Demonstration (mit Fotostrecke)

„So viel Liebe habe ich selten erfahren“ – so war der CSD in Mannheim

Bunte Kundgebung setzt in der Innenstadt mit Promi-Gästen und großem Publikum Zeichen für Freiheit und Akzeptanz

Von 
Tanja Capuana
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Demo-Teilnehmer und zahlreiche Zuschauer haben sich am Samstag in der Mannheimer Innenstadt versammelt. © Christoph Blüthner

Mannheim. Wer am Samstagnachmittag in den Quadraten unterwegs ist, hört sie bereits von weitem: Die Fahrzeuge, die beim Christopher Street Day (CSD) langsam, aber laut zwischen Kurpfalzkreisel und Schlosshof unterwegs sind. Gruppen, Vereine, Vertreter der Stadtverwaltungen aus Mannheim, Ludwigshafen und Heidelberg sind ebenso am Start wie die Beratungsstelle KOSI.MA und das Queere Zentrum Mannheim. Aber auch große Unternehmen aus der Region sind dabei. Sie alle engagieren sich bei der friedlichen und bunten Demonstration für Solidarität und Akzeptanz von Menschen, die sich der LGBTIQ-Community zugehörig fühlen. Gleichzeitig wollen sie ein politisches Zeichen setzen. Denn das diesjährige Event hat das doppelte Motto #FREEUKRAINE und #LGBTIQFreedomzone. Dabei möchte der Verein CSD Rhein-Neckar, der die Demo veranstaltet, nicht nur auf die Diskriminierung von queeren Menschen auf der ganzen Welt hinweisen, sondern auch für Frieden in der Ukraine einstehen.

Fetzige Lieder, vom Lady-Gaga-Hit „Born this Way“ über „Sexy Bitch“ bis hin zu ABBAs „Gimme gimme gimme“ dringen aus den Boxen und bringen die Leute zum Tanzen. Aber nicht nur die Teilnehmenden strahlen mit der Sonne um die Wette. Zuschauer jeglichen Alters postieren sich am Marktplatz, auf den Planken, an den Kapuzinerplanken und an der Kunststraße, um der bunten Parade zuzuschauen. Auch wenn gute Stimmung und Feiern ein wichtiger Punkt beim CSD sind: Es geht vor allem um die Sichtbarkeit der LGBTIQ-Szene, die häufig gegen Vorurteile und Diskriminierung sowie um Anerkennung kämpfen muss. „Am Ende geht es immer auch um Freiheit, um Grundrechte und unsere Menschenrechte“, sagt Fabian Klenk, Mitglied im Vorstand des CSD Rhein-Neckar, bei der anschließenden Feier im Schlosshof. So habe sich der Verein entschlossen, bei der Demo nicht nur die Belange von queeren Menschen in den Fokus zu rücken, sondern auch die politische Situation in der Ukraine mit einzubeziehen. „Es herrscht Krieg, der nicht tausende von Flugstunden entfernt ist, sondern er ist vor der Haustür“, sagt er. „Das können wir nicht stillschweigend hinnehmen.“

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Julia und Shirin sind seit fast fünf Jahren ein Paar. Während die Familie von Julia der Beziehung zwischen den jungen Frauen offen gegenübersteht, weiß Shirins Vater nicht, dass seine Tochter lesbisch ist. Ihre Mutter wisse zwar Bescheid, sehe aber die Liebe zwischen den Frauen lediglich als „enge Freundschaft“, erzählt die 25-Jährige. Björn und Henri, Maxi und Connor kennen sich vom Studium in Mannheim. „Der CSD bringt Leute zusammen“, sagt Maxi. Björn fügt hinzu: „Er steht für Vielfalt, und das macht uns Spaß.“ Patrick und Nina wollen sich, aber auch die Community feiern und hoffen auf mehr Akzeptanz. „Wir wollen für Dinge demonstrieren, die extrem wichtig sind, und Probleme thematisieren, die immer noch nicht geklärt sind.“

Im Schlosshof wechselt sich Bühnenprogramm mit Kundgebungen zum Thema Akzeptanz ab. Nina Queer führt mit viel Esprit durch das Programm. Sie scheut sich aber nicht, ernste Worte ans Publikum zu richten. Man demonstriere nicht nur gegen Intoleranz, Ausgrenzung und Homophobie und Transphobie. „Seid euch bewusst: Das, was wir heute haben, ist nicht selbstverständlich. Genießt jede Sekunde des heutigen Tages, genießt jede Minute in eurem Leben.“

An der Parade nehmen auch viele Dragqueens teil. Unter ihnen ist Viola Bond, die sich als „Lady Liberty“ unter die Demonstrierenden mischt. Sie ist aus Saarbrücken hergekommen und sieht im CSD nicht nur eine Möglichkeit zum Feiern. „Ich will mit meinem Outfit zeigen, dass jeder frei sein kann, wenn er möchte“, sagt Bond. „Und ich möchte den Leuten Mut machen.“

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Besonderen Glanz bringen prominenten Teilnehmer. Manuel Flickinger aus Limburgerhof wurde 2019 bekannt, als er bei der Datingshow „Prince Charming“ um das Herz des schwulen Bachelors Nicolas Puschmann warb. Außerdem wurde er beim Dschungelcamp dieses Jahr Dritter.

Der 34-Jährige ist als seine Kunstfigur Lafayette Diamond am Start – und zieht mit silbernen Hotpants und High Heels sowie Engelsflügeln und viel Glitzer die Blicke auf sich. Unterstützt wird er von Lauritz Hofmann, der die zweite Staffel „Prince Charming“ gewonnen hatte. Seinen durchtrainierten Körper hat der Frankfurter in golden Hotpants und ein knappes Top gehüllt. „Für mich der erste Mannheimer CSD“, sagt Hofmann. „So viel Liebe habe ich selten erfahren. Die Atmosphäre toll, alles ist familiär. Alle sind nett, jubeln, sind happy. Wir sind das, was wir sind, und in Mannheim wurde das genau so akzeptiert.“ Der Mannheimer CSD sei für ihn daher ein ganz besonderer.

Auch Flickinger lobt die Veranstaltung. „Mannheim ist ein Heimspiel für mich und ein ganz wichtiger CSD für mich, da ich 2019 im CSD Rhein-Neckar Mitglied im Vorstand war“, sagt Flickinger. Er findet, dass sich schon viel getan habe in Sachen Akzeptanz. „Das soll aber nicht heißen, dass wir schon alles erreicht haben, und es gibt noch viel Luft nach oben.“

Freie Autorin Kulturredaktion, Lokalredaktion, Wochenende. Schwerpunkte: Bunte Themen, Reisereportagen, Interviews, Musik (von elektronischer Tanzmusik bis Pop), Comedy und Musicals

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