Schwetzingen/Plankstadt. Die Linie zwischen dem 570 Meter hohen Königstuhl bei Heidelberg und der Kalamit als höchstem Berg des Pfälzerwalds (673 Meter) durchzieht über die kurfürstliche Sommerresidenz Schwetzingen hinweg die gesamte Kurpfalz. Das neue Buch „Die Kurpfalzachse“ von Herausgeber Wolfgang Schröck-Schmidt erzählt die Geschichte dieser Verbindung. Am Donnerstagabend wurde die Aufsatzsammlung im großen Ratssaal vorgestellt. Anschließend an die Präsentation durfte die neue Gin-Kreation „Achse“ der Kurpfalz Distillers aus Plankstadt verkostet werden.
„Die Wegebeziehung von Heidelberg nach Schwetzingen nimmt eine neue Entwicklung“, ging Bürgermeister Matthias Steffan auf den geplanten Radschnellweg entlang der historischen Maulbeerbaumallee ein. „Für Heidelberg, Schwetzingen, Eppelheim und Plankstadt stellt die geplante Radschnellverbindung eine notwendige Ost-West-Verbindung dar“, schreibt Steffan in seinem Beitrag zum Buch. Die „älteste Direttissima der Kurpfalz“ werde so zu einem wichtigen Verbindungsweg für Menschen in der Region mit dem Fahrrad. Zum Band noch eine besondere „Achse“-Edition der Wacholder-Spirituose auf den Markt zu bringen, sei eine tolle Idee des Plankstadter Gemeinderats Professor Udo Weis, so der Bürgermeister.
Ursprung in den 1670er Jahren
Wolfgang Schröck-Schmidt stellte das Buch vor. Seit der ersten Erwähnung des Schwetzinger Schlosses bis zum Ausbau der Eisenbahnlinie von Heidelberg nach Speyer werde an der gedachten Ideallinie ununterbrochen gearbeitet. Wolfgang Ochs aus Plankstadt, der schon einmal einen Fotowettbewerb mit einem Bild vom Königstuhl mit Blick in Richtung Westen gewonnen hat, habe ihn dazu gebracht, die Geschichte dieser Achse anzugehen.
Die Historikerin Katharina Ungerer-Heuck aus Freiburg belegt im Buch, dass der Weg nach Schwetzingen unter Kurfürst Karl Ludwig bereits in den 1670er Jahren als Straße ausgebaut wurde. Der liebestrunkene Herrscher wollte möglichst schnell von Heidelberg nach Schwetzingen reisen, um dort seine Geliebte Luise Degenfeld zu besuchen. Im 18. Jahrhundert, so hat Autorin Elisabeth Kröger aus Heidelberg recherchiert, wurde unter Kurfürst Karl Philipp eben diese Straße mit Maulbeerbäumen bestückt. Der Begriff „Maulbeerbaumallee“ hat sich bis heute erhalten.
Astronom Thomas Bührke beschäftigt sich in seinem Beitrag mit der in Zeiten von Kurfürst Karl Theodor „Basis Palatina“ genannten Strecke, an der Hofastronom Christian Mayer die gesamte Kurpfalz vermessen konnte. Damals entstand die große Kurpfalzkarte, die den Einband des Buches schmückt. Lars Maurer, der Leiter des Stadtmuseums, hat die ehemalige Bahnlinie von Heidelberg über Schwetzingen nach Speyer, die bis zum Ende des 19. Jahrhunderts zum großen Teil auf der berühmten Trasse verlief, beleuchtet. Ulrich Kobelke vom Archiv in Plankstadt steuerte den geschichtlichen Hintergrund zum „König-Stuhl“ auf dem Spielplatz Bahnstraße bei.
Herausgeber Schröck-Schmidt griff einen besonderen Aspekt heraus. Mit der Planung des Schlossneubaus sei man in der Kurpfalz in den 1530er Jahren mit einem neuen Lebensgefühl der Aussicht, der Wehmut und des Stolzes auf Heimat und Tradition eng verbunden gewesen. Es sei bemerkenswert, „dass wir den Zeitgeist von vor rund 500 Jahren noch heute in der Form der Achse nachvollziehen können, ist denn gerade die Aussicht auf Landschaft, Wald und Wiese fest im heutigen Lebensgefühl verankert“. Der Herausgeber dankte seinen Mitstreitern und dem Autorenteam für das Zusammenfügen der historischen Grundlagen über die Achse, die der ehemalige Finanzminister und Rathauschef Gerhard Stratthaus liebevoll als „Champs-Élysées der Kurpfalz“ bezeichnet habe. Die Duplizität der Ereignisse habe zu den Herstellern des neuen Dry Gin aus Plankstadt und zu der Frage geführt, wie die Kurpfalz „schmeckt“, übergab Schröck-Schmidt (kl. Bild) an Udo Weis.
Spirituose aus dem Herzen
Der Professor für Wirtschaftsingenieurwesen und promovierte Chemiker und seine Frau Irmgard haben sich dem Gin verschrieben. „Wie die Kurpfalz schmeckt, muss jeder für sich entscheiden, aber der Gin ist auf jeden Fall komplex“, sagte Weis, der sich als „Kurpfälzer aus dem Herzen“ fühlt. Nicht hier geboren, habe er mittlerweile die Hälfte seines Lebens in der Kurpfalz verbracht: „Wenn ich auf dem Königstuhl bin und entlang der Achse in die Ferne schaue, sehe ich meine Heimat.“ Die Produkte der „Kurpfalz Distillers“ kommen aus dem eigenen Keller, dort ist eine Destillationsanlage aufgebaut (wir berichteten). Die ersten Versuche mit dem Wacholderschnaps liegen drei Jahre zurück. „Wir trinken die Achse und überbauen sie nicht“, lud Weis zum Gin-Tasting ein. Die neue Kreation wurde zum ersten Mal in der Öffentlichkeit probiert.
Die Hommage an die kurpfälzische Verbindung von Heidelberg nach Schwetzingen ist eine Komposition von verschiedenen Botanicals. Bei der „Achse“ dürfen die schwarzen Maulbeeren nicht fehlen, die den orange-goldenen Schein in den Gin bringen. Destillateur Weis versteht sich auch als Alchemist, wie er im Interview mit Schröck-Schmidt für das Buch erzählt: „Die Komposition von verschiedenen Stoffen und das Zusammenfügen zu einem Ganzen macht es aus. Ich habe immer wieder auch mittelalterliche Rezepturen und Kräuterbeschreibungen herangezogen.“ Aroma und Geschmack des neuen „Achse“-Gins beweisen, dass das Destillat perfekt gelungen ist.
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