauf, sich einem Buch der Historie zu widmen?

Ann-Kathrin Wasle: Die Wahl einer historischen Kulisse bedeutet für mich eine bewusste Befreiung von zeitlichen Parametern. Ein moderner Roman kann nur in diesem Jahrhundert spielen, ein historischer dagegen überall. So suche ich bei jedem neuen Romanprojekt nach der idealen Kulisse – manchmal ist das dann heute angesiedelt, öfter aber finde ich diese in einer früheren Zeit. Hinzu kommt, dass ich es spannend finde, unsere aktuelle Lebensrealität in anderen Zeitaltern gespiegelt zu sehen. Dabei kommen oft unerwartete Parallelen zutage, so wie das auch bei diesem Buch, wenn auch eher unfreiwillig, geschehen ist.

Wann kam Ihnen die Idee dazu und wie lange haben Sie an dem Werk gesessen?

Wasle: Vor etwa sechs Jahren saß ich im Auto und hörte „Spottlied auf die harten Wanderjahre“ von ASP, während ich die vorbeiziehende Landschaft betrachtete. Es ist ein Lied, das von der langen Wanderung eines umherziehenden Zauberers erzählt. Diese ruhelose Reise eines Mannes, der sich mit seiner Macht eigentlich jedes Leben leisten könnte, hat etwas in mir angestoßen … Es war der Anfang einer Geschichte. Wirklich an dem Buch gearbeitet habe ich nun knapp drei Jahre, mit unterschiedlich vollem Terminplan. Dabei sind mir unter anderem meine Schwangerschaft und die Geburt unseres Sohns dazwischengekommen.

Warum gerade die Zeit des Dreißigjährigen Krieges?

Wasle: Mir war klar, dass ich trotz der fantastischen Elemente keinen Fantasy-Roman schreiben wollte, sondern einen realistischen, geerdeten Historien-Roman. Und dabei hat sich die Zeit des Dreißigjährigen Kriegs schnell als die ideale Kulisse ergeben. In mancher Hinsicht steht diese düsterte Periode für vieles, was wir heute mit dem „dunklen Mittelalter“ verbinden: Aberglaube und Quacksalberei, Hexenwahn, religiöse Verfolgung und die Inquisition. Gleich dem Leser bleibt mein Protagonist dabei stets ein Beobachter, ohne dass er den Menschen um ihn her je wirklich nahekommen kann.

Sie beschreiben in einer Pressemitteilung zum Buch Parallelen gerade zur derzeitigen Corona-Pandemie. Können Sie das näher erläutern?

Wasle: Ein großer Teil des Romans erzählt von der letzten Pestwelle um 1630 in Venedig. Diese Manuskriptseiten waren vor einem Jahr bereits fertiggestellt und haben nur noch auf die Überarbeitung gewartet. Und dann kam Corona … Es war geradezu surreal, mitanzusehen, wie sich die Gegebenheiten den Beschreibungen in meinem Buch angenähert haben. Und damals wie heute sieht man die gleichen Reaktionen: Der Unglaube der Menschen, die Verleugnung der Seuche und der Wunsch, die Wirtschaft um jeden Preis zu schützen – und auf der anderen Seite eine nackte Panik, die zu Fremdenhass und Paranoia führt.

Was genau ist eigentlich ein Gaukelspieler?

Wasle: Ich verwende das Wort „Gaukelspieler“ synonym zum klassischen Gaukler, also als Spielmann, der mit seiner Kunst durch die Lande zieht. Auch wenn das Gaukelspiel meiner Hauptfigur über einfache Kunststücke hinausgeht – schließlich verfügt Balthasar über wirkliche Zaubermacht, auch wenn er damit nur Illusionen erzeugen kann. Es gibt da eine spezielle Szene in dem Buch, kurz nachdem Balthasar, der bislang mit seiner Magie seinen Lebensunterhalt bestritten hat, zum einfachen Spielmann wird. Auf die Frage, warum er das tut, antwortet er: „Die Menschen wissen, wofür sie bezahlen. Nichts als Gaukelspiel.“

Welchen Buchinhalten haben Sie sich bei früheren Veröffentlichungen gewidmet?

Wasle: Mein erster veröffentlichter Roman war „Die Glocken von Rungholt“ – wiederum ein historischer Roman mit fantastischem Einschlag. Er handelt von Rungholt, der versunkenen Stadt in der Nordsee, und von den Legenden, die sich um diese historische Handelsmacht ranken. Das Buch ist bislang nur als E-Book erschienen, doch nach den Reaktionen, die wir bislang auf „Das Lied des Gaukelspielers“ erhalten haben, wird „Die Glocken von Rungholt“ sicherlich der nächste Roman, den ich noch einmal als Hardcover-Buch herausbringen werde.

Planen Sie noch weitere Veröffentlichungen?

