Fest- und Aktionstag (mit noch mehr Impressionen)

Völlig losgelöst - was für ein toller Spargelsamstag in Schwetzingen!

Von 
Stefan Kern und Katja Bauroth
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Krönt den Tag in Schwetzingen: Athi und die große Music Lounge rocken in die Nacht... © Dorothea Lenhardt

Schwetzingen. Gefühlt war Athi Sananikone überall. Morgens bei der Eröffnung des Spargelsamstags an der Bühne auf den Kleinen Planken, kurz darauf begegnete man ihm auf dem Schlossplatz bei der Kinderolympiade am Stand des Turnvereins 1864, dessen Vorsitzender er ist, danach plauderte er munter mit Bekannten in der Mannheimer Straße, schaute dann wieder dem fliegenden Spargelbund aus Plastik vor dem Palais Hirsch hinterher und plötzlich applaudierte er erneut vor der Bühne den Kindern nach ihrem Auftritt. Und er war es, der mit seiner Music Lounge diesen fantastischen Aktionstag in Schwetzingen mit einer Party krönte, die sich gewaschen hatte. Der allseits bekannte rosa Duracell-Hase aus der Fernsehwerbung bräuchte vermutlich mehrere Energy-Getränke, um nur annähernd die Power zu haben, wie sie Athi Sananikone an den Tag legte.

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Schwetzingen: Erste Impressionen vom Spargelsamstag

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Doch genau dieser Tag war es auch, der das stadtbekannte Gesicht und den Herzblutmusiker wie so viele beflügelte. „Es ist einfach toll, mit dem Verein an einem solchen Tag mitwirken zu können, mit der Gemeinschaft etwas so Tolles auf die Beine zu stellen“, sagte Athi Sananikone und ergänzte: „Als Musiker ist das natürlich Adrenalin pur, wenn du am Abend auf der Bühne stehst und vor dir die Massen eine La-Ola-Welle machen.“ Ein solcher Auftritt sei für ihn, der schon seit 20 Jahren das musikalische Leben in der Stadt gemeinsam mit der großen Musikerfamilie, wie er es nennt, bereichert, einfach ein gelebter Traum.

Spargelsamstag in Schwetzingen: Strom weg - Programmverzug

Athi Sananikone soll als Beispiel für die vielen Menschen und Ehrenamtlichen stehen, die den Spargelsamstag zu dem gemacht haben, was er war: ein fantastisches Familienfest voller Action, Musik, Genuss und Miteinander – gespickt mit internationalem Flair. Denn die Schwetzinger Partnerkommunen gaben sich ein Stelldichein. Neben Pápa aus Ungarn und Lunéville aus Frankreich sowie Karlshuld und Neuschwetzingen aus Oberbayern war eine Delegation aus Fredericksburg, USA, zugegen. Schwetzingens Bürgermeister Matthias Steffan wusste zu berichten, dass so manch Fredericksburger meint, er kenne mittlerweile mehr Schwetzinger als Bürger der Heimatgemeinde, so, wie sie in den Straßen gegrüßt wurden. Und immer wieder schallte es auf dem Schlossplatz, in der Carl-Theodor-Straße oder in der Mannheimer Straße: „Hello, how are you doing?“ (wie geht’s dir).

Gehört zum Spargelsamstag dazu: der Spargelschälwettbewerb. © Dorothea Lenhardt

Zur besten Stimmung trug natürlich das Wetter bei. Für Schwetzingens Oberbürgermeister Dr. René Pöltl war schon bei der offiziellen Eröffnung klar: „Der liebe Gott muss ein Schwetzinger sein.“ Denn bei sommerlichen Temperaturen und Sonne satt wurde der Startschuss für den Spargelsamstag gegeben. Schwetzingens Spargelkönigin Anna I. erklärte mit Spargelprinzessin Emilia I. vor einer Menschenmasse auf den Kleinen Planken den Fest- und Aktionstag für eröffnet. Übrigens: Die Reden wurden wie schon in den Vorjahren von einer Gebärdendolmetscherin für Hörgeschädigte übersetzt. Auch waren vor der Bühne Bereiche für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen ausgewiesen. Richtig herzig: Die neue Ordnungsamtsleiterin der Stadt, Yvonn Rogowski, half immer wieder Rollstuhl- und Rollatorfahrenden, einen Weg durch die Menschenmassen zu bahnen.

