Schwetzingen. Das Entsetzen war groß bei Freunden und Familie, als das Schöffengericht sein Urteil gegen einen 28-jährigen Schwetzinger verkündete. Der drogenabhängige Mann, seit fünf Monaten in Untersuchungshaft, muss für drei Jahre und fünf Monate ins Gefängnis.
Die Staatsanwaltschaft hatte ihm einen schwunghaften Handel mit Rauschgift vorgeworfen. In der Wohnung des 28-Jährigen waren im April dieses Jahres 1,4 Kilo Amphetamin und 2,9 Kilo Marihuana, teils mit einem hohen THC-Gehalt, gefunden worden. Zudem hatte die Polizei 2100 Euro in kleiner Stückelung entdeckt. Der Angeklagte machte Angaben zu seiner Person. Er habe mit 16 Jahren angefangen, Amphetamin und Ecstasy zu konsumieren, meistens auf Partys am Wochenende. Eine Ausbildung habe er abgebrochen, zeitweise habe er im Tattoo-Studio seiner Mutter ausgeholfen. Er hätte eine Rolle in der Reality-Soap „Berlin – Tag & Nacht“ bekommen sollen, bezeichnete der Angeklagte sich als „Familienmensch“.
Im Juni wäre die Hochzeit mit seiner Verlobten gewesen. Seit vier Jahren sei er Cannabis-Patient auf Privatrezept. Das helfe ihm bei seinen Schlafstörungen und den Rückenschmerzen. An Wochenenden habe er auch schon mal Kokain konsumiert. Nach einer Entgiftung vor drei Jahren sei er aber wieder rückfällig geworden, erzählte er dem Gericht: „Jetzt will ich in Therapie gehen. Ich habe die falschen Freunde gehabt.“
Marihuana im Kleiderschrank
Verteidiger Uwe Kirsch räumte den Tatvorwurf für seinen Mandanten in vollem Umfang ein. Der Eigenbedarf sei nicht mehr finanziell zu stemmen gewesen. Die gefundenen Drogen im Gesamtwert von über 5000 Euro habe der 28-Jährige deshalb weiterveräußern wollen. Jetzt möchte er aber mit der Sache abschließen. Der durchschnittliche THC-Gehalt von Cannabis in Deutschland ist von acht Prozent vor 15 Jahren auf heute über 17 Prozent gestiegen. Die „Straßenqualität“ liege bei etwa zwölf Prozent, sagte ein 51-jähriger Polizeibeamter, der bei der Wohnungsdurchsuchung zugegen gewesen war. Er kenne den Angeklagten seit vielen Jahren. In dieser Zeit sei der 28-Jährige immer wieder „aggressiv gegen die Polizei aufgetreten“. Die Durchsuchung sei nach einem anonymen Hinweis erfolgt. Der Tippgeber habe immer öfter Cannabis-Geruch aus der Wohnung wahrgenommen. Die Beamten hatten damals das Amphetamin im Kühlfach und das Marihuana im Kleiderschrank entdeckt. Die gerollten Geldscheine hatten in einer Schublade gelegen. Der Angeklagte war bei der Festnahme positiv auf Kokain getestet worden.
Die Vorsitzende Richterin Sarah Neuschl erließ eine Selbstleseverfügung für die umfangreichen Dokumente, Untersuchungsberichte und Gutachten. Der 28-Jährige ist vielfach vorbestraft, unter anderem wegen Unterschlagung, Betrug, Fahrens ohne Führerschein, Strafvereitelung, gefährliche Körperverletzung mit Führen einer Waffe und Besitz von Betäubungsmitteln. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft bescheinigte dem Geständnis ein „ordentliches Gewicht“. Der Angeklagte habe aber schon Freiheitsstrafen gehabt. Bei den einschlägigen Taten habe er teils unter Bewährung gestanden. In Baden-Württemberg ist die „geringe Menge“ bei Cannabis bei sechs Gramm als Grenzwert festgelegt, bei Amphetamin sind es zehn Gramm. Das sei von dem Beschuldigten um ein Vielfaches überschritten worden, forderte der Anklagevertreter eine Gefängnisstrafe von dreieinhalb Jahren.
Die verlangte Strafe sei zu hoch, meinte Rechtsanwalt Uwe Kirsch und verwies auf den positiven Bericht der Gerichtshilfe. Sein Mandant sei abhängig, das ziehe sich durch sein ganzes Leben. Er müsse „teuer in der Apotheke kaufen“. Das sei für ihn ein Teufelskreis. Das beschlagnahmte Material sei auch nicht in Umlauf gekommen. „Er hat verstanden, möchte in Therapie gehen und hat konkrete Pläne für die Zukunft“, plädierte der Verteidiger für eine Strafe deutlich unter drei Jahre. Die Beweislage sei erdrückend gewesen, begründete die Vorsitzende das Urteil. Der 28-Jährige sei zur Tatzeit unter Bewährung gewesen. Er habe nicht verstanden, was das bedeutet. Bei den vielen Vorstrafen sei der Antrag der Staatsanwaltschaft noch niedrig gewesen. vw
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