Wasle: Auf jeden Fall. Sicher werde ich weitere historische Romane schreiben und zudem arbeite ich zurzeit an einer Urban-Fantasy-Reihe. Es bleibt also spannend.

Sie haben das Buchprojekt erstmals über Ihren Eigenverlag initiiert. Warum?

Wasle: Ich habe mehrere Jahre im Umfeld des Verlagsgeschäfts gearbeitet. Dabei habe ich erfahren, wie mühselig viele Vorgänge in den klassischen Verlagen ablaufen. Es hat regelrecht geschmerzt, mitanzusehen, wie großartige Manuskripte noch unbekannter Autoren immer wieder übergangen werden. Mein Mann Tobias hat mich lange darin bestärkt, mit meinen eigenen Manuskripten eine Veröffentlichung abseits des Verlagsgeschäftes anzustreben. Und bislang haben wir diesbezüglich sehr gute Erfahrungen gemacht; allein das gebundene Buch in der Hand zu halten, hat ausgereicht, um die meisten Buchhändler zu überzeugen.

Erfordert es in Zeiten einer immer digitaler werdenden Gesellschaft nicht sehr viel Mut, einen Eigenverlag an den Start zu bringen?

Wasle: Ehrlich gesagt gibt es dafür keinen besseren Zeitpunkt als heute. Zum einen ist es mit den modernen Mitteln so einfach wie nie, ein professionelles Buch herauszubringen, und zum anderen setzt sich langsam die Erkenntnis durch, dass auch selbstveröffentlichte Romane hervorragend produziert sein können. Heutzutage muss sich jeder Schriftsteller selbst um die Organisation der Social-Media-Kanäle kümmern. Hier zeigt sich die Digitalisierung gleichermaßen als Chance und als Fluch. Und wenn es so oder so Sache des Autors ist, sich zu vermarkten, so scheint es doch sinnvoller, das ganz auf eigene Rechnung zu tun.

Welche Verbindung haben Sie zu Schwetzingen?

Wasle: Ich bin in Schwetzingen aufgewachsen und zur Schule gegangen, ebenso wie meine Geschwister. Auch während meines Mathematikstudiums an der Universität Mannheim habe ich weiter bei meinen Eltern gelebt und nach wie vor besuche ich die Stadt regelmäßig – nicht nur, weil meine Familie hier wohnt, sondern auch, weil ich mich der Spargelstadt selbst weiterhin eng verbunden fühle. Man könnte also sagen, dass für ich ein kleiner Traum wahrgeworden ist, wenn ich „Das Lied des Gaukelspielers“ nun auch in den Buchhandlungen meiner Heimatstadt sehe.

Zur Person: Ann-Kathrin Wasle



Ann-Kathrin Wasle (33) ist in Schwetzingen aufgewachsen. Sie studierte Mathematik an der Universität in Mannheim.

Nach dem Studium arbeitete sie mehrere Jahre in verschiedenen Unternehmen als Softwareentwicklerin. In den Beruf habe sie sich jedoch nie zu Hause gefühlt. In dieser Zeit schrieb sie ihre ersten Manuskripte, darunter den Entwurf von „Die Glocken von Rungholt“. Heute arbeitet sie als freiberufliche Lektorin und als Autorin.

Sie lebt mit ihrem Mann Tobias und dem gemeinsamen Sohn in Rhein-stetten. Mit ihrem Mann hat sie das Selfpublisher-Label „TintenSchwan“ gegründet. Unter diesem Namen möchte das Paar selbstveröffentlichende Autoren zusammenbringen. Ziel ist es, ein gemeinsames Label aufzubauen, unter dem professionelle Selfpublisher ihre Bücher herausbringen, mit gegenseitiger Unterstützung und unter Zuhilfenahme eines stetig größer werdenden Netzwerks. Genre und Thema dieser Romane sind bislang offen. Mittelfristig soll sich hier jedoch eine Leitlinie finden.

„Das Lied des Gaukelspielers“ ist ihr zweiter veröffentlichter Roman, der als gebundene Version und als E-Book erschienen ist. Ihr erstes Buch, „Die Glocken von Rungholt“ gibt es bislang nur elektronisch.

„Das Lied des Gaukelspielers“ (gebunden, ISBN 978-3-949198-00-7) umfasst knapp 600 Seiten und kostet 26 Euro. Es kann in fast allen Buchhandlungen im Umkreis von Schwetzingen und Karlsruhe vorrätig beziehungsweise kann dort geordert werden. Es ist unter www.anankesreich.de, der Internetseite der Autorin, erhältlich sowie bei Amazon. Dort gibt es auch eine E-Book-Version (ISBN 978-3-949198-01-4).

Autor Katja Bauroth liebt Begegnungen und Storys - im Lokalen und auf Reisen.

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