Dass ihm das Herz hin und wieder schwer wird, kann der Mann nicht verbergen. Seit einem Vierteljahrhundert treibt den Chef des Schwetzinger Fahrtrainingsunternehmen „Eco-Consult“, Ulrich Pfeiffer, das Thema Nachhaltigkeit auf der Straße um. Es waren 25 Jahre, in denen leider nicht allzu viel passiert sei.
Im Gegenteil, obwohl die Motoren im Vergleich zu 1995 deutlich effizienter sind, ist der Verkehr auf der Straße für mittlerweile rund 20 Prozent aller CO2-Emissionen verantwortlich. Unterm Strich steht 2019 im Vergleich zu 1995 ein Plus bei den CO2-Emissionen von etwa fünf Prozent. Und die Tendenz ist steigend, denn es werden immer längere Strecken mit immer schwereren PKW zurückgelegt.
Die Fahrleistung der PKW hat laut dem Statistischen Bundesamt zwischen 1995 und 2019 um 20,5 Prozent zugelegt. Sogar im Pandemiejahr 2020 lag die Fahrleistung für in Deutschland zugelassene PKW mit 16,5 Prozent über dem Referenzwert von 1995. Und dabei wiegen die PKW heute laut dem Statistischen Bundesamt im Schnitt 1,7 Tonnen. Ein Plus von über einer halben Tonne seit Mitte der 90er Jahre.
Dass das alles frustrierend ist, verhehlt Pfeiffer nicht. Doch Kopf in den Sand stecken, ist für ihn keine Option. Und so steht er kopfschüttelnd an der Ampelanlage beim Bellamar und schaut ungläubig auf die verpasste Chance. Hier wurde alles auf Vordermann gebracht, aber es sei nicht wirklich etwas in Richtung Nachhaltigkeit verändert worden. Denn dann, so Pfeiffer, hätte die Ampelanlage hier durch einen Minikreisel ersetzt werden müssen.
Natürlich rette ein Kreisel mehr nicht das Klima. Aber die Lage für das Klima scheint so dramatisch, dass jeder Hebel, sei er auch noch so klein, für ihn in Bewegung gesetzt gehört. Der Titel des neuesten Buches des Klimaforschers Mojib Latif „Countdown – Unsere Zeit läuft ab – was wir der Klimakatastrophe noch entgegensetzen können“ dient ihm dabei als Kompass. „Es muss jetzt alles, was möglich ist, auch getan werden.“
Die Rechnung sei dabei ganz einfach. Bei einer täglichen Anzahl von 20 000 Fahrzeugen entstehe an der Ampelkreuzung ein jährlicher Mehrverbrauch von circa 60 000 Liter Kraftstoff. Das entspräche Emissionen von mehr als 150 Tonnen CO2. Grundlage für diese Berechnung ist eine ADAC-Analyse, nach der ein Auto im Leerlauf pro Stunde einen Verbrauch von rund einem Liter Kraftstoff hat. An der Ampelkreuzung stehe ein PKW etwa 50 Sekunden bis eine Minute. An einem Kreisel wären es im Schnitt über den Tag nur fünf Sekunden.
Leider laufe er, so sagt es Pfeiffer, beim Kreis wie der Stadt ins Leere. An den verantwortlichen Verkehrsplaner lässt er kaum ein gutes Haar. Für ihn sind sie alle von gestern. Und das meint er wortwörtlich. „Sie halten an überkommenen Wissen fest und verhindern damit einen schnellen Wandel.“ Ein Wandel, der übrigens auch günstiger zu haben sei, als es das Festhalten am Alten ist. Ein Minikreisel koste mit schätzungsweise 80 000 Euro nur den Bruchteil eines Kreisels und sei hier sogar günstiger zu verwirklichen als die Ampelanlage.
Mächtiger Hebel
Ja, das große Rad der Mobilitätswende wird im Bund und den Ländern orchestriert und von den Konzernen in Szenen gesetzt. Aber für Städte und Kommunen heißt das nicht, dass sie nichts tun können. Mit der Steuerung der Verkehrsflüsse hätten sie sogar einen durchaus mächtigen Hebel in der Hand, sagt Pfeiffer. Der Einspareffekt von Kreiseln, einem generellen Tempolimit von 30 und in einzelnen Bereichen von 20 Stundenkilometer plus einer Ausweitung der „Shared Space Zone“ in Schwetzingen wäre erheblich. Dabei geht es ihm nicht nur um den Klimaschutz. Städte und Gemeinden würden von solchen Entscheidungen, die auch weniger Lärm und mehr Lebensqualität bedeuten, enorm profitieren.
Trotzdem fiel hier nun die Ampel-entscheidung. Die Stadt verweist zum einen auf die Verantwortung des Landkreises und betont, dass es eine Verkehrsuntersuchung gegeben habe. Dabei sei das Votum dieser Untersuchung eindeutig gegen einen Kreisel ausgefallen. Was genau hier den Ausschlag gab, war vom Kreis nicht zu erfahren. Bei einem ähnlich gelagerten Fall erklärte das Amt für Straßen- und Radwegebau des Kreises, dass ein Minikreisel einer übersichtlichen und sich selbsterklärenden Vorfahrtssituation im Wege stehe. Vor allem sehbeeinträchtigte Menschen würde die sichere Querung von Straßen erschwert. Es sind Argumente, die Pfeiffer so nicht mehr gelten lässt.
Er glaubt, dass die Verkehrsteilnehmer unter den veränderten Bedingungen sogar mehr Rücksicht aufeinander nehmen und sich die Sicherheit am Ende für alle erhöht. „So oder so, es wird Zeit umzudenken und zwar schnell.“
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