Existenzgründerinnen

So war der Frauenwirtschaftstag in Schwetzingen

Bei der Gleichstellung sind wir längst noch nicht am Ziel – aber auf gutem Weg. Das war das Ergebnis des Frauenwirtschaftstags in Schwetzingen im Palais Hirsch.

Von 
Stefan Kern
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Unternehmerinnen aus dem Rhein-Neckar-Kreis geben Tipps beim Erfahrungsaustausch für Gründerinnen im Schwetzinger Palais Hirsch. Christiane Zieher (l.) von der Handwerkskammer Mannheim Rhein-Neckar-Odenwald spricht hier gerade. © Lenhardt

Schwetzingen. Wir sind im 21. Jahrhundert, Frauen auf dem Arbeitsmarkt sind selbstverständlich, die Emanzipation ist weit gekommen. Alles richtig und doch konnte man sich beim jüngsten Frauenwirtschaftstag im Palais Hirsch nicht des Eindrucks erwehren, dass eben doch nicht alles Gold ist, was da glänzt. Gerade im Gespräch mit den Unternehmerinnen Elke Ackermann (Bräuninger), Dr. Christine Beil (Buchladen Eppelheim) und Kathrin Kunze (Metallbau Gassert) zeigte sich, dass Frauen auch 2024 immer noch mit Stereotypen zu tun haben. Zwischen „Mäuschen“ und „Zicke“ scheint da an Zuschreibungen immer noch alles drin zu sein.

Um so wichtiger sind solche Veranstaltungen wie der Frauenwirtschaftstag, der Unternehmerinnen nicht nur mit Rat und Tat zur Seite steht und Netzwerke begründet und fördert, sondern den Blick immer wieder auch auf Probleme lenkt. „Die Gesellschaft“, so sagt es Corinna Schneider vom Gründerinnennetz Rhein-Neckar-Odenwald, „hat auf dem Weg zur Gleichstellung natürlich schon ein gutes Stück geschafft. Aber am Ziel sind wir noch längst nicht.“

Eine Sicht, die auch Bürgermeister Matthias Steffan in seiner kurzen Begrüßungsrede zum Ausdruck bringt. Bis heute werde Haus- und Familienarbeit immer noch vor allem von Frauen erbracht. Das heiße aber, so sehr Frauen heute im Arbeitsmarkt präsent seien, so sehr müsse der Mann in die Familienarbeit einbezogen werden. Anders, so ist Steffan überzeugt, gelinge Wirtschaft im 21. Jahrhundert nicht mehr. Und genau das unterfütterten Christiane Zieher von der Handwerkskammer und Judith Hösch von der IHK Rhein-Neckar mit vielen Zahlen.

Chance für eine Übernahme für Frauen gut

Zentral war der diesjährige Frauenwirtschaftstag an der Thematik „Nachfolge und Übernahme“ ausgerichtet. Die Zeiten, so die beiden Verbandsvertreterinnen, seien dafür so gut wie selten. Im Handwerksbereich suchten in ganz Deutschland 190 000 Betriebe eine Nachfolge. In Baden-Württemberg seien es fast 28 000. Auffallend, die Übergabe innerhalb der Familie wird seltener. Heute gehe der Führungswechsel innerhalb der Familie noch bei rund 26 Prozent aller Unternehmen vonstatten. Bei 27 Prozent übernehmen Externe die Firmen. Und rund 19 Prozent der Betriebe würden stillgelegt. Bei weiteren 14 Prozent übernehmen Mitarbeiter das Unternehmen und bei den restlichen 14 Prozent wird an einen anderen Betrieb verkauft. Im Bereich der Handwerkskammer Mannheim/Rhein-Neckar-Odenwald suchten derzeit 3000 Firmen eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger. Die Chancen, jetzt eine Firma zu finden, seien also nicht schlecht. Dabei gebe es natürlich Vor- und Nachteile. Das Unternehmen hat einen Namen, es gibt einen Kundenstamm, Mitarbeiter sind da und Gerätschaften müssen nicht angeschafft werden. Dagegen stünden eingefahrene Strukturen und möglicherweise auch veraltete Technik.

Es gebe viele Fragen und ganz sicher auch einige Hürden zu nehmen. Aber, und sagte Zieher wie Hösch, „sie sind nicht allein“. Die Expertise der Handwerkskammer und der IHK stünde ihnen rund um Geschäfts- und Finanzplanung zur Seite. Dabei verstehen die Beiden ihre Rolle als Mutmacherinnen. Es gibt, so Hösch, drei Mal so viele Übergeber wie Übernehmer. Gerade im mittelständischen Bereich schlage der demografische Wandel mittlerweile spürbar zu. Eine Chance für Frauen. Immerhin habe es noch nie so viele so gut ausgebildete Frauen gegeben. Das müsse sich jetzt nur noch auf der Führungsebene zeigen. Und genau dafür gelte es zu Netzwerken, was das Zeug hält. Frauen müssten wissen, dass sie nicht alleine auf weitem Flur stünden.

Da passte es gut, mit Ackermann, Beil und Kunze drei Unternehmerinnen aus der Region am Start zu haben, die von ihren Erfahrungen erzählten. Bei Ackermann und Kunze war es die Familiendynamik. Elke Ackermann ist, genau wie ihre Schwester, mit der sie heute das Unternehmen leitet, im Modehaus Bräuninger in Schwetzingen groß geworden und es stand nie wirklich zur Debatte etwas anderes zu tun. Es war aber nie eine Last. „Ich habe das nie bereut.“ Bei Kunze gab es dagegen Umwege. Ihr Bruder wollte ins Unternehmen, sie nicht. Es ging nach dem BWL-Studium erst in die Logistik. Irgendwann wohnte sie wieder näher am Zuhause, der aktuelle Job gefiel ihr nicht – und der Bruder bat sie immer wieder um kleine Gefälligkeiten für die vom Opa gegründete Firma. „Was soll ich sagen, es hat mir gefallen.“

Beil lag eine Buchhandlung dagegen nicht im Schoß. Die Historikerin stand eines Tages in einer Buchhandlung und spürte, dass das etwas sein könnte, was ihr Spaß macht. Und so war es denn auch. Keine der drei Unternehmerinnen bereute den Schritt, sie machten aber deutlich, dass es ein Entscheid ins Risiko sei. Risiken, auf die man sich nicht immer vorbereiten könne. Corona, Krieg oder die Pleite eines wichtigen Großhändlers könne man nicht vorhersehen. Da gebe es dann kein Netz. Das müsse man aushalten.

Aushalten müsse man auch, dass an Frauen und Männer immer noch unterschiedliche Maßstäbe angelegt würden. Unternehmerinnen würden manches Mal gering geschätzt. Es gebe ja den Spruch, für den unternehmerischen Respekt muss eine Frau doppelt so viel leisten wie ein Mann. So ganz scheint er nicht falsch zu sein. Da heißt es dann, stoisch und hartnäckig zu sein. Und eben ein Netzwerk zu haben, das trägt.

Freier Autor Stefan Kern ist ein freier Mitarbeiter der Schwetzinger Zeitung.

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