"Altsein ist eine ebenso schöne Aufgabe wie Jungsein", die Worte, die sich Oberbürgermeister Dr. René Pöltl für diesen Nachmittag von Hermann Hesse leiht, können hier, in der Nordstadthalle, kaum trügen. Über 800 rüstige Rentner haben sich dort zusammengefunden, um den 14. Seniorennachmittag der Stadt gemeinsam zu begehen - darunter auch Klara Brixner, die seit der Geburtsstunde der Veranstaltung stets mit von der Partie ist. "Ich komme jedes Jahr, weil sich die Stadt immer ein wunderschönes abwechslungsreiches Programm einfallen lässt", lobt sie und hakt sich schunkelnd bei ihrer Nachbarin unter.
Diesmal erweisen sich der Oberbürgermeister und sein Team von der Stadtverwaltung erneut als gute Gastgeber. Gastgeber, die die älteren Bürger und ihre Bedürfnisse ernst nehmen, sich ihrer annehmen - und das nicht nur an diesem sonnigen Nachmittag. "Wir begleiten und unterstützen Sie das ganze Jahr", versichert das Stadtoberhaupt, ehe er die Bühne für den altbekannten Moderator Gerhard Augstein freigibt.
Kleine kommen groß raus
Er hat in diesen Stunden alle Hände voll zu tun. Denn den Schwetzingern soll nicht nur Kaffee und Kuchen geboten werden, sondern vor allem ein Bühnenprogramm, an dem sich die Senioren noch lange erfreuen können. Und so singen nicht nur Gerd Landes und seine Band von der "Adelheid" und dem "Griechischen Wein", auch tänzerische Einlagen kommen nicht zu kurz. "Das Ballett schau' ich mir besonders gerne an", gesteht Franz Jarosch, als die verschiedenen Tanzgruppen der Ballettschule Benkeser mit Anmut und Eleganz die Besucher entzücken. "Die Kleinen sind besonders goldig", sagt Gisela Speth schmunzelnd und deutet auf die "Putzteufel" im Rampenlicht.
Unvorstellbar grazil erweisen sich auch die Beiträge der Schwetzinger Carneval-Gesellschaft, bei denen Augstein Goethe zitiert: "Wenn es keine Narren auf der Welt gäbe, was wäre dann die Welt?" Ähnlich verhält es sich mit den Tanzdarbietungen der SCG, die einen Seniorennachmittag erst rund machen. Neben Aktiventanzmariechen Sabrina Maier beeindruckt vor allem der meisterhafte Tanzsportler Ernst Voigt. Er verwandelt sich auf der Bühne in eine Marionette, die sich zu den Queen-Klängen "I want to break free" aus ihren Fängen befreit. Seine Performance gehört zur Spitzenklasse des Schautanzes und brachte ihm schon viele Titel ein.
Auf dichterischen Pfaden
Besonders amüsiert zeigt sich Seniorin Susanna Weis, als das Schwetzinger Original Margot Doll Gedichte aus ihrem Buch "Schlossgaadeschpaziergong" vorträgt: "Ich dichte selbst ganz gern, deswegen finde ich den Beitrag besonders toll."
Aber auch Pfarrer Thomas Müller hat das Publikum auf seiner Seite. Als Zeitungszusteller weiht er die Senioren humorvoll in die neuesten Geschichten in Sachen Weltkulturerbe, Buchmesse und Oktoberfest ein. "Warum heißt es ,Muddersproch'", will er in der Nordstadthalle wissen und sorgt mit seiner Antwort für schallendes Gelächter: "Na, weil der Vater nichts zu sagen hat." Lachen geht in diesen Stunden mit Staunen, Singen und Schunkeln einher. Eine Kombination, die der 86-jährigen Anni Kummer zusagt. Herzhaft stimmt sie nach dem Abendessen in das Badnerlied mit ein, ehe der Programmhöhepunkt bereits erreicht ist.
Nach "Wind" und "Chris Roberts" hat die Stadt erneut einen Schlagerkünstler gewinnen können, der es versteht, seinem Publikum einzuheizen und einen gelungenen Abschluss der Veranstaltung zu zaubern. "Ihm geht der Ruf voraus, dass er der Traum aller Schwiegermütter wäre", kündigt Augstein den Schwarzwälder Künstler Oliver Thomas an. Und wie er da steht, mit seiner stattlichen Größe von 1,95 Metern, den blauen Augen und dem langen blonden Haar kommt so manchem Senior den Sinn, dass er seinem Ruf gerecht wird. Denn, als er "Mädchen sind etwas Wunderbares" anstimmt, waren die Herzen der Seniorinnen im Nu erobert - so dass diese nach dem gelungenen Nachmittag vor allem eines mit nach Hause trugen: ein zufriedenes Lächeln auf den Lippen.
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