Pandemie

Von den Toten für die Lebenden lernen

Land forciert obduktionsbasierte Covid-Forschung

Von 
Stefan Kern
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Region. Der Herbst kommt. Und man ist kein Prophet, wenn man steigende Corona-Infektionszahlen erwartet. Seit mehr als zwei Jahren hat die Welt mit diesem Virus zu tun und es ist nicht übertrieben, von einer mittlerweile steilen gesellschaftlichen Lernkurve zu sprechen. Aber zugleich gilt auch das berühmte Diktum des griechischen Philosophen Aristoteles: „Je mehr ich weiß, um so mehr weiß ich, dass ich nicht weiß“. Ein Satz, der auch knapp 2400 Jahre nach Aristoteles Tod gilt.

Es wurde, so der Grüne-Landtagsabgeordnete Norbert Knopf (Wiesloch), rund um das Corona-Virus enorm viel Wissen aufgehäuft. Aber vieles sei immer noch unklar und genau deswegen fördert das Land – mit auf seine Initiative hin – weiter die obduktionsbasierte Covid-Forschung. Wie funktioniert das Virus im Körper, welche Wege nimmt es, wie und warum entwickeln sich Spätfolgen, aber auch tödliche Komplikationen im Zusammenhang mit der Covid-Impfung stehen im Zentrum dieser Forschung, die das Land Baden-Württemberg als einziges Bundesland bis 2024, mit weiteren 12,7 Millionen Euro nun fördert.

Es ist eine Förderung, die auch in der medizinischen Forschung mit Erleichterung aufgenommen wird. Professor Dr. Peter Schirmacher, Chefpathologe im Pathologischen Institut der Universität Heidelberg, ließ keinen Zweifel daran, dass mit dieser Förderung wichtige Fragen angegangen werden können. Die Forschung käme so in die Lage, weitere unverzichtbare Erkenntnisse aus schweren Krankheitsverläufen zu gewinnen und damit Diagnose und Behandlung der Erkrankten maßgeblich zu verbessern. Ganz grundsätzlich gelte für den Mediziner: „Für praktisch alle schwerwiegenden Erkrankungen, die die Menschheit plagen, haben Obduktionen zu entscheidenden Erkenntnissen geführt“. Der Satz, von den Toten für die Lebenden lernen, ist keine hohle Phrase. Auch Knopf sieht in der Obduktionsforschung ein zentraler Baustein in der Pandemiebekämpfung. Denn sie mache den entscheidenden Unterschied zwischen einer Vermutung und gesichertem Wissen.

Vertrauen ist wichtig

Ein weiterer Aspekt der Obduktionsforschung ist gesellschaftlicher Natur und vor allem politisch von hoher Relevanz. Denn nur auf Basis von Wissen könne die Politik transparente Entscheidungen treffen und das gesellschaftliche Zu- und Vertrauen erhalten.

Gerade bei der Impfung, so der Gesundheitspolitiker Knopf, sei das Vertrauen von fundamentaler Bedeutung. „Unerklärliche Todesfälle, gerade wenn sie im zeitlichen Zusammenhang mit einer Impfung stehen, müssten daher schnell geklärt werden.“ Alles andere würde nur Raum für kruden Theorien lassen, den demokratischen Diskurs vergiften und die Gesellschaft weiter spalten.

Freier Autor Stefan Kern ist ein freier Mitarbeiter der Schwetzinger Zeitung.

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