Im Interview

Schwetzingerin singt in der Berliner Oper

Theresa Bertrand holt als Sängerin bundesweit den zweiten Platz in der Kategorie „Konzert“ und setzt sich gegen 76 Mitbewerber durch.

Von 
Noah Eschwey
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Die 25-jährige Theresa Bertrand aus Schwetzingen (r.) holte beim Bundesgesangswettbewerb 2024 den Vizesieg in der Kategorie „Konzert“ und durfte somit ein Preisgeld von 3 000 Euro abräumen, das nun in die weitere Karriere gesteckt wird. © Thomas Koy

Schwetzingen. Das Instrument des Jahres 2025 ist die Stimme – und mit Theresa Bertrand hat das musikalische Werkzeug eine prominente Vertreterin aus Schwetzingen. Das bewies die Schauspielerin, die im Oktober ihr Debüt am Theater Freiburg feiern durfte, jüngst bei dem Bundeswettbewerb Gesang, Europas bedeutendsten nationalen Gesangswettbewerb. In der Kategorie „Konzert“ konnte sich die 25-Jährige gegen 76 Gegenkandidaten, die es in die finale Runde schafften, durchsetzen – und sich so den bundesweit zweiten Platz sowie ein Preisgeld von 3 000 Euro sichern.

Frau Bertrand, was verbinden Sie mit Schwetzingen?

Theresa Bertrand: Ich wurde in Schwetzingen geboren und bin dort aufgewachsen, bis zu meinem Abitur. Dementsprechend habe ich auch in Schwetzingen meine ersten musikalischen Erfahrungen gemacht. Ich hatte das große Privileg, dass ich mit meinen Eltern auch schon als kleines Kind immer wieder zu den Konzerten der Schwetzinger Festspiele gehen konnte. Ich habe dann, als ich älter wurde, eigentlich erst gemerkt, wie besonders es ist, dass es hier so ein tolles Kulturprogramm gibt, dass hier jedes Jahr so wunderbare Künstler kommen, um hier Konzerte zu geben. Ich weiß noch, dass die Sängerin Cecilia Bartoli zu Gast war und im Schloss gesungen hat, als ich noch sehr jung gewesen bin. Sie war damals mein erstes großes Idol und ab diesem Zeitpunkt, war es eigentlich immer mein großer Traum Opernsängerin zu werden. Schon in der Grundschule habe ich immer gesagt, ich möchte Opernsängerin werden, meine Mitschülerinnen fanden das oft eher lustig. Meine Lehrerin damals hat mich aber sehr lieb bestärkt und hat gemeint, wenn das mein Traum ist, dann soll ich diesen verfolgen. Später, als ich älter wurde, habe ich das leider oft nicht mehr so offen kommuniziert, dass das mein Traum ist, weil dann auch Selbstzweifel dazukamen. Tief im Herzen war es aber immer mein großer Traum Sängerin zu werden. Ich hab dann in Schwetzingen an der Musikschule vor allem Cello gelernt, hier hatte ich über zehn Jahre Cellounterricht und bin dann zum Gesangsstudium nach Freiburg gegangen.

Das heißt, dass Sie der Gesang schon sehr lange begleitet?

Bertrand: Ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich jemals nicht gesungen habe. Ich weiß, dass schon im Kindergarten gesagt wurde, dass ich wie ein Radio sei, dass ich nicht aufhöre, zu singen. Meine Leidenschaft auf der Bühne zu sein, habe ich entdeckt, als ich mit sechs Jahren zur jungen Kantorei der evangelischen Kirche in Schwetzingen gegangen bin. Diese wurde geleitet von Detlev Helmer. Bei ihm habe ich über zehn Jahre gesungen und diese Zeit war auf jeden Fall sehr prägend für mich. Wir haben über die Jahre hinweg viele verschiedene Musicals aufgeführt, bei denen ich ganz unterschiedliche Rollen gesungen habe. Dabei habe ich auch den Spaß an der Schauspielerei gefunden, den ich jetzt ja auch brauche. Detlev Helmer hat mich sehr unterstützt und durch ihn kam ich auch in andere Chöre später, zum Beispiel der Landesjugendkantorei Baden, ein Auswahlchor für begabte Jugendliche, in dem ich bis zu meinem Studium sehr gerne gesungen habe. Nach meinem Abitur habe ich ein Freiwilliges Soziales Jahr Kultur an der Domsingschule in Rottenburg absolviert, auch das war eine – bis heute – sehr wichtige Zeit für mich. Ich habe dort von morgens bis abends in den Chören singen können und das hat meinen Wunsch sehr bestärkt Musikerin zu werden. Danach habe ich mich über mehrere Monate auf die Aufnahmeprüfung an der Musikhochschule vorbereitet.

Wie sieht Ihr musikalischer Alltag aus?

