Klima

Um das Thema Gebäudesanierung ging es bei einem Vortrag in Schwetzingen

Dr. Thomas Fischer von der Klima- und Energieberatungsagentur referierte im Palais Hirsch in Schwetzingen.

Von 
Stefan Kern
Lesedauer: 
Die Lüftungsanlage einer Wärmepumpe steht vor einem Wohnhaus (Symbolbild) © picture alliance/dpa

Schwetzingen. Bis zur Klimaneutralität ist es noch ein Stück Weg. In 20 Jahren, so sehen es die Pläne vor, soll das Land klimaneutral sein. Derzeit stößt das Land laut dem Statistischen Bundesamt im Jahr knapp 600 Millionen Tonnen CO₂ aus. Diese Zahl muss deutlich runter und ein Hebel, den Dr. Thomas Fischer von der Klima- und Energieberatungsagentur (Kliba) im Palais Hirsch vorstellte, findet sich im Gebäudesektor. Im Zuge einer Kliba-Aktion zum energetischen Sanieren zog er mit drei Zahlen einen Rahmen, der den rund 30 Zuhörern die Dimension der Aufgabe klarmachte.

In Deutschland gibt es 21 Millionen Gebäude, knapp 40 Prozent aller Energie fließt in diesen Sektor und 36 Prozent aller CO₂-Emissionen gehen auf das Gebäudekonto. Das sind fast 220 Millionen Tonnen. Ein Verbrauch, der eigentlich gar nicht so schwer zu senken ist. Die Technik dafür sei da, die Gebäudehülle dämmen und ein neues, möglichst aus regenerativen Energiequellen gespeistes, Heizsystem.

Für Schwetzingens Oberbürgermeister Steffan gilt: Jeder Schritt zählt.

Doch dieses eigentlich ist bewusst gewählt. Denn laut einer Studie des Münchner Beratungsunternehmens „S&B Strategy“ aus dem vergangenen Jahr gelte, so einfach die Lösung in der Theorie, so komplex ist sie in der Praxis. Die Kosten schätzen die Experten auf 1,2 Billionen Euro und angesichts des Fachkräftemangels im Baugewerbe befürchten sie einen Flaschenhals wie aus dem Bilderbuch. Und dann käme noch hinzu, so Fischer, dass im Grunde jedes Haus seine Lösung brauche.

Aber deswegen nun den Kopf in den Sand zu stecken, sei keine zielführende Option, weswegen man diese Aktionsreihe „Gut saniert“ im Rhein-Neckar-Kreis initiiert hätte. Und für Oberbürgermeister Matthias Steffan gilt ganz generell die Devise, „jeder Schritt zählt“. Frei interpretiert, auch die längste Reise beginnt mit einem ersten Schritt. Und den zu tun, so der Kliba-Geschäftsführer Dr. Klaus Keßler lohne sich immer. Und zwar nicht nur für die Natur, sondern auch den eigenen Geldbeutel.

Für den Gebäudesektor gibt es laut Fischer vier Hebel. Neben der Dämmung der Hülle und der Umstellung der Wärmeversorgung, gehe es auch um eine Kreislaufwirtschaft bei den Baustoffen und die Suffizienz, das Verändern des Nutzungsverhaltens. Damit meint Fischer unter anderem den Trend zum immer größeren Wohnen. Noch in den 50er Jahre wohnte der Deutsche im Schnitt auf 18 Quadratmeter. Heute seien es mittlerweile fast 50 Quadratmeter pro Kopf. Konzentriert hat sich der Mann aber auch die ersten beiden Punkte. Dabei ließ er keinen Zweifel daran, dass das Heizen mit fossilen Energieträgern bald schon unwirtschaftlich werde. Denn schon ab 2027 wird das Heizen mit Erdgas oder Öl einen deutlichen Preisanstieg erleben, da der Gebäudesektor in den europäischen Emissionshandel aufgenommen wird.

Biomasse und Wasserstoff bis dato nicht die Lösung für die Masse

Bei der Wärmeversorgung sei also ein Umstieg angezeigt. Dabei gebe es mit Wärmenetzen und Wärmepumpe zwei große Strategien. Erwähnt werden auch Biomasse und Wasserstoff sowie Solarthermie. Letztes funktioniert aber mehr für Warmwasser als für die Heizung. Und auch Biomasse und Wasserstoff seien bis dato nicht die Lösung für die Masse. Ganz anders die Fernwärme (wo ein Anschluss möglich ist) und die Wärmepumpe. Kaum eine Technologie sei bei der Wärmeproduktion so effektiv wie die Wärmepumpe. Und wenn sie dann noch mit einer Photovoltaikanlage (PV) gekoppelt wird, ist sie auch in Sachen Nachhaltigkeit unschlagbar.

Genauso wichtig sei aber auch die Hülle. Mit dem Dach, den Außenwänden, den Fenstern und Türen, sowie dem Keller gebe es fünf Teilbereiche, die bei einer Dämmung in den Blick genommen werden sollten. Über ein ungedämmtes Dach gehen bis zu 17,5 Prozent der Wärme verloren, über die Außenwände 25 Prozent, Türen und Fenster 15 und über den Keller fünf Prozent. Dabei betonte Fischer, dass es nicht notwendig sei, alles zugleich anzugehen. Wie sagte es der Oberbürgermeister, „jeder Schritt zählt“. Jeder einzelne Hüllenteil mache einen Unterschied. Auch nur schon eine Außenwand zu sanieren, bedeute weniger Wärmeverlust und mehr Wohnkomfort.

Wichtig ist, der Staat hilft bei all diesen Vorhaben. Die KfW stelle unter dem Kürzel BEG, was für Bundesförderung Effiziente Gebäude steht, zahlreiche Förderinstrumente zur Verfügung. Bei der Gebäudehülle sind es jährlich 15 Prozent von maximal 30 000 Euro. Falls es einen Sanierungsplan gibt, sind es pro Jahr 20 Prozent von maximal 60 000 Euro. Und bei der Heizungsumstellung beläuft sich die Förderung auf 30 bis 70 Prozent bei 30 000 Euro. Spätestens wenn Sanierung eh anstünden, lohne es sich energetischen Aspekte im Kopf zu haben. Denn mittel- bis langfristig lohnten sich solche Investitionen immer. Es waren optimistische Schlussworte für den ersten Teil dieser Kliba-Aktion. Am 20. und 21. September folgt dann im Rahmen eines Tages der offenen Tür eine Art Praxisansicht von Häusern, die energetisch saniert wurden, und im November sollen dann konkrete Hilfen und praktische Tipps für einen Sanierungsstart präsentiert werden.

Alle Informationen unter www.kliba-heidelberg.de/effizient-saniert. Über diese Adresse können sich Hausbesitzer, die ihr Gebäude in den vergangenen zehn Jahren energetisch saniert haben und es im September gerne zeigen wollen, melden.

Freier Autor Stefan Kern ist ein freier Mitarbeiter der Schwetzinger Zeitung.

Copyright © 2025 Schwetzinger Zeitung

VG WORT Zählmarke