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Schwetzingen: Weitere Impressionen vom Spargelsamstag

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Zwar gab es bei der Eröffnung einen Sicherungsdefekt, sodass der Strom auf der Bühne weg war, was dann über den Tag verteilt zu ordentlichen Verzögerungen bei den Programmpunkten führte. Dafür pulsierte es bereits im gesamten Innenstadtgebiet: Das Stadtmarketing Schwetzingen mit Geschäftsführer Oliver Engert an der Spitze hatte mit vielen Partnern ein abwechslungsreiches Programm zusammengestellt. Gleich, wo man zwischen Mannheimer Straße, Schlossplatz und Dreikönigstraße startete, es wartete eine Vielzahl an Attraktionen zum Mitmachen, Ausprobieren, Anhören und Genießen. Richtig schön: Viele heimische Vereine waren mit von der Partie – ob auf der Bühne dieser Zeitung oder mit Kulinarikständen. Oliver Engert konnte gar nicht oft genug betonen, wie dankbar er hierfür war.

Spargelsamstag in Schwetzingen: „Fred the great“ probiert den Wurf

Auf dem Schlossplatz beispielsweise durfte gesportelt werden mit den Basketballern der Academics Heidelberg oder Kickern vom Fußball-Zweitligisten SV Sandhausen. Der Turnverein 1864 animierte zu Bewegung bei der Kinderolympiade und zum legendären Spargelweitwurf. Hier musste sogar die Teilnehmerliste geschlossen werden, so groß war der Andrang. Die Wurfgeschosse – natürlich kein frisches Gemüse, sondern eine Plastikalternative – schmetterten bei den Kindern Maximilian (32,20 Meter) und Elli (28,20) am weitesten. Die Damenwertung gewann mit Natalie Ryll eine Leichtathletin (39,40 Meter; sie verwies übrigens die Mitautorin dieser Zeilen samt deren kläglichen 17 Metern nochwas auf Rang zwei) und bei den Herren setzte sich Adrian Mildenberger (49,80 Meter) durch, der den Spargelbund fast bis in den Schlossgarten warf. Die Hoffnungen der Gäste aus Fredericksburg ruhten auf „Fred the great“, wie er sich humorvoll betitelte (in Anlehnung an den deutschen Kaiser Friedrich der Große). Der ehemalige Rugbyspieler und Wasserballer warf recht ordentlich, sodass die Gäste im Brauhaus-Außenbereich und die Ruhesuchenden in der Lounge von Möbel Höffner vor dem Palais Hirsch kurz die Köpfe einzogen. Es machte einfach Spaß.

Sorgen in der Fußgängerzone für Stimung - Hugo & Friends in der "Lightversion" (Akustik) mit Hugo Fuchs, Wolfgang Franz und Wolfgang Müller. © Dorothea Lenhardt

Am Stand der Allianz gab es Kinderschminken, die Mozartgesellschaft warb neben den SWR Festspielen für tolle Klassikkonzerte im Schloss, der ADFC bot kostenlose Fahrradchecks an und die Rhein-Neckar-Löwen setzten auf Gewinne – dieses Mal per Glücksrad. Auf der kleinen Bühne unterhielten über den Tag verteilt die Schartel-Band, die Hip-Hop-Kids, die Spargel Spinners aus Plankstadt und das Hawa Mupo Duo.

Spargelsamstag in Schwetzingen: Crêpes mit königlichem Gemüse

Die große Bühne auf den Kleinen Planken war von morgens an umlagert. Das lag zum einen natürlich an den Essens- und Getränkeständen: Peter „Pitches“ Solert zum Beispiel hielt raffinierte Cocktails bereit, Tischmacher Weine Erlesenes. Schorle im Dubbeglas und Erdbeerbowle ging bei der Vinothek über den Tisch, Weldebier bei den Karnevalisten der Phönix. Und internationale Kulinarik wurde von den Partnergemeinden kredenzt. Einen „Spargelhit“ im Crêpes landeten Katharina Schreiner und ihr Team aus Walldorf – richtig lecker die deftige Variante mit eben Spargel, Tomate, Erdnuss-Petersilien-Pesto, Hollandais-Soße, Käse und Kräutern (7,50 Euro). So mancher gönnte sich dies beim Zuschauen der Modenschauen bei Bräuninger oder beim Bummeln durch die Geschäfte, die bis 18 Uhr geöffnet blieben. Der Eiswagen war genauso umlagert wie die Eiscafés in der Stadt, vor denen sich am Nachmittag schier nicht enden wollende Schlangen gebildet hatten.

