Kandidatencheck zur Bundestagswahl

So beantwortet der parteilose Kandidat Jonas Fritsch die Fragen der Redaktion

Von 
red
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Der parteilose Kandidat Jonas Fritsch aus Hockenheim ist 23 Jahre alt und Student. © Fritsch

Jonas Fritsch befürwortet eine Reform des Rentensystems und ist überzeugt, dass bundesweite Themen wie die Mobilitätswende und steigende Mietpreise auch in der Region eine große Rolle spielen. Wie der parteilose Kandidat die 13 Fragen der Redaktion beantwortet.

1. Wenn ich per Knopfdruck sofort eines verändern könnte, dann wäre das …
Mehr Empathie und weniger Egoismus auf der Welt. Die Situationen bezüglich Klimawandel und anderen Krisen hat der Mensch selbst verschuldet und muss sich da auch selbst wieder raus kämpfen. Klar gäbe es viele Dinge wie Kriege und Armut, wo ich sofort auf jeden Knopf drücken würde, um das zu stoppen, aber ich glaube, wenn jeder etwas mehr an andere Menschen und den Planeten denken würde und weniger an sich selbst, wäre uns in so ziemlich allen Belangen geholfen.

2. Sollen Ihrer Meinung nach für Ungeimpfte stärkere Einschränkungen gelten als für Geimpfte?
Ich würde es anders nennen: Mehr Schutzvorkehrungen für Geimpfte und Personen, für die es nicht möglich ist, sich impfen zu lassen. Die Ungeimpften sind mittlerweile die klaren Treiber des Infektionsgeschehens in Deutschland und wer eine potenziell lebensrettende Maßnahme, die umsonst zur Verfügung steht, nicht wahrnehmen möchte, sollte mit persönlichen Einschränkungen zum Schutz anderer rechnen. Alles andere hätte nichts mit Solidarität zu tun.

3. Welche Weichen müssen hinsichtlich der Entwicklung im Pflege- und Krankenhauswesen gestellt werden?
Ich muss zugeben, dass ich auf diesem Gebiet kein richtiger Experte bin. Das gehört, so glaube ich auch, zu einem guten Politiker, zu wissen, was man eigentlich nicht weiß. Es erstaunt mich immer wieder, wie manche meinen überall Experte zu sein. Deshalb höre ich hier gerne auf Fachkräfte aus dem Gebiet und bilde mir Meinung dann aufgrund der Argumente für die möglichen Lösungen. Was ich sicher sagen kann, ist, dass diese Branche zu wenig Beachtung erhält, und zwar nicht in Form von Klatschen und netten Worten sondern hinsichtlich Finanzierung, Gehältern und Arbeitszeitattraktivität.

4. Wie sollen Renten und Pensionen in Zukunft finanziert werden?
Klar ist, dass es eine Reform des Systems braucht. In Zukunft würden immer weniger arbeitende Menschen für immer mehr Rentner aufkommen müssen. Das wird nicht funktionieren. Ich plädiere dafür, sich bei anderen Staaten erfolgreiche Konzepte abzuschauen. Hier halte ich zum Beispiel das schwedische System mit einer Art Korridor fürs Renteneintrittsalter, da nicht jeder Job gleich lang ausgeübt werden kann, sowie verpflichtende Investitionen in den Kapitalmarkt in Form von Aktienfonds für einen guten Ansatz.

5. Die Kultur und auch der Sport erleben seit vielen Monaten eine sehr schwierige Zeit. Wie stellen Sie sich die Förderung in diesen Bereichen in den nächsten vier Jahren vor?
Ich habe als aktives Mitglied in meinem Basketballverein miterlebt, wie die Corona-Zeit zu vielen Austritten geführt hat. Hier muss der Breitensport endlich vor den Profisport gestellt werden und die Jugend zum Sport animiert werden. Europameisterschaften und volle Bundesligastadien, aber das F-Jugend-Training darf nicht stattfinden, ging in meinen Augen überhaupt nicht. Die Kultur muss finanziell gestützt werden und obwohl viele wahrscheinlich nach der langen Lockdown-Zeit die ersten Disco- oder und Kinobesuche schon wieder hinter sich haben, darf diese Branche nicht in Vergessenheit geraten. Die Pandemie sollte keine Verlierer nach sich ziehen.

6. Soll der Bund mehr Kompetenzen in der Bildungspolitik bekommen?
Absolut. Die verschiedenen Kultusministerien haben sich in der Vergangenheit nicht wirklich koordinieren können. Das hat nicht nur Corona gezeigt. Ein bundesweiter Lehrplan, einheitliche Schulsysteme und gleiche Abschlussprüfungen halte ich für angebracht. Es kann nicht sein, dass Leute aus Bremen mit anderen Abituraufgaben sich mit Schülern aus Baden-Württemberg um denselben Uni-Platz bemühen. Das ist weder fair noch zielführend, wenn jedes Bundesland etwas Eigenes macht.