Bertrand: Im Moment studiere ich im Bachelor an der Hochschule für Musik in Freiburg. Während des Semesters habe ich einen sehr straffen Zeitplan, besonders weil ich nicht nur Gesang studiere, sondern auch noch elementare Musikpädagogik. Das bedeutet, ich kann nach meinen Abschlüssen neben der rein künstlerischen Arbeit auch als Musikpädagogin tätig sein, was ich sehr wertvoll finde. Ich finde es spannend, auch immer wieder in die Blickwinkel der Musikvermittlung und Musikpädagogik zu gehen und zu schauen, wie man Musik und Kunst auf verschiedenen Wegen vermitteln und darstellen kann. Das bringt mir auch als Künstlerin total viel. Während des Semesters habe ich sehr viel Unterricht, besonders Einzelunterricht bei meiner Professorin, zu der ich einen sehr engen und guten Draht habe, was in unserem Studium meiner Meinung nach sehr ausschlaggebend ist. Wir verbringen sehr viel Zeit miteinander. Die Stimme ist einfach etwas sehr Persönliches und Intimes. Da finde ich es sehr wichtig, dass man sich gut kennt, dass man die gleichen Ziele verfolgt und die gleichen Vorstellungen hat von der eigenen Stimme und auch der Persönlichkeit. Ansonsten kommt es auch drauf an, ob ich gerade viele Konzerte oder Projekte habe oder ob ich gerade in einer Probenphase bin für eine Opernproduktion. Ich hatte jetzt zum Beispiel mein erstes Engagement als Solistin in einer Oper am Theater in Freiburg und wenn man für so eine Produktion probt, dann ist man da schon sehr beschäftigt und eingespannt. Das ist auf der einen Seite total toll, weil man ein bisschen wie einer anderen Welt ist. Natürlich ist es aber auch schon manchmal eine Herausforderung, das Privatleben daneben nicht zu kurz kommen zu lassen. Die alltägliche Arbeit als Sängerin ist, würde ich sagen, eigentlich dreigeteilt. Zum Einen muss man natürlich an der Stimme arbeiten, an der Stimmtechnik, an der musikalischen Gestaltung, neue Stücke lernen, sozusagen das Handwerkszeug für mich als Sängerin. Der andere Teil ist die inhaltliche, Beschäftigung mit dem, was man singt. Man muss die Arien und Lieder übersetzen, sie wirklich Wort für Wort verstehen, um sie selbst auf der Bühne erzählen zu können. Man muss sich überlegen, was haben diese Sachen mit mir zu tun, was für Persönlichkeiten und Rollen stelle ich auf der Bühne dar? Der dritte Teil, der aus meiner Sicht auch sehr wichtig ist, ist die mentale Arbeit. Beim Singen kommt man stark in Kontakt mit sich selbst, man lernt sich auf ganz andere Art noch mal kennen. Man erlebt sehr viele Auftrittssituationen, die ein sehr herausfordern können. Man muss lernen, mit Aufregung und Nervosität umzugehen und in den richtigen Situationen darauf zu vertrauen, dass man das eigene Können abrufen kann. Außerdem bekommt man sehr oft Feedback, egal ob positives oder negatives Feedback, auch damit muss man lernen, umzugehen. Man ist einfach oft in Situationen, in denen man sich verletzbar macht und deshalb ist es meiner Meinung nach eine große Aufgabe, immer wieder für sich einzuordnen, was sind meine Stärken, an welchen Punkten möchte ich arbeiten, wo möchte ich hin mit meinem Gesang, was möchte ich erreichen? Man kann beim Üben noch so gut singen, wenn man es nicht schafft, das gleiche Können auf die Bühne zu übertragen, ist es sehr frustrierend. Deshalb finde ich die mentale Arbeit so essenziell. Konkret im Alltag ist es auch so, dass ich Rücksicht auf meinen Körper nehme. Damit die Stimme gut funktioniert, muss ich auch körperlich gesund sein. Besonders vor wichtigen Konzerten oder Vorsingen, mache ich gerne Sport, um mich mental und körperlich zu stärken. Guter Schlaf, ausgewogene Ernährung, Sport – alles was Auswirkungen auf mein Wohlbefinden hat, hat auch Auswirkungen auf meine Stimme.

Welche Türen im Geschäft haben sich Ihnen durch den Wettbewerb geöffnet?

Bertrand: Zuallererst durfte ich beim Konzert der Preisträgern singen, dieses fand in Berlin in der Staatsoper unter den Linden statt. Ich würde schon sagen, dass es ein Traum war, auf solch einer berühmten Bühne zu singen, den ich mir dadurch erfüllen konnte. Natürlich erhoffe ich mir, durch den Wettbewerb gehört zu werden und dadurch noch andere Konzerte singen zu können.

Was haben Sie mit dem Preisgeld vor?

Bertrand: In erster Linie spare ich das Geld an, denn besonders am Anfang, wenn man in den Beruf einsteigen und sich professionalisieren möchte, ist das Leben sehr teuer als Sängerin. Bevor man Geld verdient, muss man viel investieren, um zu Vorsingen zu fahren, an Meisterkursen teilzunehmen, auch die Teilnahme an Wettbewerbe kostet oft viel Geld. Dafür ist es sehr gut, diese finanzielle Unterstützung zu haben.

Volontariat Noah Eschwey ist Volontär in der Lokalredaktion der Schwetzinger Zeitung/Hockenheimer Tageszeitung.

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