Spargelsamstag in Schwetzingen: Mops Carlito I. in der Sänfte

Zum anderen zog natürlich das Bühnenprogramm wie ein Magnet an. Noch vor der offiziellen Eröffnung entertainten die Blechbläser der Musikschule. Dann stimmte der Churfürstliche Hofstaat festlich in seinen edlen Gewändern ein. Hingucker waren dabei der neunjährige Julian, Enkel der Vorsitzenden Barbara Blocher-Wölfling, und Mops Carlito I., der in einer Sänfte später sogar in den Schlossgarten getragen wurde.

Die Städtepartnerschaft zwischen Karlshuld und Schwetzingen lebt. Das wurde einmal mehr beim gemeinsamen Auftritt der beiden Posaunenchöre Karlshuld und Oftersheim/Schwetzingen deutlich. Mit Stücken von „Jesus Christ Superstar“ über „Rock it“ bis zu „Über den Wolken“ begeisterten die Bläsertruppen. Und auch der sichtlich gut gelaunte Gospelchor der evangelischen Kantorei verstand es mit Songs wie „Here I am“, „Every time I feel the Spirit“ und „The Rhytm of Live” sein Publikum zu begeistern.

Spargelsamstag in Schwetzingen: Botschaft der Zeyherschüler

Unterhaltsam und nachdenklich zugleich wurde es mit den 60 Schülern der Theater-AG und des Chores der Zeyher-Grundschule. Sie brachten mit „Das Leben im Meer“ ein beeindruckendes Stück mit. In der Geschichte tummelten sich Meerjungfrauen, weitere Fabelwesen, Fische und viel Müll auf der Bühne. Und auch wenn es an diesem Spargelsamstag um Vergnügen und Freude ging, kann es nicht oft genug gesagt werden: Nur noch 30 Prozent der Gewässer in den Weltmeeren gelten als sauber. Und die Kinder zeigten eindrücklich, dass wir alle dafür die Verantwortung tragen.

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Schwetzingen: Noch mehr Impressionen vom Spargelsamstag

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Ein Garant für hochklassige Unterhaltung ist die Gesangsklasse des Hebel-Gymnasiums, dieses Mal unter der Leitung von Elena Spitzner, da Musiklehrer Rudolf Steinhübel verhindert war. Richtig klasse die Solisten: Moritz Kies (17 Jahre) nahm in gekonnter Udo-Jürgens-Manier das Publikum bei „Ich war noch niemals in New York“ mit. Elea Steinbrück, Josefine Junker und Emily Corbett (alle 8 b) ernteten Bravo-Rufe für Reinhard Meys „Gib mir Musik“ und Taylor Swifts „Wildest Dreams“.

Spargelsamstag in Schwetzingen: Tänzerinnen und Tänzer verzücken

Der Musikverein Stadtkapelle – seit langem einmal wieder mit dem ehemaligen Oftersheimer Bürgermeister Jens Geiß am Schlagzeug – stellte rhythmisch heraus „Musik ist Trumpf“ und ließ das Publikum abstimmen, ob denn die Formation, die Asparagus Big Band, ein paar Titel schmettern sollte. Na klar sollte sie! Das traf ebenso auf den Männergesangverein Liederkranz mit den kräftigen Männerstimmen zu.

