Speyer. Herr Eymann, wie gefällt Ihnen als Feuerwehrmann der Begriff Brandmauer?
Peter Eymann: Sehr gut. Weil er im Brandschutz eine große Relevanz hat.
Wird der Begriff in der Politik richtig verwendet?
Eymann: Dort wird er natürlich nicht im Zusammenhang mit der Bauordnung verwendet.
Was genau ist denn eine Brandmauer?
Eymann: Da wird ein Gebäudeabschluss gemacht, der einem Feuer 90 Minuten standhält. Auf diese Widerstandszeit verlassen wir uns.
Das heißt, dass eine Brandmauer in der Regel nur 90 Minuten halten muss?
Eymann: Das ist die Zeit, in der wir uns darauf verlassen können, dass diese Mauer stehen bleibt und den Belastungen standhält. Wenn die Brandmauer fällt, kann sich das Feuer ausbreiten.
Aus was besteht denn eine Brandmauer?
Eymann: Das kann schon eine gemauerte Wand sein. Insgesamt muss es ein Baustoff sein, der nicht sofort den Flammen anheimfällt. Die Brandmauer darf keine Öffnungen haben. Das ganze Element muss für Feuer und Rauch 90 Minuten undurchlässig sein.
Ist das in der Politik gelungen?
Eymann: Jetzt müsste man sich mal anschauen, wie man die Brandmauer dort vorher definiert hat. Friedrich Merz hatte eigentlich ausgeschlossen, dass es nach dem Aus der Ampel Beschlüsse gibt, die durch Zusammenarbeit mit Rechtsaußen oder Linksaußen zustande kommen.
Dann kam der Entschließungsantrag mit den Stimmen der AfD. Hatte die Brandmauer also ein Loch?
Eymann: Das müsste ein Politiker beantworten. Friedrich Merz hat gesagt, die Politik müsste in der Mitte bleiben.
Gibt es bei Ihnen jemanden, der die Brandmauer überwacht?
Eymann: Ja, die physische Brandwand wird regelmäßig überwacht. Sie steht in den Bauplänen drin. Sie wird bei der Bauabnahme auch kontrolliert. Danach gibt es entweder wiederkehrende Prüfungen oder Gefahrenverhütungsschauen im Abstand von längstens fünf Jahren.
Sie haben jetzt eben den Begriff Brandwand benutzt. Gibt es da Unterschiede zur Brandmauer?
Eymann: Der Volksmund sagt wohl eher Brandmauer, aber technisch gesehen ist es eine Brandwand. Wenn wir uns als Feuerwehr über eine Brandwand Gedanken machen, dann reden wir über den Gesamtkontext, den wir als vorbeugenden Brandschutz bezeichnen. Der hat vier große Punkte, die man auch auf die Politik übertragen könnte. Erstens: Der vorbeugende Brandschutz hat die Aufgabe, die Entstehung von Bränden zu verhindern. Zweitens: Wenn aber ein Feuer ausbricht, dann soll es sich nur in einem definierten Rahmen entwickeln können, bis es bekämpft wird. Drittens: Menschen sollen die Möglichkeit haben, sich selbst retten zu können. Wenn diese drei Maßnahmen nicht ausreichen, dann muss die Feuerwehr immer noch hineinkommen, um dort, wo es brennt, wirken zu können. Da sehe ich Parallelen zur Brandmauer in der Politik.
Ist die AfD also das Feuer?
Eymann: Da fängt etwas an zu wirken, und zwar gegen das, was wir unter der freiheitlich-demokratischen Grundordnung verstehen. Unveräußerliche Rechte, die wir in der Verfassung definiert haben.
Bei welchem der von Ihnen beschriebenen vier Punkte stehen wir denn?
Eymann: Wenn die Brandmauer steht, sind wir an Punkt zwei. Dort, wo das Feuer noch in einem definierten Rahmen ist. Der Rahmen ist die demokratische Diskussion. Wenn aber die Brandmauer fällt und sich das Feuer in gefährliche Bereiche ausbreiten kann, dann ist unser Grundgesetz gefährdet und damit unser freies und zufriedenes Leben.
In welchem Zustand sind die physischen Brandmauern in Deutschland aus Ihrer Sicht?
Eymann: Die halten oft nicht. Dafür fehlt das Verständnis und die Ernsthaftigkeit in der Bevölkerung. Leute kommen auf die Idee, auf der anderen Seite der Brandmauer noch Elektrogeräte zu installieren und brauchen dafür noch zusätzliche Leitungen. Dadurch wird die Brandmauer löchrig. Das wäre auch gar nicht schlimm, aber die Öffnungen müssen danach wieder richtig verschlossen werden. Das passiert oft nicht.
Werden Sie da zu Rate gezogen?
Eymann: Sollte ein Bauherr daran denken, dann darf er sich gerne bei uns melden und wir beraten ihn.
Kommen da nicht Kommentare wie: Der Brandschutz wird überbewertet?
Eymann: Das mag sein. Wir leben aber auch in einer Gesellschaft, in der viele Familien ein Kind haben. Ich wüsste gar nicht, wie ich den Verlust meines Kindes durch einen Brand überwinden soll. Also habe ich ein größtmögliches Interesse, mein Kind zu schützen. Deshalb habe ich Leute gewählt, die entsprechende Gesetze gemacht haben.
AfD-Wähler wird es auch bei der Feuerwehr geben. Sprechen Sie im Kollegenkreis über Politik und Brandmauern?
Eymann: Wir diskutieren offen über Politik. Wir sind fast alles Beamte, die sich überwiegend für Politik interessieren. Und wir fragen uns: Was ist polemisch? Was ist populistisch? Und was sind tatsächliche rechtsstaatliche Möglichkeiten, die auch umsetzbar wären, um zum Beispiel die Sicherheitslage zu verbessern.
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