Rhein-Neckar. „Man muss bitten und betteln, aber man kriegt nichts!“ Simone Jurijiw ist frustriert und verärgert. Die Leiterin des Tierheims Frankenthal ist unzufrieden mit der Situation des Tierschutzes in der Region. „Sie ist sehr, sehr bescheiden“, sagt sie. Eine zu große Anzahl von Tieren in den Heimen führen zu hohen Ausgaben.
Die Spenden und Zugaben der Kommunen könnten die Ausgaben des Tierheims nicht decken, sagt Jurijiw. Sie erklärt die Lage an einem Beispiel: Die Gemeinde gebe dem Tierheim für Fundtiere, also Tiere, die im Gemeindegebiet gefunden und ins Heim gebracht werden, 50 000 Euro im Jahr. Benötigt würden jedoch allein für diese Tiere 93 000 Euro. Für das Defizit von über 40 000 Euro müsse der Verein also irgendwie allein aufkommen.
Der Verein finanziert sich vor allem über Spenden. Und die sollten eigentlich in Renovierungen investiert werden. Jetzt werden sie jedoch dazu eingesetzt, den laufenden Betrieb sicherzustellen und die drei Hunde, 36 Katzen und acht Kaninchen im Tierheim zu versorgen.
Tierheime beklagen: Lohn- und Tierarztkosten steigen, Futter wird teurer
Auch im Viernheimer Tierheim ist die finanzielle Lage angespannt. Die Kosten steigen, erklärt Pia Reuter. Der Lohn für das Personal, die Medikamente und Tierarztkosten, das Futter - alle Bereiche werden teurer, erklärt die Erste Vorsitzende des Tierschutzvereins Viernheim und Umgebung. „Die Erkrankungen der Tiere werden komplexer“, sagt die 46-Jährige. Ungefähr 18 Hunde, 15 Katzen und zwei Kaninchen sind im Moment bei ihr untergebracht. Um sie kümmern sich aktuell acht Angestellte mit unterschiedlichen Stundenzahlen und sechs ehrenamtliche Helfer.
Fundtierpauschale in Viernheim reicht nicht aus
Und auch in Viernheim reicht die Fundtierpauschale finanziell nicht aus, um die Ausgaben für sie zu decken. „Wir arbeiten gut mit der Stadt zusammen“, sagt Reuter - die Pauschale reiche jedoch nur für vier bis fünf Monate. Viele der Tiere bleiben jedoch länger da, da sie oftmals schwer zu vermitteln sind. „Finanziell ist es immer ein auf und ab“, erklärt Reuter. „Ich muss jeden Tag darum kämpfen, dass Geld reinkommt.“
Tierheim Ludwigshafen personell eng besetzt
Kämpfen muss auch das Tierheim Ludwigshafen. Personell seien sie eng besetzt und es gebe nicht viele geeignete Bewerber auf offene Stellen, sagt Rebekka Müller. Die 34-Jährige hat die Tierheimleitung seit etwas über einem Jahr inne, war davor in Worms, lernte jedoch in Ludwigshafen. Sie haben außerdem mit vielen Krankheitsfällen zu kämpfen - und immer, wenn jemand ausfalle, sei dies eine „Vollkatastrophe“. Im Moment kümmert sich das Tierheim Ludwigshafen um 25 Hunde, 60 Katzen und 15 Kleintiere, also zum Beispiel Kaninchen, Stadttauben und Zuchttauben. Einige der Hunde seien schwer vermittelbar, also verhaltensauffällig und hätten bereits zugebissen. Außerdem sind einige der Hunde auf der sogenannten Rasseliste, was Einschränkungen für Haltung und Vermittlung bedeutet.
Finanziell sei die Lage ebenfalls angespannt. Für Januar stehen wieder Verhandlungen mit der Stadt an. „Doch die Kassen der Kommunen sind auch klamm“, sagt Müller. Jedoch müsse den Städten klar werden, dass die Tierheime Dienstleister seien - und keine „Schmarotzer“.
Tierheim Ludwigshafen nimmt nur Fundtiere und sichergestellte Tiere an
Aufgrund der angespannten Lage nehme das Tierheim Ludwigshafen schon keine Tiere mehr von Privatleuten an, erklärt Müller. Es nimmt im Moment nur Fundtiere oder sichergestellte Tiere an, also Tiere, die beispielsweise aus „Animalhording“-Fällen stammen.
Manche Menschen würden nun einfach behaupten, sie hätten das Tier gefunden. „Wir leben in einer Wegwerfgesellschaft“, resümiert die Leiterin. „Das beste Beispiel war an Heiligabend: Ein junges Paar steht vor der Tür und will seinen Hund abgeben, den sie zwei Tage vorher gekauft haben. Der Weg zum Züchter von eineinhalb Stunden war ihnen zu weit“, erzählt Müller. Wie die anderen Tierheimleiterinnen auch fordert sie, dass Tiere nicht mehr „an jeder Ecke“ gekauft werden können. Außerdem spricht sie sich für die Einführung eines Hundeführerscheins aus, denn ein schlecht erzogener Hund stelle eine Gefahr für die Öffentlichkeit dar.
Spenden und Erbschaften werden weniger
Im Tierheim Mannheim sieht es ähnlich aus. Es koste zirka 1,1 Millionen Euro Unterhalt, erklärt Thomas Gebhardt, Vorsitzender des Tierschutzvereins. Im Moment baue das Tierheim dringend benötigte Unterbringungen für eine artgerechte Haltung. Doch die langfristige finanzielle Planung sei schwierig. Aus eigenen Mitteln muss das Tierheim 500 000 Euro zuschießen. Eigene Mittel - das sind hauptsächlich Spenden und Erbschaften. Aber die werden immer weniger, erklärt Gebhard.
Tierheim Mannheim: Ohne ehrenamtliche Helfer ginge es nicht
Im Schnitt beherberge das Tierheim durchweg 150 bis 180 Tiere, so auch im Moment. 17 Personen sind beim Tierheim Mannheim fest angestellt. Doch die sind oft nicht genug. „Ohne Ehrenamtliche geht es nicht“, resümiert der Vorsitzende. Doch auch die gesellschaftliche Bereitschaft, sich ehrenamtlich zu engagieren, sei zurückgegangen.
Einige Menschen müssen ihre Tiere abgeben, weil sie nicht mit den stark gestiegenen Tierarztkosten zurechtkommen, erklärt er. Viele informieren sich auch nicht richtig, bevor sie sich ein Tier zulegen. „Da werden teilweise Hunden Windeln angelegt, weil man nicht weiß, dass mit ihnen spazieren gegangen werden muss“, erzählt Gebhardt.
Hundeführerschein und Hundeschule für Jeden
Auch wegen solchen dramatischen Fällen fordert er einen Hundeführerschein und Hundeschule für Jeden - dies sei wichtig für die Vierbeiner, aber auch ihre Halter. „Man sollte sich immer fragen: Warum kaufe ich mir einen Hund? “, sagt er. Wichtig sei es, sich vorher über die Rasse zu informieren. „Tiere sind kein Spielzeug!“, sagt er. „Damit mein‘ ich nicht die Oma, die mit ihrem Pudel am Tisch sitzt und vom gleichen Teller isst“, betont Gebhardt. Ein Hundeführerschein für Hunde über 25 Kilogramm wäre für ihn ein guter Anfang.
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