Herzallerliebst waren die Tänzerinnen der Ballettschule von Barbara Benkeser-Hammerton: Ob als kleine Fliegenpilze, Harlekins, Kätzchen oder Prima Ballerinas – der Applaus war ihnen genauso sicher wie viele Handyfotos und -videos. Das gilt zudem für die Tanzeinlagen der Tanzschule Kiefer. Chefin Andrea Kiefer mischte selbst mit und zeigte, Tanzen kennt kein Alter – und keine Ausreden: Unser Mediaverkaufsleiter Michael Baudermann, der kurz für die Moderatoren Peter Lemke und Andreas Lin eingesprungen war, konnte Andrea Kiefer nicht entkommen.

Spargelsamstag in Schwetzingen: Spargelschälwettbewerb in persischer Hand

Andreas Lin moderierte etliche Veranstaltungshighlights an diesem Tag – so den Spargelschälwettbewerb: Hierbei fand eine kleine Revolution statt – ging das komplette Siegerpodest doch in persische Hand über. Seit fünf Jahren leben Hesam Hatami, seine Frau Behi Salehi, und Mona Malehi in Deutschland. Eine Zeit, die ausreichte, um die Spargelkultur zu verinnerlichen, und zwar in Perfektion. Gegen die drei hatte in Sachen Spargelschälen niemand eine Chance. Im Iran selbst gebe es, so Hatami, keine großartige Spargelkultur. Diese haben sie erst hier kennengelernt. Und heute sei seine Frau „verrückt nach Spargel“. Wahrlich die beste Basis, um sich hier wohlzufühlen.

Spargelsamstag in Schwetzingen: „SchwetSingers“ völlig losgelöst

„Völlig losgelöst von der Erde…“ – Es war die Refrainzeile des Liedes „Major Tom“ von Peter Schilling, zu der Elena Spitzner die Arme ausbreitete und geradezu über die Bühne „schwebte“, die „SchwetSingers“ vom Sängerbund Schwetzingen schmetterten dazu den Song. Vor ihnen die Menschentraube in der Abendsonne, die mitsang, staunte, applaudierte, einander zuprostete – eben völlig losgelöst. Spitzner, die quirlige Chorleiterin und Powerentertainerin, sowie die insgesamt 100 Sängerinnen und Sängern des Vereins jeden Alters stimmten nacheinander auf das ein, was da noch kommen sollte – nämlich Party pur!

...und das Publikum feiert! © Dorothea Lenhardt

Und die führte mit den „NEON – Kids der 90s“ in die Zeit der Backstreet Boys, von Britney Spears, Dr. Alban, Loona und Blümchen. Nicht zu vergessen Nummern von den Vengaboys, Blink 182 oder bekannte Hip-Hop-Tracks aus einer Ära, die gerade ein Revival erlebt. Die Formation mit Sängern und Musikern aus der Region lieferte bei ihrer Bühnenpremiere ab und zeigte sich als prima Einheizer für das große Finale mit Athi Sananikone und seiner Music Lounge. Die schmetterten einen Hit nach dem anderen in die Nacht. Die Meute feierte, tanzte und fühlte sich sichtlich einfach wohl.

Kurzum: Es herrschte eine Stimmung an diesem Spargelsamstag, die der Begriff Glückseligkeit gut beschreibt. Die Welt, so sagte es eine junge Frau im Publikum, sei mit Blick auf den Krieg in der Ukraine sowie den Klimawandel und seine Herausforderungen für die Menschen leider auch jetzt keine andere, „aber heute ist Spargelsamstag“.

Spargelsamstag in Schwetzingen: Einfach herrlich

Schwetzingen im Zeichen des königlichen Gemüses schien unter dem Eindruck eines temporären Schwarzen Loches zu stehen. Unter der Schwerkraft des Schwetzinger Spargels verkrümmte sich der Horizont für einige Stunden auf die Größe der kurfürstlichen Residenz. Und was normalerweise ein Minus ist, nicht mehr über den Tellerrand zu blicken, verwandelte sich hier in ein wohltuendes Plus. Für einen Tag glänzte der Satz des tschechischen Autors Bohumil Hrabal: „Das Leben ist zum Verrücktwerden schön, nicht, dass es das wäre, aber ich sehe es so“ – und in Schwetzingen in besonders hellem Licht.

Freier Autor Stefan Kern ist ein freier Mitarbeiter der Schwetzinger Zeitung.

Autor Katja Bauroth liebt Begegnungen und Storys - im Lokalen und auf Reisen.

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