7. Wie stellen Sie sich die Mobilität der Zukunft vor?
Anders. Das Ziel darf nicht sein, einfach alle Autos mit Elektro- oder Wasserstofffahrzeugen eins zu eins zu ersetzen. Regelmäßige und vorhersehbare Fahrten wie zur Arbeitsstelle bieten sich perfekt an für den ÖPNV, deshalb muss hier massiv investiert werden. Dazu muss das Fahrrad einen viel höheren Stellenwert bekommen und unsere Städte und Gemeinden danach ausgerichtet werden. Dazu noch die Möglichkeit, ein Leihauto um die Ecke einfach per App ausleihen zu können, damit ich mal einen größeren Einkauf erledigen kann oder es spontan zum Wandern in die Pfalz gehen soll. Das ist für mich die Zukunft.

8. Wie sehen Sie die Rolle Deutschlands in der Europäischen Union?
Als größte Nation und Wirtschaftskraft im Herzen Europas müssen wir unserer Vorbildrolle gerecht werden. Wenn wir Dinge wie Klimaschutz nicht konsequent angehen, können wir es auch von keinem anderen erwarten. Ich bin aufgewachsen in einem vereinten Europa und kenne und will es gar nicht anders. Zudem müssen wir gegenüber Nationen, welche die europäischen Werte nicht beachten auch konsequent sein. Als Bündnis haben wir auf der weltpolitischen Ebene eine viel größere Relevanz und deshalb müssen wir dafür sorgen, dass die EU stark bleibt.

9. Welchen Weg möchten Sie in Bezug auf die Digitalisierung einschlagen?
Ich glaube, hier kann man nicht nur einen Weg einschlagen. Da wurde an zu vielen Stellen zu wenig getan in den letzten Jahren. Andere Nationen sind uns da weit voraus. Das beginnt mit schnellem Internet für alle und zieht sich über Bildung und staatliche Förderungen. Das Internet ist für mich kein Neuland und um Digitalisierung im Bundestag voranzubringen, braucht es auch „Digital Natives“ wie mich im Parlament.

10. Wie sollte Ihrer Meinung nach die Zuwanderungspolitik in den nächsten Jahren aussehen?
Zunächst einmal: Leuten in Not muss immer geholfen werden. Wenn ich Bilder aus Flüchtlingslagern an europäischen Grenzen oder anderswo sehe oder Kinder hungern und Familien vor Krieg fliehen, stockt mir der Atem. Wir leben in einem teilweise dekadenten Wohlstand im Vergleich zu anderen Teilen der Welt. Auch weil wir auf deren Kosten in Form von Billiglöhnen und Umweltbelastungen aktiv zu der Diskrepanz beitragen und diese zu unserem Vorteil ausnutzen. Dem müssen wir uns bewusst sein. Ich verstehe da jeden, der zu uns kommen möchte. Hier muss es unsere Aufgabe sein, vor allem auch die Ursachen zu bekämpfen, die Menschen dazu bewegt, zu uns zu kommen. Dazu zählen nicht nur Krieg, Hunger und Verfolgung, sondern eben auch wirtschaftliche Probleme und die Folgen des Klimawandels.

11. Falls es dazu kommen würde: Mit wem sollte Ihre Partei koalieren und mit wem auf keinen Fall?
Da ich ja parteilos kandidiere, stellt sich mir diese Frage natürlich gar nicht. Ich kann im Bundestag also auch immer das befürworten und einbringen, was ich für richtig halte und auch im Interesse des Wahlkreises ist. Somit muss ich mich eben nicht nach einer Partei oder einem Koalitionspartner richten.

12. Was möchten Sie für Ihren Wahlkreis – und speziell die Region Hockenheim-Schwetzingen – im Bundestag erreichen?
Mit mir als Wahlkreisabgeordnetem würde die Region zunächst einmal ein bundesweites Zeichen setzen, dass man hier zukunftsorientiert denkt und es so wie bisher nicht weitergehen kann. Da ich hier aufgewachsen bin und auch durch die vielen Gespräche mit Bürgern aller Altersklassen und den Bürgermeistern, weiß ich, wo Handlungsbedarf herrscht. Allerdings sind wir, glaube ich, auch ein gutes Abbild der Nation, da vor allem hier die Mobilitätswende und auch die hohen Miet- und Grundstückspreise akute Themen sind. Ich denke da zum Beispiel an eine bessere Bahnverbindung nach Heidelberg oder an Wohnraum für Familien und Rentner, der bezahlbar und schön ist.

13. Was ist Ihr Lieblingsplatz in der Region?
Das ist wahrscheinlich das HÖP in Hockenheim. Hier handelt es sich nicht nur um meinen aufgewerteten, alten Schulweg, sondern um ein tolles Beispiel, wie schön Natur- und Artenschutz doch sein kann und wie er in das Stadtbild integriert werden kann.

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